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Branche kompakt | Chile | Medizintechnik

Markttrends

Internationale Medizintechnikfirmen sehen Chile als Wachstumsmarkt mit hohem Qualitätsanspruch. Allerdings beschränken Finanzengpässe das Potenzial. 

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Die Situation des chilenischen Gesundheitswesens ist komplex: Die Gesundheitsausgaben steigen und private Kliniken setzen optimistisch auf Wachstum. Die Ausgaben im Gesundheitssektor werden weiter zulegen, insbesondere kleine spezialisierte Privatkliniken haben gute Wachstumschancen. Denn die chilenische Mittel- und Oberschicht legt Wert auf eine qualitativ gute, individuelle Gesundheitsversorgung und ist bereit, dafür zu bezahlen. Im Jahr 2022 gaben die Chilenen laut Weltbank durchschnittlich 1.380 US-Dollar (US$) für Gesundheit aus. Das ist einer der höchsten Werte in der Region Lateinamerika und Karibik.

Anbieter hochwertiger Medizintechnologie sehen in Chile deshalb einen Wachstumsmarkt. Prognosen, etwa von Statista, rechnen mit einer Zunahme des Marktvolumens für Medizintechnik von 2024 bis 2029 um 5,5 Prozent jährlich. 

Ambivalente Aussichten

Andererseits steht das Gesundheitssystem insgesamt finanziell auf wackligen Beinen, viele öffentliche Krankenhäuser sowie viele private Krankenkassen sind hoch verschuldet. Die öffentlichen Hospitäler müssen trotz langer Wartelisten sogar einzelne Bereiche schließen. Schon jetzt verfügt Chile nur über nicht ganz zwei Hospitalbetten auf 1.000 Einwohner (2022). Der OECD-Durchschnitt liegt zwischen vier und fünf (Deutschland: knapp acht).  

Eine Lösung des Finanzierungsproblems ist derzeit nicht in Sicht. Die Branchenvertreter sind jedoch zuversichtlich, dass noch eine gute Lösung gefunden wird. In Zukunft dürften Public Private Partnerships (PPP) beziehungsweise Konzessionslösungen an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus werden Technologien wie Telemedizin benötigt, um die Effizienz bestehender Anlagen zu steigern.

Chile verfügt über eine sehr gute Basisinfrastruktur in der Gesundheitsversorgung. Jetzt besteht die Herausforderung darin, diese zu erhalten.

Gabriela Garnham Geschäftsführerin der Asociación de Dispositivos Médicos de Chile

Absehbar steigender Bedarf nach Gesundheitsdienstleistungen

Derzeit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs die führenden Todesursachen im Land. Die wachsende Zahl von Chilenen mit Bluthochdruck, Diabetes oder Adipositas sowie die Zunahme von Atemwegserkrankungen wird zu einer steigenden Nachfrage nach medizinischen Geräten zur Überwachung und Behandlung solcher Krankheitsbilder wie Blutzuckermessgeräten, Herzmonitoren oder Inhalationsgeräten führen. Zudem wird die alternde Bevölkerung die Nachfrage nach Branchenprodukten erhöhen. Gegenwärtig liegt die Lebenserwartung bei 77 Jahren (Männer) und 83 Jahren (Frauen). Das Instituto Nacional de Estadisticas (INE) schätzt den Anteil der über 60-Jährigen bis 2050 auf mehr als 32 Prozent an der Gesamtbevölkerung (2024 noch 19 Prozent), davon 28 Prozent über 80 Jahre (2024 knapp 17 Prozent). Zugleich soll ab 2050 die Lebenserwartung 85 Jahre übersteigen. 

Chile investiert viel in seine Gesundheitsversorgung:

  • Fast 20 Prozent des Jahresbudgets der Zentralregierung für die Anschaffung von Waren und Dienstleistungen gehen an Krankhäuser zum Kauf von medizintechnischen Geräten und Arzneimitteln.
  • 2023 stellte der Staat nach eigenen Angaben für den Erwerb von Medizintechnik und Pharmazeutika umgerechnet 1,8 Milliarden US$ bereit, rund 13 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben. 
  • Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt lag 2023 bei rund 9,1 Prozent.
  • Die durchschnittlichen privaten Haushaltsausgaben betrugen 2022 im Monat rund 1.720 US$, davon waren 7,9 Prozent Gesundheitsausgaben.

Chiles Gesundheitsversorgung im Wandel

Vor diesem Hintergrund versuchen die verschiedenen Akteure, dem wachsenden Kostendruck auf ihre Weise Rechnung zu tragen. Dies bedeutet etwa:

  • Für Krankenhäuser mehr ambulante Behandlungen: Um Kosten zu senken, werden immer mehr Eingriffe ambulant ausgeführt beziehungsweise die Aufenthalte in den Kliniken zeitlich möglichst kurz gehalten. 
  • Wer kann, geht in Privatkliniken: Die Engpässe in öffentlichen Einrichtungen führen zu vollen Wartezimmern und langen Wartezeiten. Auch wenn die Behandlungsstandards in öffentlichen Häusern hoch sind, ist wenig Luxus zu erwarten. Zimmer mit zwölf belegten Betten sind beispielsweise keine Ausnahme. Wer es sich leisten kann, geht deshalb lieber gleich zum Spezialisten in einer gut ausgestatteten Privatklinik. 
  • Investitionen in die Prävention: Patientenaufklärung und Gesundheitsvorsorge bilden weiterhin ein wichtiges Standbein in der chilenischen Gesundheitsversorgung.

Die führenden Privatkliniken sehen sich in einer Liga mit den renommierten Häusern in den USA oder in Europa. Deshalb geht auch in Chile der Trend zu personalisierter Medizin beziehungsweise Präzisionsmedizin und In-vitro-Diagnostik. Laut einer Statista-Studie entfallen rund 15 Prozent des Marktvolumens auf letzteres. Großes Interesse besteht auch für die noch in der Anfangsphase befindliche Theranostik, die insbesondere austherapierten Krebspatienten helfen könnte. 

Ausgewählte öffentliche Investitionsvorhaben im chilenischen Gesundheitssektor *)in Millionen US-Dollar
ProjektInvestitionssummeProjektstand

Geplantes Budget für Medizintechnik

Hospital del Salvador e Instituto Nacional de Geriatría

274,8

Im Bau, geplante Inbetriebnahme 3. Quartal 2025

56,1

Red Maule

271,5

Im Bau, geplante Inbetriebnahme 4. Quartal 2025

57,3

Hospital de Buin-Paine

120,5

Im Bau, geplante Inbetriebnahme 2. Quartal 2026

26,2

Red Biobío

317,3

Machbarkeitsstudie, geplante Inbetriebnahme 4. Quartal 2027

79,7

Hospital de La Serena

251,5

Machbarkeitsstudie, geplante Inbetriebnahme 4. Quartal 2029 

106,3

* kein Anspruch auf Vollständigkeit; private Investoren publizieren ihre Projekte laut Branchenverband Clinicas de Chile grundsätzlich nicht. Quelle: Ministerio de Obras Públicas 2024

Importe spiegeln das Marktvolumen

Im Jahr 2023 kaufte Chile medizintechnisches Gerät im Wert von knapp 1 Milliarde US$ im Ausland (basierend auf den in der Grafik genannten Produktgruppen). Dies entspricht in etwa der Marktgröße. Denn Chile selbst hat so gut wie keine eigene Medizintechnikproduktion. Andere Marktstudien kommen auf höhere Ergebnisse. Statista beziffert beispielsweise den chilenischen Markt für Medizintechnik auf knapp 2,7 Milliarden Euro. 

Speziell technisch anspruchsvolle, innovative Geräte werden vorwiegend aus den USA (Importanteil 2023: 29 Prozent) und Europa eingeführt. Auch deutsche Technik hat in Chile einen sehr guten Ruf. Derzeit liegt Deutschland als Lieferant für Medizintechnik in Chile auf Rang 3 mit einem Anteil von 11 Prozent im Jahr 2023. Den Platz 2 musste Deutschland bereits 2019 an China abtreten. Des Weiteren spielen Japan und Mexiko eine gewisse Rolle.

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