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Elektroautos gefragt wie nie
Immer mehr Chinesinnen und Chinesen wollen ein eigenes Auto. Vor allem Elektroautos sind gefragt, aber auch weiterhin Verbrenner, gebraucht wie neu.
22.09.2021
Von Corinne Abele | Shanghai
Der rasche Aufschwung der Kfz-Verkaufszahlen seit Mai 2020 nach Ausbruch der Covid-19-Krise hat die Automobilbranche in China aufatmen lassen - allerdings nur kurz. Lagen die Verkaufszahlen im 1. Quartal 2021 gemäß der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) noch 75,6 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, wurden im 2. Quartal die Verkaufszahlen des Vorjahreszeitraums wieder knapp verfehlt.
Kfz-Absatz dürfte 2021 Vorkrisenniveau übersteigen
Die Zeit der coronabedingten Investitionen in individuelle Mobilität und der nachgeholten Pkw-Käufe nähert sich dem Ende. Hinzu kommen Versorgungsprobleme bei Chips, die die Produktion merklich drosseln. Insgesamt rechnet der chinesische Automobilverband für das Gesamtjahr 2021 mit einem Anstieg von 6,7 Prozent gegenüber 2020. Das Vor-Covid-19-Niveau mit einem Jahresabsatz von knapp 25,8 Millionen Fahrzeugen scheint erreichbar.
2020 | Veränderung 2020/19 | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung 2021/20*) | |
---|---|---|---|---|
Absatz | 25.311 | -1,9 | 12.891 | 25,6 |
Pkw | 20.178 | -6,0 | 10.007 | 27,0 |
NEV-Pkw | 1.246 | 14,6 | 1.140 | 217,4 |
Nfz | 5.133 | 18,7 | 2.884 | 20,9 |
NEV-Nfz | 121 | -17,2 | 66 | 61,5 |
Produktion | 25.225 | -2,0 | 12.569 | 24,2 |
Pkw | 19.994 | -6,5 | 9.840 | 26,8 |
NEV-Pkw | 1.247 | 11,3 | 1.149 | 217,3 |
Nfz | 5.231 | 20,0 | 2.730 | 15,7 |
NEV-Nfz | 120 | -20,8 | 67 | 57,6 |
Vor allem das Luxussegment läuft bei Pkw mit Verbrennungsmotoren nach wie vor sehr gut. So wurden im 1. Halbjahr 2021 fast zweieinhalb Mal so viele importierte Audis wie im Vorjahreszeitraum verkauft; auch Porsche lieferte laut VW 23 Prozent mehr Fahrzeuge an chinesische Kunden. Damit bleibt China der größte Einzelmarkt des VW-Konzerns.
Hersteller | Marktanteil 2021 |
---|---|
VW | 12,9 |
Toyota | 7,6 |
Honda | 7,6 |
Nissan | 5,2 |
Geely | 4,9 |
ChangAn | 4,8 |
Buick | 4,6 |
Klarer Gewinner ist jedoch die Elektrofahrzeug-Sparte in China. Während der Kfz-Absatz insgesamt (Elektrofahrzeuge und Verbrenner) bis Juli 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19,3 Prozent stieg, verdreifachte sich der Absatz von NEV (New Energy Vehicles, wie Elektroautos in China genannt werden) nahezu. Damit erreichten NEV bis Juli 2021 erstmals einen Anteil von knapp über 10 Prozent am gesamten Kfz-Absatz. Verkauft wurden mehr NEV als im Gesamtjahr 2020– vor allem in Großstädten mit Zulassungsbeschränkungen für Verbrenner. Fahrbeschränkungen dürften auf absehbare Zeit einer der stärksten Gründe für den Kauf eines Elektroautos bleiben.
Städte | Absatz |
---|---|
Shanghai | 102.847 |
Shenzhen | 52.661 |
Beijing | 43.967 |
Guangzhou | 31.435 |
Tianjin | 24.231 |
Chengdu | 21.507 |
Zhengzhou | 21.329 |
Suzhou | 16.296 |
Chongqing | 17.735 |
Wuhan | 12.837 |
OEM sowie Zulieferer investieren kräftig in Elektrofahrzeuge. In die Verbrennungsmotorensparte fließen (abgesehen von kraftstoffsparenden Kleinfahrzeugen) kaum noch Entwicklungsgelder. Leichtbau, Fahrzeug- und Batteriesicherheit, Konnektivität im Auto und autonomes Fahren sind hingegen große Themen – für heimische wie internationale Automobilbauer in China. Große Investitionsprojekte wurden daher im 1. Halbjahr 2021 nahezu ausschließlich im NEV-Bereich angekündigt.
Gebrauchtwagenmarkt legt kräftig zu
Im Vergleich zum Corona-gebeutelten 1. Halbjahr 2020 hat Chinas Gebrauchtwagenabsatz in der 1. Jahreshälfte 2021 um knapp 53 Prozent zugelegt. Dafür ist nicht nur die niedrige Vergleichsbasis verantwortlich, sondern auch die Absenkung der anfallenden Mehrwertsteuer von 2 Prozent auf 0,5 Prozent sowie eine durch den Chipausfall bedingte geringere Produktion von Neuwagen.
Ebenfalls baut das Wirtschaftsministerium MOFCOM (Ministry of Commerce) schrittweise Registrierungshindernisse für Gebrauchtwagen landesweit ab, um den Gebrauchtwagenhandel über Stadt- und Provinzgrenzen hinweg zu erleichtern. Laut von AutoUpdate zitierten Einschätzungen der China Automobile Dealers Association (CADA) dürfte der Gebrauchtwagenmarkt 2021 auf 16 Millionen Kfz steigen und bis 2023 rund 30 Millionen Einheiten erreichen.
Elektroauto-Boom
Inzwischen sind in China NEV-Modelle für jeden Geldbeutel auf dem Markt. So spricht Wuling mit seinen Kleinst- und Billigmodellen, die teilweise schon für weniger als 5.000 US-Dollar zu haben sind, vor allem Käuferschichten in kleineren Städten sowie Erstkäufer an. Seit elf Monaten (Stand: Juli 2021) steht der Wuling Hong Guang Mini EV an der Spitze der am meisten verkauften NEV-Modelle. Die zwei neuen NEV-Modelle von VW, ID.4 und ID.6, blieben bislang hinter den Erwartungen zurück. Nach Einschätzung von Branchenkennern treffen sie den chinesischen Kundengeschmack unzureichend. Der Anspruch an Konnektivität und smarte Dienstleistungen ist deutlich höher als in Europa. Sprachsteuerung, Zugang zu Internetdienstleistungen, smarte Reparaturdienstleistungen oder eine an die Nutzungsdaten des Fahrers angepasste, individualisierte Inneneinrichtung sind ein Muss.
Modell | Absatz |
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Wuling Hong Guang MINI EV | 181.810 |
Tesla Model 3 | 84.844 |
Tesla Model Y | 46.180 |
BYD Han (BEV) | 38.665 |
Great Wall Ora Black Cat | 31.994 |
GAC Aion S | 30.452 |
Si Xiang One EREV | 30.154 |
Changan Benni EV | 29.147 |
Chery eQ | 27.147 |
BYD Qin Plus PHEV | 21.376 |
Elektroauto-Hersteller und -Zulieferer rüsten auf
Nach der Zurückhaltung 2020 sorgt der starke Anstieg beim NEV-Absatz für neue Investitionsprojekte. So verkündete CATL am 22. August 2021, eine neue Batteriefabrik in Shanghai mit einer jährlichen Kapazität von 80 Gigawatt zu bauen. Sie soll in der Nähe der Tesla Giga-Fabrik 3 im Lingang New Area in Shanghai entstehen; erst im Juni 2021 verlängerte CATL seinen Liefervertrag mit Tesla bis 2025. Ebenfalls in Lingang baut Tesla derzeit sein Forschungs- und Entwicklungszentrum auf – das erste außerhalb der USA. Ziel ist es, stärker auf chinesische Kundschaft zugeschnittene Modelle zu entwickeln. Tesla verkaufte im Juli 2021 nur rund 8.600 Autos in China, während es fast 24.400 Fahrzeuge exportierte.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. US$)*) | Projektstand | Anmerkungen |
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Audi-FAW NEV PPE (Premium Platform Electric)-Projekt für hochwertige NEV in Changchun (Provinz Jilin) | 4.670,9 | geplante Betriebsaufnahme 2024 | k.A. |
HongQi S Series Projekt von FAW-SILK EV in Changchun (Provinz Jilin) | 1.557,0 | Vertragsunterzeichnung mit Stadtregierung am 02.02.21 | Rennwagen - Produktion von S Serien (S9 und S5) |
NEV Batterie-Projekt von SVOLT Energy Technology in Suining (Provinz Sichuan) | 1.105,4 | Grundsteinlegung am 29.03.21 | Kapazität: 20 GWh/Jahr |
Neuer Produktionsstandort von Great Wall in Shangrao (Provinz Jiangxi) | k.A. | Vertragsunterzeichnung mit Stadtregierung am 26.06.21 | SUV-Kapazität: 120.000/Jahr, Motoren-Kapazität: 150.000/Jahr |
Neue Batterieproduktion von CATL in der Lingang New Area (Shanghai) | k.A. | Vertragsunterzeichnung mit Lingang New Area am 18.08.21 | Batterieproduktion |
Datensicherheit gewinnt an Bedeutung
Unterdessen nimmt Chinas neue Datensicherheitsoffensive auch den Automobilsektor ins Visier. So warnte die Cybersicherheitsbehörde (Cyberspace Administration of China) am 20. August 2021 vor „ungeordneter“ Datensammlung im Automobilbereich und betonte in einem neuen Regulierungsentwurf die Verhinderung von Datenmissbrauch. Demnach müssen Automobilunternehmen vorab die Kundenzustimmung einholen, bevor sie Daten sammeln und verarbeiten. Ebenfalls müssen sogenannte „Schlüsseldaten“ in China gespeichert werden.
Der Entwurf reflektiert das ab 1. September 2021 geltende neue Data Security Law. Es verlangt von Unternehmen, die mit sogenannten „kritischen Daten“ umgehen, unter anderem regelmäßige Risikobewertungen und Berichte. Europäische Hersteller beobachten die neuen Entwicklungen mit wachsender Nervosität. Den neuen härteren Kurs hat die Regierung bereits durch die Sicherheitsüberprüfung von Didi Chuxing kurz nach deren Börsengang in New York deutlich gemacht. Der anschließende Aktieneinbruch wurde in Kauf genommen.