Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Belgien | Investitionsförderung

Perspektiven für ausländische Direktinvestitionen

Es gibt große Lohnunterschiede zwischen den wirtschaftsstarken Regionen und den Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit.

Von Torsten Pauly | Berlin

Belgiens Wirtschaft wächst nach dem Coronaeinbruch von 2020 wieder solide. Die Europäische Kommission erwartet für 2022 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,6 Prozent und für 2023 ein Wachstum um 1,9 Prozent, nach rund 6 Prozent im Jahr 2021. Damit kehrt Belgien auf den moderaten, aber stetigen Wachstumskurs auf hohem Niveau zurück, der das Land über viele Jahre ausgezeichnet hat. Hohe strukturelle Handelsüberschüsse tragen dabei erheblich zum gesellschaftlichen Wohlstand bei.

Innerhalb der Europäischen Union (EU) zählt Belgien zu den mittelgroßen, aber sehr kaufkräftigen Märkten. Im Königreich leben 11,5 Millionen Einwohner, das BIP pro Kopf ist mit 39.580 Euro (2020) hoch.

Ein erheblicher Standortvorteil Belgiens ist die zentrale Lage in Nordwesteuropa und die gute Infrastruktur. Das Land hat in Antwerpen den zweitgrößten Hafen Europas. Dort befindet sich auch Europas größtes Chemiecluster, das ständig weitere Investoren anzieht. Belgien ist durchweg von wirtschaftsstarken Nachbargebieten umgeben und befindet sich zudem im Zentrum der sogenannten blauen Banane, jener High-Tech-Region, die sich von Südengland über die Beneluxstaaten, Nordfrankreich, Westdeutschland und die Schweiz bis hin zum Mittelmeer von Norditalien bis Barcelona erstreckt.

Besonders in Wallonien, aber auch in der Hauptstadtregion Brüssel ist die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften ein großes Plus. Das Ausbildungsniveau ist sowohl auf der Schul- wie auch auf der akademischen Ebene sehr gut. Flandern intensiviert die duale Ausbildung, die einige deutsche Investoren wie Audi auch in Eigenregie mit belgischen Schulen vorantreiben. In Flandern gibt es allerdings einen zunehmenden Fachkräftemangel.

Ausländische Direktinvestitionen in Belgien (in Mio. Euro)

Indikator

2018

2019

2020

Kumulierter Bestand

563.522

577.139

635.929

Nettotransfers

30.821

2.886

8.437

Quelle: Belgische Zentralbank 2022

Lohnkosten höchst unterschiedlich

Die Lohnkosten differieren in Belgien je nach Standort erheblich. So waren die Bruttogehälter in Brüssel 2019 im Schnitt um 52 Prozent höher als im Gebiet Dinant am unteren Ende der Spanne. Die Immobilienpreise sind dank des breiten Angebots günstiger als in vielen anderen europäischen Ländern. Dies gilt auch für Brüssel, dem Sitz von Europäischer Kommission und EU-Parlament, wie das Beispiel der Büromieten zeigt.

Mietpreise in Belgien (im 3. Quartal 2021)

Büroraum Klasse A

Miete pro Quadratmeter (in Euro pro Jahr)

Brüssel Europadistrikt (Leopold)

320

Brüssel südwestliche Stadtteile (Louise)

275

Brüssel engere Innenstadt

260

Brüssel nördliche Stadtteile

225

Brüssel südliche Stadtteile (Midi)

195

Quelle: Cushman & Wakefield 2022

Einen ausführlichen Überblick über Standortvorteile und -nachteile bietet auch die SWOT-Analyse von Germany Trade & Invest.

Zukunftstrends: Hohe Innovationskraft

Belgien hat sehr starke Industrie- und Dienstleistungsbranchen. Dies zieht auch viele deutsche Investoren an. Belgien ist ein Land der kurzen Wege und verfügt über eine sehr dichte Forschungslandschaft. Diese prägen Unternehmen und öffentliche Universitäten und Einrichtungen wie das interdisziplinäre Institut VITO in Flandern. Hinzu kommen branchenübergreifende Arbeitsgruppen, etwa im Technologieverband Agoria.

Auch in der Erforschung der künstlichen Intelligenz ist Belgien international führend. Das attraktive Forschungs- und Industrieumfeld begünstigt auch die Entwicklung von Start-ups, von denen in Belgien viele gegründet werden. Antwerpen entwickelt sich zu einem der größten europäischen Testareale von Industrie-4.0.-Lösungen im verarbeitenden Gewerbe und im Logistiksektor.

Umbau des Energiesektors eröffnet besondere Chancen

Die Strompreise für Großabnehmer ab 2.000 Megawattstunden im Jahr sind in Belgien erheblich günstiger als im EU-Schnitt. Allerdings bestehen Unsicherheiten bezüglich der künftigen Erzeugung, da die alten und störanfälligen Atomkraftwerke 2025 vom Netz gehen sollen, es jedoch bisher nicht zum Aufbau der benötigten erneuerbaren Kapazitäten gekommen ist. Der Umbau des Energiemixes ist jedoch beschlossen und eröffnet sehr viele Geschäftschancen, nicht zuletzt mit großen Wasserstoffprojekten. Hierfür verwendet Belgien auch Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU.

Chemie- und Biopharmaindustrie haben große Bedeutung

Zu den Branchen, die die meisten ausländischen Investoren anziehen, zählt die Chemieindustrie, die sich im Hafengebiet von Antwerpen konzentriert und dort das größte zusammenhängende Cluster seiner Art in Europa bildet. Dabei dominieren Basischemikalien. Auch alle führenden deutschen Chemiekonzerne unterhalten dort eine Produktion.

Als Biotechnologiestandort ist Belgien ebenfalls führend. Dies zeigt sich daran, dass die dortigen Unternehmen in Europa 10 Prozent aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung und 24 Prozent der Marktkapitalisierung auf sich vereinen. Es existieren auch die Cluster Biowin und FlandersBio und das renommierte Forschungsinstitut VIB.

Alle Fahrzeugbauer setzen auf neue Antriebe

Für Kfz-Unternehmen bietet Belgien ein optimales Umfeld, weil alle dortigen Hersteller bereits ausschließlich Batterie-, Hybrid- und Brennstoffzellenmodelle entwickeln beziehungsweise fertigen. Hierzu zählen Audi in Brüssel mit seinem etron, Volvo in Gent und der Busbauer Van Hool mit seinen Fahrzeugen auf Wasserstoffbasis. Deren Vermarktung begünstigen Umweltzonen ohne Verbrennungsmotoren, die viele belgische Städte bereits eingerichtet haben.

Ein idealer Standort für Logistikinvestoren ist der stark wachsende und sich weiter im Ausbau befindliche Hafen Antwerpen. Unter anderem ist DB Schenker mit einem Fokus auf Chemikalientransporte präsent. Auch in anderen Landesteilen gibt es attraktive Logistikflächen, etwa entlang des wallonischen Verkehrskorridors zwischen Aachen und Nordfrankreich.

Deutsche Direktinvestitionen in Belgien (in Millionen Euro)

Indikator

2017

2018

2019

Kumulierter Bestand

35.411

25.936

31.882

Nettotransfers

4.491

-1.133

5.176

Quelle: Deutsche Bundesbank

Größte deutsche Investoren in Belgien (Januar 2022)

Unternehmen

Branche

BASF

Chemieindustrie

Bayer

Pharma-, Chemieindustrie

Audi

Automobilindustrie

Evonik Degussa

Petrochemie

Lanxess

Chemieindustrie

Covestro

Kosmetik-, Chemieindustrie

Henkel

Chemieindustrie

DBSchenker Chemsolutions

Logistiksektor

Aldi

Einzelhandel

Lidl

Einzelhandel

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.