Wirtschaftsumfeld | EU | Konnektivität
Global Gateway war Schwerpunkt der European Development Days 2022
Bei den European Development Days im Juni 2022 präsentierte die EU den Stand ihrer globalen Infrastrukturinitiative. Konkrete Projekte stehen jedoch noch aus. (Stand: 08.07.2022)
Von Heike Hoffmann, Lisa Flatten | Brüssel, Bonn
Auf ihren European Development Days (EDD) beleuchtet die EU-Kommission seit 2006 jedes Jahr verschiedene Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit. Das Thema am 21. und 22. Juni 2022 lautete: "Global Gateway: Building Sustainable Partnerships for an Interconnected World".
Die Veranstaltung fand nach 17 Jahren erstmalig hybrid statt. Dadurch stieg die Teilnehmerzahl auf beachtliche 12.500 (2019: 8.000) Personen. Da 10.000 Teilnehmende die Diskussionen online verfolgten, wirkten die großzügigen Messehallen der Brussels Expo direkt am Atomium etwas überdimensioniert.
Global Gateway vereint diverse Sektoren unter einem Dach
Global Gateway ist die im Dezember 2021 vorgestellte Infrastrukturinitiative der EU für mehr internationale Konnektivität. Bis 2027 will die EU über Global Gateway 300 Milliarden Euro mobilisieren. Langsam füllt die EU-Kommission diese Initiative mit Leben - und Projekten.
Konnektivitätsprojekte sollen in den Bereichen Energie, Transport, Digitales, Gesundheit sowie Bildungs- und Forschungskooperation umgesetzt werden. Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, hob bei der Eröffnung der EDD 2022das Thema Digitalisierung besonders hervor: „Das Öl von morgen werden sicherlich digitale Daten sein."
Länder, die am stärksten von Klimawandel und Hunger betroffen sind, sollen neben Investitionen in saubere Energie auch beim Hochwasserschutz und bei klimazonenspezifischer Landwirtschaft Unterstützung erhalten. Zudem sollen Investitionen in städtische Entwicklung folgen.
Der Vielfalt an Branchen, die Global Gateway abdeckt, trugen die EDD 2022 deutlich Rechnung: Die Veranstaltungen waren in insgesamt fünf Sektoren aufgeteilt, denen elf Themen untergeordnet waren.
I. Digitalisierung | II. Klima und Energie | III. Transport | IV. Gesundheit | V. Bildung und Forschung |
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1. Inklusives und grünes digitales Wachstum | 4. Grüne und gerechte Energiewende | 6. Infrastrukturanbindung und Konnektivität | 9. Sicherheit der Lieferketten und Entwicklung der lokalen Fertigung | 10. Wissenschaft, Technologie, Innovation und Forschung |
2. Frei zugängliches und sicheres Internet | 5. Energiemärkte integrieren | 7. Grüne und sichere Mobilität | 11. Qualitativ hochwertige Bildung | |
3. Digitale Wirtschaft und Datennutzung | 8. Stadtentwicklung, intelligente und vernetzte Städte |
EU vereinbart mit jeder Weltregion eigene Programme
Die Veranstaltungen befassten sich mit Global Gateway nicht nur nach Sektoren, sondern auch nach Regionen. Die EU-Kommission präsentierte hierzu ihre Ambitionen auf den verschiedenen Kontinenten.
In Afrika plant die EU unter Global Gateway ein EU-Afrika-Investitionspaket von 150 Milliarden Euro. Dabei geht es ihr neben Transportkorridoren auch um die Stärkung der autonomen Impfstoffherstellung und der Ernährungssicherheit. Außerdem will die EU in saubere Energie investieren. „Wir drehen unseren Partnern und unserem Schwesterkontinent nicht den Rücken zu“, sagte Jutta Urpilainen, EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften. Bei der kontinentalen Betrachtung kamen auch Regierungsvertreter aus Partnerländern zu Wort, die ihre Erwartungen darstellten. Afrikanische Repräsentanten betonten, dass es ebenso wichtig sei, in harte Infrastruktur zu investieren wie in weiche. Zu letzterer zählen Gesetze und Vorgaben, etwa für die Verwaltung von Zollgrenzen. Vereinfachte Verfahren in diesem Bereich tragen ebenfalls zu besserer Konnektivität bei. Auch dies unterstützt die EU.
Hohes Potenzial sieht Urpilainen ferner in Lateinamerika und der Karibik. Zum Thema Gesundheit haben EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der spanische Premierminister Pedro Sánchez eine neue Partnerschaft ins Leben gerufen. Sie zielt auf eine engere Zusammenarbeit zwischen der EU, Lateinamerika und der Karibik im Gesundheitssektor ab. Die EU will den beiden Regionen helfen, Impfstoffe, Arzneimittel und andere Technologien lokal herzustellen. Dadurch sollen die sozialen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Lateinamerika und der Karibik ergänzt und ausgebaut werden. Auch wird so die Resilienz der Gesundheitssysteme der beiden Regionen gestärkt.
Ein konkretes Projektbeispiel in der Region ist das Unterseekabel BELLA, das Europa mit Lateinamerika verbindet. Die EU hat rund die Hälfte der Finanzierung für das 53-Millionen-Euro-Projekt bereitgestellt, das bis Ende 2022 fertiggestellt werden soll. Die Ausdehnung des Kabels auf weitere Länder der Region und die geplante Digitalallianz EU-Lateinamerika/Karibik bieten Geschäftsmöglichkeiten im Bildungssektor und im Technologiebereich.
Weitere bereits laufende Projekte, die im Strategiepapier zur Gründung der Initiative 2021 genannt wurden, sind die Elektrifizierungsinitiative Power Africa und die bereits vollzogene Erweiterung der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T). Bezüglich Wissenschaftskooperation verweist das Papier auf das etablierte Programm Erasmus+.
Auf den EDD kündigte Jutta Urpilainen zudem eine gemeinsame Initiative mit den zehn südostasiatischen Staaten der ASEAN-Gruppe unter Global Gateway an. Ausführlichere Informationen dazu sollen im November 2022 vorliegen.
EU will private Investitionen in Konnektivität fördern
Die nachhaltige Finanzierung von Global Gateway war ebenfalls Thema bei den EDD 2022. Besonders nach der Corona-Krise lässt die oft angespannte wirtschaftliche Lage den EU-Partnerländern rund um den Globus wenig finanziellen Spielraum für hochwertige Infrastrukturprojekte. Da öffentliche Gelder nicht ausreichen, will die EU private Kapitalflüsse und Investitionen insbesondere in Länder mit geringem und mittlerem Einkommen fördern. „Grüne Anleihen werden eine Schlüsselrolle für nachhaltige Investitionen spielen“, prophezeit Koen Doens, Generaldirektor für Internationale Partnerschaften in der EU-Kommission. Die EU möchte von den insgesamt vorgesehenen 300 Milliarden Euro für Global Gateway bis zu 135 Milliarden Euro an privatem Kapital für Infrastrukturprojekte mobilisieren.
Fazit: Guter Überblick, wenig Konkretes
Insgesamt gab die EU bei den EDD 2022 einen breiten Überblick über Global Gateway, konnte über konkrete Projekte jedoch kaum berichten. Auch wenn der Startschuss schon gefallen ist, nimmt die Planung nur langsam Fahrt auf. Sichtbar wird Global Gateway bereits in den Mehrjahresrichtprogrammen (MIP) des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit (NDICI), die den Rahmen zur Zusammenarbeit setzen. Sofern konkrete Projekte feststehen, informiert Germany Trade & Invest darüber in Berichten und ihrer Datenbank mit Projekt- und Ausschreibungsmeldungen.