Zu Lande und zu Wasser bieten sich für deutsche Ausrüstungsbetriebe von Windkraftanlagen gute Geschäftsmöglichkeiten. Grund ist die fehlende Fertigung.
Zubau von 5,5 Gigawatt bis 2030 geplant
Auf dem belgischen Festland will die Region Flandern in ihrem Gebiet von 2022 bis 2030 zusätzliche Windkraftrotoren mit einer Gesamtkapazität von 1.143 Megawatt errichten. Wallonien plant einen Nettoausbau um 871 Megawatt. Die Hauptstadtregion Brüssel setzt in ihrer Energieversorgung nicht auf Windkraft. Dies liegt an der durchgängigen Bebauung beziehungsweise urbanen Flächennutzung.
Auch in den übrigen Landesteilen ist die Bevölkerungsdichte höher als in fast allen anderen europäischen Regionen. Daher realisieren Investoren auch dort fast nie große Windparks. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Unternehmen Luminus, das nach eigenen Angaben der größte belgische Stromerzeuger aus Windkraft auf dem Festland ist. Luminus betreibt dort Rotoren mit einer Gesamtleistung von 658 Megawatt. Die einzelnen Standorte haben jedoch meist nur eine bis vier Turbinen. So auch an zehn neuen Lokalitäten, wo jeweils bis zu vier Anlagen hinzukommen sollen. Nur in Ventori umfasst ein Projekt von Luminus 15 Rotoren.
Häfen und Industriebetriebe investieren in eigene Windrotoren
Luminus plant auch Windanlagen mit Industrieunternehmen, so mit AGS Glass Europe in Zeebrugge und mit der Technologiegruppe ATS in Gent. Beide Standorte befinden sich in Hafengebieten. Generell haben alle belgischen Seehäfen auch große Industriezonen. Dies gilt insbesondere für Antwerpen, dessen Hafenareal sich über 40 Kilometer erstreckt und Europas größtes Chemiecluster beinhaltet. Daher sind diese Häfen hervorragende Standorte für Windrotoren, welche die Unternehmen auch zur Eigenversorgung errichten.
Aufgrund der belgischen Industriestruktur kommt dabei in erster Linie die energieintensive (Petro)Chemie in Frage. Diese hat 2020 inklusive der Arzneimittelhersteller 36,5 Prozent des gesamten Produktionswertes von Belgiens verarbeitendem Gewerbe erzeugt. Sehr wichtig sind auch die Nahrungsmittel- und Getränkeverarbeiter (20,4 Prozent) und die Metallindustrie einschließlich der Kfz-Branche und des Maschinenbaus (14,8 Prozent). Darüber hinaus investieren auch große Logistikunternehmen und andere Dienstleister in Windkraftanlagen.
In der Nordsee entstehen weitere drei Windparks
Der größte Kapazitätsausbau findet in den kommenden Jahren jedoch in der Nordsee statt. Dort sollen bis 2030 über 63 Prozent aller neuen belgischen Windkraftanlagen in Betrieb gehen. Die Investitionskosten sind laut der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien IRENA in der belgischen Nordsee zwischen 2010 und 2020 um 44 Prozent und damit stärker als in jedem anderen Land gesunken. Das Niveau war 2020 in Belgien mit 3.545 US$ pro Kilowatt auch niedriger als in Deutschland (3.739 US$).
Drei große Windparks sind in der Planung. Das Areal hierfür heißt „Prinzessin-Elisabeth-Zone“ und befindet sich etwa 30 Kilometer bis 50 Kilometer vor der belgischen Küste entlang der Seegrenze zu Frankreich. Dort wird bis Mitte 2026 zunächst eine Energieinsel entstehen, von der aus die Windkraftanlagen gebündelt mit dem Festland verbunden werden. Hierfür sucht der belgische Hochspannungsnetzbetreiber Elia System Operator S.A. Mitte 2022 einen Unterwasserkabellieferanten.
Wenn die Verbindungsinsel fertig ist, soll von Mitte 2026 bis Ende 2027 zunächst der mit einer Kapazität von 700 Megawatt kleinere Windpark Noordhinder Zuid entstehen. Danach folgen die Parks Noordhinder Noord bis Ende 2028 beziehungsweise bis Ende 2029. Diese sind beide mit jeweils 1.400 Megawatt doppelt so leistungsstark.
Windprojekte in BelgienProjektbezeichnung | Leistung (MW) | Unternehmen | Status |
---|
Offshore-Windpark Noordhinder Zuid | 700 | k.A. | Studienphase |
Offshore-Windpark Noordhinder Noord | 1.400 | k.A. | Studienphase |
Offshore-Windpark Fairybank | 1.400 | k.A. | Studienphase |
Quelle: Föderaler öffentlicher Dienst Wirtschaft, kleine und mittlere Betriebe, Mittelstand und Energie; Elia Systems Operator S.A.¸ Medienberichte
Alle bisherigen belgischen Offshore-Windanlagen befinden sich längs der niederländischen Seegrenze, etwa 23 Kilometer bis 54 Kilometer von der Küste, entfernt. Insgesamt sind dort neun Windparks mit einer Gesamtleistung von 2.254 Megawatt in Betrieb. Im Jahr 2021 haben sie zwei Millionen belgische Haushalte mit Strom versorgt. Die letzten 2020 ans Netz gegangenen Windparks haben dabei eine Vergütung von 79 Euro je Megawattstunde über 16 Jahre zugesagt bekommen.
Kopplung an Wasserstoffanlagen
Belgien investiert auch in die Wasserstoffnutzung. Bis 2026 sollen Elektrolysekapazitäten im Umfang von insgesamt 150 Megawatt entstehen. Hierfür stehen auch Fördergelder der EU zur Verfügung. Viele Wasserstoffanlagen entstehen an der Küste oder im flämischen Hinterland, da sie aus Nordseewind generierten Strom verwenden sollen.
Von Torsten Pauly
|
Berlin