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Special | Bulgarien | Dekarbonisierung der Industrie

Klimaschutz-Atlas

Industrie: Dekarbonisierung steckt noch in den Kinderschuhen

In der Region Stara Zagora wird voraussichtlich ein Wasserstoffcluster entstehen. Mögliche Abnehmer sind Industrien im In- und Ausland sowie der Transportsektor.

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Die bulgarische Regierung plant, die Produktion von Wasserstoff in der Kohleregion Stara Zagora zu fördern. Pläne dazu hat das Energieministerium im März 2023 im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie vorgelegt. Diese skizziert den Strukturwandel in der Region Stara Zagora. An einem Großteil der Bevölkerung in den betreffenden Landesteilen ist die Entscheidung vorbeigegangen. Gewerkschaften setzen die Regierung nun unter Druck. 

Strategie sieht "Wasserstoff-Tal" in Stara Zagora vor

Die Braunkohleregion werde sich zu einem Ökosystem für grünen Wasserstoff entwickeln, heißt es in dieser Strategie. Ziel sei es, die Produktion, den Transport und die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff miteinander zu kombinieren. Dieses Projekt hört auf den Namen Zagora Sustainable Hydrogen Region (ZAHYR) oder auch "Wasserstoff-Tal". Von der EU hat die Region dafür Fördermittel in Höhe von 8 Millionen Euro zugesprochen bekommen.

Die Region Stara Zagora bietet sich aus zweierlei Gründen als Standort für das grüne Wasserstoff-Tal an: Erstens werden dort große Flächen für den Aufbau von Fotovoltaik-Anlagen zur Verfügung stehen, nachdem der Braunkohletagebau gestoppt wird. Zweitens werden dort nach und nach rund 12.000 Arbeitskräfte freigesetzt, die direkt und indirekt vom Kohleausstieg betroffen sein werden.

Wasserstoff wird Industrieprodukte grüner machen

Es gibt bereits mit Bulgariens Düngemittel- und Glasproduzenten potenzielle Abnehmer von grünem Wasserstoff aus Stara Zagora. In der Glas- und Düngemittelproduktion wird Wasserstoff künftig einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Der Einsatz von Wasserstoff im Transportsektor ist ebenfalls im Gespräch. Des Weiteren bietet die Wasserstoffproduktion die Möglichkeit, die überschüssige Energie aus den Solaranlagen zu speichern. 

Umsetzung der Wasserstoffstrategie noch nicht in trockenen Tüchern

Inwieweit die Strategie Realität wird, hängt nun von den Entscheidungen der Regierung ab. Diese wird derzeit von den Gewerkschaften unter Druck gesetzt, die den Status quo in den Kohleregionen erhalten wollen. Für die meisten der rund 12.000 Menschen in den vom Strukturwandel betroffenen Kohleregionen bieten bulgarische Politiker, Unternehmen und lokale Stakeholder zu wenig Perspektiven. Dagegen protestieren sie. 

Die krisenanfällige bulgarische Regierung kann den starken Gewerkschaften kaum etwas entgegensetzen und verhandelt derzeit Kompromisse, welche den Strukturwandel in den Kohleregionen des Landes verzögern. Dabei handelt es sich um Regionen Stara Zagora, Pernik und Kjustendil. 

Energiewende wird teuer

Laut integriertem Klima- und Energieplan soll der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen der Industrie bis 2030 um 12 Prozent sinken. Dafür müssen einige Branchen ihr Engagement in Energieeffizienz erhöhen und mehr Energie aus erneuerbaren Quellen beziehen. Die Europäische Kommission beziffert den Investitionsbedarf in der Industrie von 2021 bis 2030 auf etwa 2 Milliarden Euro.

Aktuell steigende Kosten verhindern Investitionen

Einige Industriebetriebe, etwa aus der Chemiebranche oder der Metallverarbeitung, treffen die steigenden Kosten für Strom, Gas und Erdöl derzeit hart. Das Geld dafür fehlt für Investitionen in den grünen Übergang. Angesichts der steigenden Preise sehen einige Unternehmen die Energiewende kritisch. "Wir erwarten hohe Energiepreise und müssen die Finanzmittel der Europäischen Union in den grünen Übergang klug investieren", sagt Konstantin Stamenov, Vorsitzender des bulgarischen Verbandes industrieller Energieverbraucher.

Investitionsbedarf der bulgarischen Industrie von 2021 bis 2030 für den Klimawandel*

Industrie

Investitionsvolumen (in Millionen Euro) 

Chemie

363,4

Papier

343,8

Baustoff

244,7

Buntmetall

200,1

Nahrungsmittel, Getränke, Tabak

195,8

Stahl

155,2

Maschinenbau

135,5

Textil

31,6

Sonstige

426,6

* Schätzung laut NECPQuelle: Nationaler integrierter Energie- und Klimaplan (NECP) 2020

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