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Schwierige Zeiten: Asiatische Entwicklungsbank legt Zahlen vor
Die Bank fokussierte sich 2022 auf die Erholung nach der Corona-Pandemie sowie auf die Auswirkungen des Klimawandels und der Ukraine-Krise.
23.06.2023
Von Martin Walter | Bonn
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) hat im Frühjahr 2023 ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2022 veröffentlicht. Er trägt den Titel „Building Resilience in Challenging Times“. Laut dem Bericht konnte die Entwicklungsbank knapp 32 Milliarden US-Dollar (US$) für neue Vorhaben in Asien und im pazifischen Raum zusagen. Die Summe besteht zum einen aus eigenen Mitteln der ADB in Höhe von 20,5 Milliarden US$. Hinzu kommen weitere 11,4 Milliarden US$ von öffentlichen und privaten Finanzierungspartnern der Bank.
Sinkende Zusagen nach dem Corona-Hoch
Nach den Rekordzusagen im Coronajahr 2020 gingen die Zusagen der Bank in den Jahren 2021 und 2022 wieder zurück. Im Jahr des Corona-Ausbruchs mobilisierte die Bank die Rekordsumme von 48 Milliarden US$, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronapandemie in der Region abzumildern. Aufgrund der hohen Kredite und Zuschüsse während der Hochphase der Pandemie befindet sich die Bank jetzt in einer leichten Konsolidierungsphase. Die Zusagen im Jahr 2022 liegen deshalb auch unter den Beträgen der beiden Jahre vor dem Ausbruch der Coronapandemie.
Krisen im Fokus
Anfang 2022 erholte sich die Wirtschaft in Asien und im Pazifikraum nach den Corona-Einschränkungen zunächst wieder. Die russische Invasion in der Ukraine verlangsamte diese Entwicklung jedoch. Zudem sorgten stark gestiegene Preise für Lebensmittel wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie klimabedingte Ernteausfälle in Asien dafür, dass insbesondere ärmere Menschen sich nicht mehr ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgen konnten.
Die Bank reagierte und legte Anfang 2022 ein Hilfspaket in Höhe von 14 Milliarden US$ für den Zeitraum von 2022 bis 2025 auf. Aus dem Hilfspaket sind im Jahr 2022 bereits 3,7 Milliarden US$ abgeflossen, um die Nahrungsmittelproduktion in der Region zu steigern. Das Hilfsprogramm soll langfristig die Nahrungsmittelversorgung verbessern. Es umfasst verschiedene Initiativen. So sollen Landwirte durch verbessertes Saatgut die Produktion auch unter veränderten klimatischen Bedingungen steigern, in der Landwirtschaft sollen Bewässerung und Wassermanagement modernisiert werden und Agrarbetriebe sollen besseren Zugang zu Finanzmitteln und Versicherungen erhalten.
Die Bevölkerung litt im Jahr 2022 in Teilen der Region unter extremen Auswirkungen des Klimawandels. Große Schäden verursachten insbesondere Überschwemmungen, Wirbelstürme und Hitzewellen. Diese Ereignisse zeigen, dass die Region dringend auf ihre Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel reagieren muss. Im Einklang mit ihrer Rolle als Klimabank für Asien und den Pazifik hat die ADB 6,7 Milliarden US$ für Klimafinanzierung im Jahr 2022 zugesagt. Damit erreichte sie für den Zeitraum von 2019 bis 2022 bereits 21 Milliarden US$ an Klimafinanzierung. Die Bank muss ihre Klimazusagen jedoch erheblich steigern, wenn sie ihr selbst gestecktes Ziel erreichen will, von 2019 bis 2030 insgesamt 100 Milliarden US$ an Klimafinanzierung zu leisten.
Um die wirtschaftliche Erholung der Region zu fördern und um ein günstiges Umfeld für weiteres Wachstum zu schaffen, stellte die ADB 6 Milliarden US$ im Jahr 2022 bereit. Die Mittel flossen in den Finanzsektor und an die Industrie. Mit dem Geld half die Bank Unternehmen dabei, ihre Liquidität zu sichern und Lieferketten aufrecht zu erhalten. Ebenfalls hat die Bank insbesondere kleine und mittlere Unternehmen gefördert und finanziell unterstützt. Mit weiteren 3,7 Milliarden US$ unterstützte die Bank institutionelle Reformen und den Kapazitätsaufbau in der öffentlichen Verwaltung.
Neben der Hilfe in Krisenzeiten ist der Ausbau der Infrastruktur ein wichtiger Schwerpunkt der ADB. Im Jahr 2022 sagte die Bank 4,3 Milliarden US$ für Transportinfrastruktur zu. Für den Ausbau der Energieinfrastruktur stellte sie 1,4 Milliarden US$ bereit und in den Bereichen Wasser und andere städtische Infrastruktur investierte sie 1,1 Milliarden US$ im Jahr 2022.
In den Bildungssektor flossen 2022 knapp 800 Millionen US$, um Lernverluste während der Coronapandemie auszugleichen. Weitere 823 Millionen US$ stellte die ADB bereit, um Menschen einen erschwinglichen Zugang zu Gesundheitsleistungen zu ermöglichen.
Die Bank unterstütze im Jahr 2022 auch besonders betroffene Länder wie beispielsweise Sri Lanka und Afghanistan. Während der Wirtschaftskrise stützte die Bank das Land mit einen Finanzierungsprogramm in Höhe von knapp 250 Millionen US$. Afghanistan erhielt von der Bank 405 Millionen US$, um die notleidende Bevölkerung zu versorgen.
"Unsere Unterstützung im Jahr 2022 hat unseren Entwicklungsländern geholfen, die unmittelbaren Auswirkungen dieser Krisen zu bewältigen und gleichzeitig ihre längerfristige Widerstandsfähigkeit in kritischen Bereichen wie dem Klimawandel und der Ernährungssicherheit zu stärken", sagte ADB-Präsident Masatsugu Asakawa.
Die großen Länder der Region erhalten die meisten Kredite
Mit 5,58 Milliarden US$ erhielt Pakistan im Jahr 2022 die meisten Kredite und Zuschüsse der ADB. Auf Platz zwei lag Bangladesch mit 3,94 Milliarden US$, gefolgt von Indien mit 3,12 Milliarden US$. Weitere wichtige Empfängerländer der ADB sind Vietnam, die Philippinen, Indonesien und China.
ADB-finanzierte Vorhaben bieten Geschäftschancen
Laut ihrem Beschaffungsbericht 2022 (Annual Procurement Report) hat die ADB von 2017 bis 2022 Beschaffungen in Höhe von insgesamt 56 Milliarden US$ finanziert.
Bei der Durchführung von ADB-finanzierten Vorhaben werden die benötigten Bau-, Liefer- und Beratungsleistungen oft international und in transparenten Verfahren ausgeschrieben. Deutsche Unternehmen können an den Ausschreibungen teilnehmen, Aufträge gewinnen und in neue Märkte in Asien und im Pazifik einsteigen. Die Aufträge gehen an Unternehmen, Organisationen und Experten aus den Mitgliedsländern der Bank, zu denen auch Deutschland gehört.
Germany Trade & Invest informiert tagesaktuell über Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen der ADB.
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) mit Sitz in Manila (Philippinen) wurde 1966 gegründet. Sie ist die wichtigste multilaterale Finanzierungsinstitution für Projekte in der Region. Übergeordnete Ziele ihrer Aktivitäten sind die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit sowie die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Dabei konzentriert sich die ADB traditionell auf Projekte zum Ausbau der Infrastruktur in Asien. Die ADB hat 68 Mitgliedsstaaten, davon 49 aus den verschiedenen Regionen Asiens und dem Pazifik. Deutschland ist ein Gründungsmitglied der Bank. |