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Wirtschaftsausblick | Belgien

Gedämpfte Wachstumsdynamik in Belgien

Die belgische Industrie wartet weiterhin auf einen nachhaltigen Aufschwung. Die wichtigsten Wachstumstreiber im Jahr 2025 sind Ausrüstungsinvestitionen, Konsumausgaben und Exporte.

Von Michael Sauermost | Bonn

Top-Thema: Belgiens Pharmasektor sorgt sich um die Zukunft

Belgiens starke und innovative Pharmaindustrie läuft Gefahr, künftig an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Laut einer Studie des europäischen Verbands der Pharmaindustrie (EPUA) droht ein Rückgang der Investitionen infolge der Reform des EU-Arzneimittelrechts. Die Reform zielt darauf ab, den rechtlichen Rahmen für die Entwicklung, Zulassung und Vermarktung von Medikamenten in der EU zu überarbeiten. Sie umfasst unter anderem kürzere Marktexklusivitätsfristen und strengere Anforderungen in der Forschung und Entwicklung (F&E). 

Im Jahr 2023 investierten belgische Pharmaunternehmen noch insgesamt 5,7 Milliarden Euro in F&E. Laut der Studie könnte diese Zahl jedoch bald um knapp 400 Millionen Euro sinken. Der belgische Branchenverband befürchtet insbesondere, dass die Reform mittelständischen Unternehmen den Zugang zu Zulassungsverfahren erschwert.

Laut dem belgischen Pharmaverband pharma.be steht die Branche vor weiter anhaltenden Herausforderungen. Neben der chronischen Medikamentenknappheit belastet vor allem der steigende Preisdruck die Unternehmen: Höhere Lohn- und Energiekosten machten die Produktion zu niedrigen Preisen nicht mehr wettbewerbsfähig, dadurch verlagerten sich diese Aktivitäten in andere Teile der Welt. Lediglich Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung, die viel Fachwissen erfordern, blieben bislang von dieser Entwicklung verschont.

Wirtschaftsentwicklung: Konstantes aber gedrosseltes Wachstumstempo

Die Europäische Kommission hat ihre Frühjahrsprognosen für Belgien im Herbst 2024 leicht nach unten korrigiert: Im Jahr 2025 soll das belgische Bruttoinlandsprodukt (BIP) real um 1,2 Prozent steigen. Erst 2026 dürften dann die anvisierten 1,5 Prozent realisiert werden. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bleibt optimistischer und hält für 2025 ein Wachstum von 1,4 Prozent für möglich. Die Belgische Nationalbank (NBB) prognostiziert für den Zeitraum von 2025 bis 2027 jährliche, reale Steigerungsraten zwischen 1,2 und 1,4 Prozent. Damit entwickele sich Belgien analog zum EU-Durchschnitt.  

Nach einem Rückgang der Ausfuhren 2024 infolge einer schwachen Nachfrage in Europa dürften die Exporte von Waren und Dienstleistungen 2025 wieder zunehmen. Die EU-Kommission erwartet ein Plus von real 1,8 Prozent gegenüber 2024. Allerdings könnte das Wachstum des privaten Konsums zu einer stärkeren Zunahme der Importe führen. Dadurch würde der positive Effekt der Exporte auf das Gesamtwachstum möglicherweise neutralisiert. Mit einem ähnlichen Szenario wird im Jahr 2026 gerechnet.

Auf Konsum bleibt Verlass

Der private Konsum wird laut EU-Kommission 2025 und 2026 moderat steigen. Sowohl die privaten als auch die staatlichen Ausgaben sollen 2025 um 1,3 Prozent zulegen. Der erwartete Rückgang der Sparquote soll zunächst ausbleiben. 

Ab 2025 dürfte die Inflation sinken. Dies wird auf eine verlangsamte Lohnentwicklung im Dienstleistungssektor sowie auf niedrigere Energie- und Lebensmittelpreise zurückgeführt. Die Inflationsrate soll 2025 auf 2,9 Prozent fallen und könnte 2026 sogar knapp unter die 2-Prozent-Marke sinken.

Das Haushaltsdefizit dürfte im Jahr 2025 weiter steigen, sich jedoch noch knapp unterhalb der 5-Prozentschwelle bewegen. Eine wachsende Belastung stellen weiter die Ausgaben für Sozialleistungen dar. Hinzu kommen höhere Zinszahlungen infolge der gestiegenen Staatsverschuldung, die selbst durch allgemein sinkende Zinssätze nicht ausgeglichen werden können. Laut Schätzungen der EU-Kommission dürfte die Staatsverschuldung 2026 auf 107 Prozent des BIP anwachsen, was einem Anstieg um 2 Prozentpunkte im Vergleich zu 2024 entspricht.

Investoren gewinnen an Zuversicht

Die Unternehmensinvestitionen werden voraussichtlich weiter steigen, wenn auch zunächst mit angezogener Handbremse. Positiv auf die Laune der Kapitalgeber wirken sich die prognostizierten, niedrigeren Finanzierungskosten aus. Insgesamt wird erwartet, dass die Investitionen im Jahr 2025 um 1,8 Prozent und im Jahr 2026 um 1,9 Prozent steigen.

Auch im Bausektor sind die Aussichten vorsichtig optimistisch. Zwar deutet die sinkende Zahl an Baugenehmigungen auf ein eher schwaches Jahr 2025 hin, doch sollten die verbesserten Finanzierungsbedingungen in den folgenden Jahren einen expansiven Effekt haben.

Bei Investitionen in industrielle Ausrüstungen erwartet die EU-Kommission für 2025 und 2026 robuste Wachstumsraten von jeweils 3,6 Prozent. Allgemein dürften sich Anpassungen an die Energiewende längerfristig positiv auf die Bruttoanlageinvestitionen auswirken.

Deutsche Perspektive: Bilateraler Handel weiter rückläufig

Die belgischen Warenlieferungen nach Deutschland verzeichneten im 1. Halbjahr 2024 einen Rückgang um 10,2 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2023. Bereits im Kalenderjahr 2023 wurde ein Minus von 16,6 Prozent registriert. Deutsche Exporte nach Belgien sanken im Vergleichszeitraum um 3,9 Prozent auf 31,3 Milliarden Euro.

Deutschland und Belgien haben sich ehrgeizige Ziele für den Offshore-Windenergie-Ausbau gesetzt. Belgien will bis 2030 eine Offshore-Windkapazität von 6 Gigawatt und bis 2040 von 8 Gigawatt errichten. Die Nutzung der Offshore-Windenergie in der Nordsee soll grenzüberschreitend und möglichst effizient erschlossen werden. Eine künftige Kooperation zwischen Deutschland und Belgien soll zum Ausbau eines entsprechenden Netzes beitragen.

Außerdem rückt Belgien als europäischer Importhub und Transitdrehscheibe für grünen Wasserstoff in den Fokus. Davon dürfte auch Deutschland profitieren.

Weitere Informationen zu Belgien erhalten Sie auf der GTAI-Länderseite.

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