Die Zwangsvollstreckung belgischer Entscheidungen in Belgien vollzieht sich nach den Regelungen des belgischen Zivilprozessgesetz gemäß dem belgischen Gerichtsgesetzbuch (Artikel 1386 - 1675/19 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek).
Der Gerichtsvollzieher (huissier de justice / gerechtsdeurwaarder) führt die Zwangsvollstreckung durch (Artikel 519 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Dieser wird auf Betreiben des Titelinhabers tätig.
Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist grundsätzlich das gesamte Schuldnervermögen, wobei gewisse Pfändungsgrenzen und Pfändungsschranken zu beachten sind (Artikel 1408 ff.--folgende Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Im November eines jeden Jahres ergeht ein Königlicher Erlass, mit dem die Pfändungsfreigrenzen angepasst werden. Dieser wird in den ersten zwei Wochen des Monats Dezember im belgischen Gesetzblatt (Moniteur Belge / Belgisch Staatsblad) veröffentlicht und tritt zum 1.1. des folgenden Jahres in Kraft (Artikel 1409 § 2 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek).
Grundsätzlich werden Zahlungspflichten mittels Pfändung (saisie / uitvoerend beslag) vollstreckt. Dabei wird insbesondere zwischen der Pfändung in bewegliche (saisie-exécution mobilière / uitvoerend beslag op roerend goed - Artikel 1499-1528 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek) und unbewegliche (saisie-exécution immobilière / uitvoerend beslag op onroerend goed - Artikel 1560 - 1626 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek) Gegenstände, die im Eigentum des Schuldners stehen, unterschieden. Darüber hinaus kann der Gläubiger in Forderungen, die der Schuldner gegen Dritte hat, pfänden (saisie-arrêt-exécution / uitvoerend beslag onder derden - Artikel 1539 - 1544 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek).
Voraussetzung ist das Vorliegen eines mindestens vorläufig vollstreckbaren Titels (titre d‘exécution / uitvoerbare titel), der mit einer Vollstreckungsklausel (formule exécutoire / bevel tot tenuitvoerlegging) versehen und - sofern erforderlich - vorab zugestellt ist (1386, 1389, 1398, 1494, 1495 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek).
Vor der eigentlichen Pfändung muss dem Schuldner eine letzte Zahlungsaufforderung (commandement / bevel) zugestellt werden (Artikel 1499, 1564 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Um dem Schuldner noch ein letztes Mal die Chance einzuräumen, die Vollstreckung zu verhindern, darf die Pfändung in bewegliches Vermögen frühestens einen Tag später erfolgen (Artikel 1499 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek), in unbewegliches Vermögen frühestens 15 Tage und spätestens sechs Monate später (Artikel 1566 f.--folgend Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Nach der Pfändung erstellt der Gerichtsvollzieher über die Pfändung der beweglichen Gegenstände ein Protokoll (Artikel 1511 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Frühestens einen Monat nach Zustellung oder Bekanntgabe des Protokolls werden die gepfändeten beweglichen Gegenständen verkauft (Artikel 1520 ff. Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Im Falle der Pfändung von unbeweglichen Sachen muss der Gläubiger innerhalb von 15 Tage die Pfändungsanordnung in das Register des Grundbuchamtes (registre au bureau des hypothèques de la situation des biens / register op het hypotheekkantoor van de plaats waar de goederen gelegen zijn) übertragen lassen (Artikel 1569 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Schließlich kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht die Bestellung eines Notars beantragen, der die Verwertung der Immobilie (Artikel 1580 ff. Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek) sowie die Aufteilung des Erlöses unter den Gläubigern (Artikel 1639 ff. Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek) organisiert.
Zur Durchsetzung von gerichtlich festgestellten Ansprüchen auf Vornahme oder Unterlassung bestimmter Handlungen kann in Belgien ein Zwangsgeld (astreinte / dwangsom) für den Fall der Zuwiderhandlung verhängt werden. Dies ist allerdings dann z.B.--zum Beispiel nicht möglich, wenn der Schuldner zur Zahlung eines Geldbetrages oder zur Erfüllung seines Arbeitsvertrages verurteilt wurde (Artikel 1385bis Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek).
Bei der Zwangsvollstreckung fallen nicht nur Gerichtskosten an (Näheres hierzu im Abschnitt "Gerichts- und Anwaltskosten"). Darüber hinaus sind die Amtshandlungen des Gerichtsvollziehers kostenpflichtig. Diese trägt die Partei, gegen die vollstreckt wird (Artikel 1024 Code judiciaire / Gerechtelijk Wetboek). Die Kostenpflicht ist im Königlichen Erlass vom 30.11.1976 (Arrêté royal fixant le tarif des actes accomplis par les huissiers de justice en matière civile et commerciale ainsi que celui de certaines allocations / Koninklijk besluit tot vaststelling van het tarief voor akten van gerechtsdeurwaarders in burgerlijke en handelszaken en van het tarief van sommige toelagen) geregelt. Nähere Informationen zu den Gerichtsvollzieherkosten sind auf der Seite der Nationalen Gerichtsvollzieherkammer von Belgien (Chambre nationales des huissiers de justice de Belgique / Nationale kamer van de gerechtsdeurwaarders van België) zusammengestellt.
Germany Trade & Invest (Stand: Dezember 2021)