Interview | Entwicklungsländer | Wasserstoff
“Wir schließen die Finanzierungslücke bei Wasserstoffprojekten“
Karim ould Chih, verantwortlich für die Power-to-X DG GmbH der KfW Bankengruppe, spricht im Interview über den PtX-Entwicklungsfonds für Wasserstoffprojekte außerhalb Europas.
21.07.2023
Von Laura Sundermann, Friedrich Henle | Bonn, Berlin
Grüner Wasserstoff gilt als Schlüsselelement für eine erfolgreiche Dekarbonisierung. In den Startlöchern stehen weltweit viele Projekte, die grünen Strom in den gasförmigen Energieträger oder weiter in Derivate umwandeln wollen – kurz Power-to-X (PtX) genannt. Mit entscheidend für eine endgültige Investitionsentscheidung ist die Finanzierung.
Die Bundesregierung unterstützt den Aufbau der globalen Wasserstoffwirtschaft unter anderem mit entsprechenden Förderprogrammen. Karim ould Chih von der deutschen Förderbank KfW erläutert im Interview mit Germany Trade & Invest, wie ein neuer Power-to-X-Fonds Wasserstoffprojekte außerhalb Europas zum Laufen bringen soll und wie die PtX-Plattform der KfW funktioniert.
Herr ould Chih, im November 2022 hat die KfW auf der UN-Klimakonferenz COP27 in Ägypten Förderungen für PtX-Projekte angekündigt. Wann fließt das erste Geld?
Wir gehen von 2024 aus. Ende letzten Jahres wurde die PtX-GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gegründet, die Wasserstoffprojekte außerhalb Europas fördern soll. Seitdem sind wir dabei, sie zu operationalisieren. Wir möchten noch dieses Jahr einen ersten Aufruf zur Einreichung von Interessensbekundungen lancieren. Unternehmen können sich dann mit Projektkonzepten bei uns melden. In einem zweiten Schritt können die aussichtsreichsten Projekte dann einen voll ausgearbeiteten Förderantrag stellen.
Wieso braucht es ein weiteres Förderprogramm?
Es gibt mittlerweile einige Initiativen im Bereich der technischen Unterstützung sowie PtX-Einzelförderungen auf Länderebene. Auf globaler Ebene fehlt bisher jedoch ein Förderprogramm für Investitionen in Sachgüter, also PtX-Anlagen, die dafür notwendigen erneuerbaren Energien sowie die dazugehörige Infrastruktur. Potenzielle Investoren melden aber großen Bedarf an einer Förderung durch Fremd- und Eigenkapital sowie Zuschüsse.
Mit dem PtX-Entwicklungsfonds schließen wir diese Lücke, was auch die vielen positiven Rückmeldungen belegen. Der Clou an dem Ansatz ist, dass der PtX-Fonds einen Investitionszuschuss gewährt, während die KfW Bankengruppe - zusammen mit weiteren Finanzinstituten - zusätzliche Finanzprodukte für das jeweilige Projekt bei erfolgreicher Prüfung anbietet. So können auch großvolumige Finanzierungen zustande kommen.
Welche Art von Projekten finanzieren Sie und wo genau?
Die Finanzierung kann entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfolgen und ist technologieoffen. Für den internationalen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft sind Großinvestitionen notwendig, das heißt Projekte sollten als absolutes Minimum 30 Megawatt Elektrolyseleistung haben – idealerweise aber deutlich mehr. Der PtX-Entwicklungsfonds richtet sich an Vorhaben in Ländern des Globalen Südens, die ein nachweisliches Potenzial zur Produktion von grünem Wasserstoff haben.
Wir setzen den Fonds im Auftrag des BMZ um. Die Förderung soll möglichst strukturwirksam sein, das heißt auch über das Projekt hinaus positive Wirkungen entfalten. Dabei sollen vor Ort grüne Jobs und ein Teil der Wertschöpfung entstehen. Nur so kann eine sozial gerechte Energiewende in den Partnerländern gelingen.
Welche Rolle spielen die Zuschüsse aus dem PtX-Entwicklungsfonds in der Gesamtfinanzierung eines Projekts?
Grüner Wasserstoff ist aktuell in den meisten Fällen ohne Zuschüsse nicht wettbewerbsfähig gegenüber grauem Wasserstoff. Daher ist die Förderung aus dem PtX-Fonds sehr wichtig und ermöglicht es vielen Projekten erst, Bankdarlehen zu erhalten, also „bankable“ zu werden. Die Förderhöhe des Zuschusses liegt voraussichtlich im unteren bis mittleren zweistelligen Millionenbereich. Wir erwarten, dass wir damit Investitionen im dreistelligen Millionenbereich anstoßen können.
Der PtX-Entwicklungsfonds richtet sich an Institutionen und Unternehmen im Ausland. Wie profitieren deutsche Unternehmen davon?
Deutsche Unternehmen können sowohl als Projektentwickler, Investor oder Lieferant eine Rolle einnehmen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Wasserstoff oder Derivate aus den geförderten Projekten nach Deutschland exportiert werden. Eine Verpflichtung hierfür gibt es jedoch explizit nicht, denn im Fokus des Fonds steht gemäß dem Auftrag des BMZ die Förderung der Partnerländer.
Stellen wir uns ein deutsches Unternehmen vor, das Komponenten an ein PtX-Projekt in Südafrika liefern will. Passt Ihr Fonds dafür?
Der PtX-Entwicklungsfonds bietet keine direkte Förderung für das deutsche Unternehmen, das Komponenten liefert. Wir sind jedoch in Gesprächen mit einem weiteren Bundesministerium zu einem PtX-Wachstumsfonds, von dem insbesondere deutsche Investoren profitieren würden. Lieferungen deutscher Hersteller für PtX-Projekte sind bei beiden Fonds kein Förderkriterium, jedoch sehr willkommen.
Wie gehen Sie mit Projektvorschlägen um, die nicht zu den PtX-Fonds passen?
Wir haben mittlerweile ein großes Netzwerk im Bereich PtX aufgebaut. Dieses können wir nutzen, um vielversprechende Projekte, die nicht in die Förderbedingungen der Fonds passen, weiterzuvermitteln. Oder wir helfen bei der Suche eines Abnehmers für den grünen Wasserstoff. Hier kommt die PtX-Plattform ins Spiel, auf der die KfW verschiedene Initiativen bündelt und unter anderem für einen Wissens- und Kontaktaustausch sorgt.
Wie können sich Unternehmen vorbereiten, die einen Antrag stellen möchten?
Sie sollten unsere PtX-Plattform besuchen. Hier veröffentlichen wir auch die Förderkriterien, sobald diese finalisiert sind. Unternehmen können sich auch an PtX-financing@kfw.de wenden.