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Riesige Projekte für grünen Wasserstoff in Dschibuti angekündigt
Strom wie aus 30 Atomkraftwerken, und das in einem Land mit der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns und der Bevölkerung Kölns – Dschibuti hat viel vor. Die Faktenlage ist aber dünn.
31.03.2023
Von Ulrich Binkert | Bonn
Im Juli 2022 verkündete zunächst Fortescue Future Industries (FFI) aus Australien die Unterzeichnung eines "Rahmenabkommens" mit der Regierung von Dschibuti. Ziel ist die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, um daraus in zwei Anlagen Wasserstoff und Ammoniak für den Export zu produzieren. Nach aktuellen Informationen aus Dschibutis Energieministerium geht es um eine Kapazität von "bis zu 20 Gigawatt (GW)" Strom. Dabei solle so viel Energie wie möglich aus Geothermie gewonnen werden. Die Geothermie-Behörde ODDEG nannte als Energielieferanten zuvor lediglich Wind- und Solarkraftwerke. Die dafür geplanten Standorte seien Obock nördlich der Stadt Dschibuti sowie Nord-Ghoubet um den Salzsee Assal, der gut 150 Meter unter der Meeresoberfläche liegt.
Keine aktuellen Informationen zu Riesenprojekt von FFI
FFI gibt aktuell auf Nachfrage keine weiteren Details zu dem Vorhaben. Auch in Dschibutis Energieministerium weiß man von keinen Fortschritten bei dem Projekt, zuständig sei ohnehin das Präsidialamt. FFI spricht in der Pressemitteilung zum Abkommen vage vom Recht zur Erkundung des Projektes und aktuell auch davon, solche Studien in Dschibuti wie auch in Äthiopien fortzuführen. Das Nachbarland hatte an FFI laut Presseberichten bereits im Juni 2022 die "erste Lizenz" zur Herstellung von grünem Wasserstoff erteilt, ebenfalls auf Basis erneuerbarer Energien. Dabei war die Rede von bis zu 25 GW Kapazität und einer Stromerzeugung ab 2026. Details oder konkrete Informationen fehlen aber auch hier.
CWP mit "mehr Bewegung"
Mehr Bewegung konstatiert das Ministerium bei einem ähnlichen Vorhaben von CWP Global. Der Informationsdienst Meed taxiert dieses Vorhaben auf insgesamt 15 Milliarden US-Dollar (US$). Laut Energieministerium ist die Produktion von Wasserstoff aus Solar- und – überwiegend – Windkraftwerken für den Export mit insgesamt 10 GW Kapazität ebenfalls in der Gegend von Obock angesiedelt. Später will CWP die Stromproduktion nach eigenen Angaben möglicherweise ebenfalls auf Äthiopien ausdehnen. Das Ministerium nennt dafür die Grenzregion bis zur äthiopischen Stadt Aysha, wo sich bereits Windräder anderer Investoren drehen.
Einen Zeitplan gibt es laut CWP noch nicht. Man arbeite aber an Pre-Feasibility-Studien inklusive Umweltgutachten. Es gebe häufigen Besuchsverkehr aus dem Ausland sowie "zwei bis drei Leute in Dschibuti", allerdings noch kein Büro dort. Mit Siemens, Linde und Thyssenkrupp sei man wegen des Vorhabens bereits in Kontakt. Laut Energieministerium bringt CWP derzeit Windmessgeräte ins Land.
Erfahrungen aus Mauretanien nutzen
CWP hat laut Webseite anderswo bereits große Wind- und Solarenergieprojekte durchgeführt und verweist bei grünem Wasserstoff auf eine "Projektpipeline über 170 GW". In Afrika ist die Firma außer in Namibia und Marokko auch in Mauretanien aktiv. Die Erfahrungen aus dem Projekt dort, zu dessen konkretem Fortschritt keine Informationen vorliegen, wolle man als Blaupause für Vorhaben wie in Dschibuti nehmen. Unter den Finanzierungspartnern sei man in Mauretanien unter anderem mit der Weltbanktochter IFC im Gespräch. CWP Global gibt auf LinkedIn als seinen Firmensitz Australien an und die Zahl der Beschäftigten mit 51 bis 200. Viele der auf der Firmenwebseite gelisteten Manger arbeiteten lange Jahre beim US-Technikkonzern GE.
FFI wie auch CWP wollen den erzeugten Wasserstoff laut Energieministerium zukünftig über den bestehenden Hafen Tadjorah exportieren. CWP erwäge zusätzlich den Bau eines eigenen Hafens.
Intransparenz behindert Projektumsetzung
Dschibutis Projekte zur Erzeugung von grünem Wasserstoff reihen sich ein in eine Vielzahl solcher gigantischen Vorhaben auf globaler Ebene, die bisher vor allem aus Ankündigungen bestehen. Hinderlich in Dschibuti dürfte sich die Intransparenz im Stromsektor auswirken, von der Beobachter berichten. Potenzielle Projektentwickler bekommen diesen Informationen zufolge zunächst den roten Teppich ausgerollt und später keine Antworten mehr auf Rückfragen. Zudem werde die Branche nicht nur vom Energieministerium bestimmt.
Insgesamt fehlen dem kleinen Land am Horn von Afrika Kapazitäten. Es lebt von seinem bedeutenden Hafen und ausländischen Militärbasen, produziert fast nichts selbst und dürfte kaum über die Vielzahl der für solch große Projekte benötigten Fachleute verfügen. So nennt das Energieministerium als lokalen Partner von CWP lediglich die Arbeitsagentur. Die Firma dürfe nur solches Personal ins Land bringen, das in Dschibuti nicht verfügbar sei.
Projektbezeichnung | Investition (Mio. US$) | Projektstand | |||
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Red Sea Power Wind Farm (60 MW) | 122 | ging am 20.03.23 testweise ans Netz; Stromabgabepreis 0,07-0,08 US$ | |||
Grand Bara Solar Park (30 MW) | k.A. | Energieministerium: Baubeginn in etwa zwei Monaten, Stromabnahmevertrag mit Firma AMEA aus den VAE weiter in Verhandlung | |||
Gale-Le-Koma Geothermal Power Plant (15 MW) | 60 | KenGen November 2022: erste von drei Bohrungen durchgeführt; Bauherr: Office Djiboutien de Développement de l'Energie Géothermique; Finanzierung: 52 % Kuwait Fund for Arab Economic Development, Rest Dschibuti | |||
Ethiopia Djibouti Second Power Interconnection Project | 55 1 | Finanzierung durch Weltbank; Energieministerium: kein Projektfortschritt wegen Problemen in Äthiopien | |||
Damerjog Power Plant (50 MW) and transmission network expansion | 160 | Finanzierung: Arab Fund vor Economic & Social Development; Projektstand unklar | |||
Waste-to-Energy-Projekt der US-Firma CREC, 30-40 MW | 190 2 | Projektstand unklar |
Neue Windfarm ans Netz gegangen
Dschibuti stehen laut Energieministerium derzeit 70 Megawatt (MW) Stromerzeugungskapazität aus thermischen Kraftwerken zur Verfügung. Zudem soll Ende Juni 2023 die 60-MW-Windfarm Red Sea offiziell den Betrieb aufnehmen, nachdem die Anlage am 20. März erstmals testweise ans Netz gegangen war. Neben dem Solarprojekt Great Barra und einem Waste-to-Energy-Projekt, zu dem keine aktuellen Informationen vorliegen, gebe es keine weiteren Vorhaben im Stromsektor. Die Spitzennachfrage entspreche einer Kapazität von 60 MW bis zu 200 MW im Sommer. Das Defizit deckt Dschibuti mit Stromimporten aus Äthiopien.