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Bericht | Wirtschaftsumfeld | Außenhandel

Vereinigtes Königreich erwartet Drahtseilakt nach US-Wahl

Lösen höhere US-Zölle einen Handelskonflikt mit der EU aus, sitzt die britische Regierung zwischen den Stühlen: Eine zu starke Annäherung an die USA gefährdet die EU-Beziehungen.

Von Marc Lehnfeld | London

Die zweite Amtsperiode des neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump könnte sich auf die britische Konjunktur auswirken. Kommen die im Wahlkampf von Trump proklamierten Importzölle von 10 bis 20 Prozent einschließlich des damit verbundenen Inflationsrisikos, könnte sich das Wirtschaftswachstum des Vereinigten Königreichs verlangsamen. Laut Einschätzung des National Institutes for Economic and Social Research (NIESR) könnte das Wirtschaftswachstum dadurch um insgesamt 0,7 Prozent sinken. Rund 15 Prozent der britischen Exporte – vor allem Pharmazeutika und Fahrzeuge – gehen in die USA.

Reaktion auf mögliche US-Zölle werden zum britischen Balanceakt

Noch wichtiger als die USA ist hingegen die EU als Absatzmarkt: Britische Unternehmen exportieren dorthin etwa dreimal so viele Waren wie in die Vereinigten Staaten. Drohende US-Importzölle könnten die britische Regierung daher in eine schwierige Lage bringen, vor allem wenn die EU mit Gegenmaßnahmen reagieren sollte. Einerseits könnte Großbritannien versuchen, sich durch eine mildere Reaktion auf die Zölle näher an die USA anzulehnen. Andererseits hat die Labour-Regierung bereits versprochen, die Beziehungen zur EU zu verbessern. Wenn Großbritannien nicht an der Seite der EU agiert, könnte dies den Handel mit Europa belasten.

Das liegt nicht nur an den engen britisch-europäischen Handelsbeziehungen. In den Beginn der zweiten Trump-Ära fällt auch die Neubewertung des britisch-europäischen Handels- und Kooperationsabkommens. Diese ist zwar erst für 2026 geplant. Die Gespräche darüber werden aber bereits im nächsten Jahr beginnen. Mit Spannung wird deshalb die traditionelle "Mansion House"-Rede der britischen Finanzministerin Rachel Reeves Mitte November 2024 erwartet. Laut der Tageszeitung Financial Times wird Reeves darin nicht nur Pläne zur Ankurbelung der britischen Wirtschaft vorstellen, sondern auch die Bedeutung des Freihandels hervorheben.

Transaktionales Verhandeln als britische Stärke

In den anstehenden Verhandlungen mit den USA sieht Dr. Ulrich Hoppe, Geschäftsführer der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer, die britische Regierung grundsätzlich im Vergleich zu einigen anderen besser gerüstet. "Die Briten profitieren nicht nur von den traditionell engen Beziehungen zur USA, sondern auch vom gleichen Verhandlungsansatz. Wie die Amerikaner verhandeln auch die Briten transaktional. Sie zielen also auf ein pragmatisches Deal Making. Das wird unter der Führung von Donald Trump noch wichtiger." Außerdem sei die britische Wirtschaft viel stärker als beispielsweise Deutschland auf den Dienstleistungssektor ausgerichtet und damit von den US-Zollplänen weniger betroffen. 

Der britischen Regierung nützen die traditionell engen bilateralen Beziehungen mit den USA und der transaktionale Ansatz bei Verhandlungen.

Dr. Ulrich Hoppe Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer

David Henig, Director des UK Trade Policy Project am European Centre for International Political Economy (ECIPE), erwartet nicht, dass die US-Importzölle tatsächlich auf alle Einfuhren und Herkunftsländer steigen werden. Schließlich seien viele eingeführte Produkte nicht unmittelbar ersetzbar. Dafür würden auch amerikanische Importeure lobbyieren. Vielmehr rechnet Henig mit einzelnen Maßnahmen und Lösungen über bilaterale Abkommen, vielleicht auch eine Wiederbelebung der Gespräche über ein britisch-amerikanisches Freihandelsabkommen. Unterschiedliche Positionen bei landwirtschaftlichen Standards schmälern jedoch die Chancen auf ein solches Abkommen. 

Weitere Auswirkungen der Wiederwahl Trumps auf die Weltwirtschaft finden Sie auch in unserem US-Wahl-Special.

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