Wirtschaftsumfeld | Bulgarien | Investitionsklima
Günstige Steuern ziehen Unternehmen an
Investoren interessieren sich für Bulgarien wegen attraktiver Rahmenbedingungen. Aber Korruption in den Behörden macht das Geschäftsumfeld schwer berechenbar.
05.02.2025
Von Dominik Vorhölter | Sofia
Bulgarien weckt das Interesse internationaler Investoren mit im EU-Vergleich niedrigen Löhnen, Privilegien für die Branchen IT, Automotive und für Forschung und Entwicklung. Zudem stellt die EU üppige Fördergelder bereit. Trotzdem belasten die niedrige Produktivität und die nach wie vor unsichere politische Entwicklung das Investitionsklima. Die Wahrnehmung der Korruption ist im EU-Vergleich hoch. Im Korruptionsindex von Transparency International belegt Bulgarien Rang 67 von 180.
Nearshoring, also die Verlagerung von Geschäftsprozessen in nahegelegene Länder, bietet Unternehmen Kostenvorteile und kürzere Lieferketten. Bulgarien reagiert auf diesen Trend. Das Land investiert in Industriezonen und bietet Unternehmen Vorzugspreise und Dienstleistungen für Greenfield-Investitionen. Bulgarien unterhält bereits acht derartige Industriezonen und entwickelt vier weitere solcher Industriegebiete. Über erfolgreiche Ansiedlungen europäischer Unternehmen berichtet der Betreiber, National Company Industrial Zones (NCIZ), in den folgenden Industriezonen:
- Vidin: Stadt mit zweitgrößtem Donauhafen, befindet sich im Dreiländereck zu Rumänien und Serbien
- Sofia: Hauptstadt mit internationalem Flughafen, Wirtschaftszentrum
- Ruse: Stadt mit größtem Donauhafen des Landes, befindet sich an der Grenze zu Rumänien
- Varna: Stadt mit dem größten Schwarzmeerhafen des Landes
- Burgas: Stadt mit dem zweitgrößten Schwarzmeerhafen des Landes
In Plowdiw plant die OrganisationTrakia Economic Zone (TEZ), ab 2040 ein kohlenstoffneutrales Industriegebiet zu errichten und arbeitet derzeit an einer Machbarkeitsstudie. Dafür erhält die TEZ Unterstützung von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Unternehmen | Branche | Volumen in Mio. Euro |
---|---|---|
Aurubis | Metallverarbeitung | 573 |
Lufthansa-Technik Sofia | Luftfahrt | 99 |
Behr-Hella Thermocontrol | Automobilindustrie | 33,9 |
Witte Automotive | Automobilindustrie | 32,4 |
Quarzwerke | Gewinnung und Veredelung von Mineralen für die Industrie | 30,8 |
Investitionsförderung: Vorzüge für ausgewählte Unternehmen
Bulgarien ist eine offene Volkswirtschaft innerhalb der EU. Es gibt keine Beschränkungen für Unternehmen, die eine Niederlassung im Land besitzen. Unternehmer profitieren von einer vergleichsweise niedrigen Körperschaft- und Einkommensteuer von jeweils 10 Prozent. Dies erscheint attraktiv. So hat 2024 zum Beispiel der Kfz-Zulieferer Kaiser Automotive Systems in Pleven eine Produktionsstätte für Leitungen, etwa für Bremsflüssigkeit oder Kühlwasser, eröffnet. Zu den größten deutschen Investoren zählen außerdem Aurubis, Lufthansa Technik, Behr-Hella Thermocontrol und Quarzwerke.
Die staatliche Holding für die Entwicklung von Industriezonen NCIZ (National Company Industrial Zones) lockt Investoren beispielsweise mit einer bevorzugten Behandlung nach dem Investitionsfördergesetz an. Hiermit bestimmt der Gesetzgeber nach der Höhe der Investitionssumme und der Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze, in welchem Umfang dem Unternehmen Privilegien zustehen. Im Einzelnen bietet Bulgarien den als Investor zertifizierten Unternehmen diese Vorzüge:
- verkürzte Fristen für Verwaltungsleistungen;
- Möglichkeit zum Kauf von Immobilien zu Vorzugsbedingungen ohne Ausschreibung oder Wettbewerb;
- Individuelle Verwaltungsleistungen, die für die Durchführung des Investitionsprojekts erforderlich sind;
- teilweise Erstattung der obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge des Investors für neu eingestellte Mitarbeitende;
- finanzielle Unterstützung für die Ausbildung von neu eingestellten Mitarbeitenden zum Erwerb einer beruflichen Qualifikation;
- Einzelne Gemeinden im Osten des Landes, wo eine strukturell bedingt höhere Arbeitslosigkeit herrscht, bieten außerdem steuerliche Vorzüge an. Hierzu gehören beispielsweise höhere Abschreibungssätze auf Ausrüstung, um Unternehmen anzulocken.
Vorhaben münden größtenteils in Greenfield-Projekte
Rund ein Drittel der ausländischen Direktinvestitionen aus Deutschland fließen in das verarbeitende Gewerbe. Das meiste Geld entfällt auf exportorientierte Branchen die Elektroindustrie und die Automobilindustrie.
Generell fließen ausländische Direktinvestitionen hauptsächlich in die Branchen Metallverarbeitung, Elektroindustrie und die Energiewirtschaft, berichtet das Nationale Statistikinstitut. Zu den größten Investoren zählen insgesamt die Niederlande, Österreich, Deutschland, die Schweiz und Griechenland, die größtenteils in Greenfield-Projekte investieren.
Zunehmend zieht Bulgarien auch Investitionen in der IT-Branche an. Bulgariens Stärke ist die Mikroelektronik und Elektronik. In Bulgarien produziert oder entwickelt ein Großteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen elektronische Geräte. Dazu gehören unter anderem deutsche Unternehmen, wie etwa Festo, Siemens Digital Industries oder Zeiss.
Dabei entwickelt die Branche Technologie und Software für das verarbeitende Gewerbe. Die Branche bietet Potenzial für neue Investitionen, denn die EU-Politik fördert den Ausbau der Mikroelektronik mit dem European Chips Act. Wenn in Bulgarien registrierte Unternehmen sich an der Entwicklung der europäischen Halbleiterproduktion beteiligen, haben sie eine Chance, ausländische Investitionen zu gewinnen.
Bulgarien hat Investitionskontrolle eingeführt
Die bulgarische Regierung hat Fortschritte bei der Umsetzung der ab 2020 geltenden EU-Vorschriften zur Kontrolle ausländischer Investitionen und zur Exportkontrolle in nationales Recht erzielt. In Bulgarien gibt es seit März 2024 ein Gesetz dazu. Das Gesetz schreibt vor, Investitionen in kritischer Infrastruktur, wie Strom- Breitbandnetzwerke oder Kraftwerke, oder Technologien, die mit sensiblen Daten arbeiten, zu prüfen.
Diese Prüfung wird verpflichtend, wenn die Investitionssumme die Schwelle von 2 Millionen Euro übersteigt. Bei Firmenübernahmen liegt die Schwelle bei 10 Prozent des Kapitals des bulgarischen Unternehmens. Die Richtline betrifft in erster Linie Investoren aus EU-Drittstaaten. Das Gesetz gilt aber auch für EU-Unternehmen, deren Hauptsitz sich außerhalb der EU befindet, etwa in den USA oder im Vereinten Königreich.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.