In Griechenland gibt es rund 2.500 Start-ups mit einem Gesamtwert von 8,2 Milliarden Euro, dabei stehen die zehn wertvollsten Start-ups für einen Wert von 6,4 Milliarden Euro. Das berichtet das internationale Beratungsunternehmen Ernst & Young in seiner Studie "EY Attractiveness Survey" vom Juli 2024. Das Forschungszentrum StartupBlink identifiziert im "Global Startup Ecosystem Index 2024", der sich auf das Gesamtjahr 2023 bezieht, zwei Unicorns: Viva Wallet, ein FinTech-Unternehmen, das digitale Finanzdienstleistungen anbietet und PeopleCert, das Fach- und Sprachkenntnisse zertifiziert. Ein Unicorn ist ein Start-up-Unternehmen, das mit mehr als 1 Milliarde US-Dollar (US$) bewertet wird.
Im Jahr 2023 investierten etwa 30 Kapitalgeber rund 485 Millionen Euro in mehr als 70 griechische Start-ups, so der Bericht "Startups in Greece 2023-2024". Er ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der griechischen Förder- und Bildungsplattform für Start-ups, Found.ation, des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts EIT Digital sowie der griechischen Entwicklungs- und Investitionsbank HDBI (Hellenic Development Bank of Investments).
Weitere wichtige Investitionen in griechische Start-ups1. Halbjahr 2024; Investitionssumme in Millionen US-Dollar
Venture-Capital-Geber
Start-up
Investitionssumme
Branche
Susquehanna Private Equity Investment (Lead Investor, USA)
Blueground
45,0
Immobilien, Vermietung
ETF Partners (UK, daran beteiligt sind die Entwicklungsbanken HDBI und KfW)
Hellas Direct
32,0
Versicherung
IAG Capital Partners (USA)
DeepCure
24,6
Pharma
Eurazeo (Frankreich)
Kinvent
17,3
Gesundheitswesen, Physiotherapie
New Energy Partners (Lead Investor, Griechenland)
Brite Hellas
9,3
Energie, Solar
Quelle: Marathon Venture Capital 2024
Der bedeutendste Verkauf eines Start-ups, der sogenannte "Exit", im Jahr 2023 betraf das griechische Agrotechnik-Start-up Augmenta. Es wurde an den US-amerikanisch-italienischen Hersteller von Land- und Baumaschinen CNH Industrial für 103 Millionen Euro abgegeben. An 2. Stelle steht der Erwerb des Maritimtechnikunternehmens MarineTraffic durch den führenden Anbieter von technologiegestützten Marktdaten und Analysen Kpler mit Sitz in Belgien. Der drittwichtigste Exit fand zwischen dem griechischen Schifffahrtssoftware-Start-up DeepSea Technologies und dem japanischen Maschinenbauhersteller Nabtesco statt.
Starkes Engagement amerikanischer Investoren
Mit dem Aufkauf durch den US-amerikanischen Softwareanbieter Cadence Design Systems im 1. Halbjahr 2024 reiht sich das Start-up Beta Cae Systems als Drittplatzierter unter die Unicorns. Der Übernahmepreis lag bei 1,24 Milliarden US$. Das griechische Jungunternehmen ist ein weltweit führender Anbieter von Simulations- und Analysesoftware.
Im Jahr 2023 erwarben folgende US-amerikanische Technologieriesen griechische Start-ups: Hewlett Packard Enterprise kaufte das griechische Start-up Arrikto, das Telekommunikationsunternehmen Cisco erwarb das Spin-off Code Bgp, Dell kaufte das Cloud Management Start-up Mist.io und Intel das Jungunternehmen InAccel.
Rund 80 Prozent der Investitionen in Start-ups kamen im Jahr 2023 aus dem Ausland. Etwa ein Drittel der Investoren stammte aus den USA.
Start-ups sind vorrangig im B2B-Geschäft tätig
Fast 80 Prozent der Start-ups, die im Jahr 2023 Investoren anzogen, boten ihre Produkte anderen Unternehmen an (B2B), so der Found.ation-Bericht. Der griechische Markt gilt als zu klein, um Produkte und Dienstleistungen von Start-ups direkt an Verbraucher zu verkaufen.
Insbesondere die Bereiche RetailTech, also Dienstleistungen im Einzelhandel, KI-Anwendungen und Technologielösungen für die Agrar- und Ernährungswirtschaft sind für Investoren interessant.
Gründerszene ist bei deutschen Unternehmen beliebt
Im Jahr 2023 investierte die deutsche Risikokapitalgesellschaft Point Nine in das griechische Agrotechnik-Jungunternehmen Wikifarmer. Weitere deutsche Kapitalfonds, die in griechische Start-ups investierten, sind Bosch Ventures, Cherry Crypto und Visionaries Club.
Daimler war das erste deutsche Unternehmen, das die griechische Start-up-Szene entdeckte. Im Jahr 2016 kaufte der deutsche Automobilhersteller die griechische Taxi-App Taxibeat für 43 Millionen Euro. Der börsennotierte Betreiber von digitalen Bestell- und Lieferplattformen, Delivery Hero, erwarb im Jahr 2020 das griechische Start-up Instashop, einen Fast-Food-Lieferdienst, für 360 Millionen Euro. Das deutsche Softwareunternehmen Celonis übernahm 2021 das griechische Start-up Lenses.io für 70 Millionen Euro, schätzt der Found.ation-Jahresbericht. Lenses.io liefert ein innovatives DataOps-Portal für alle Streaming-Anwendungen und Daten.
Top Start-ups in Griechenland Gemessen am Wert in Millionen Euro
Name
Wert *)
Viva Wallet
1.500-2.000
Skroutz
750-1.000
Persado
600-900
Blueground
600-800
Workable
250-400
Flexcar
200-300
Axelera AI
200-300
Causaly
150-250
Hack the Box
150-200
Tile DB
100-150
* Schätzung.Quelle: "Startups in Greece"; Venture Financing Report 2023-2024
Griechenland unter den 50 beliebtesten Standorten
Gemessen an der unternehmerischen Innovation nimmt Griechenland Rang 49 unter 100 untersuchten Ländern ein, geht aus dem Global Startup Ecosystem Index 2024 weiter hervor. Doch damit bleibt Griechenland weiter attraktiv. Andere Volkswirtschaften wie Bulgarien und Zypern holen rapide auf. Neben Ländern untersucht die Studie auch Städte. Dabei erreicht Athen Platz 120 unter den 1.000 beliebtesten Städten. Auch Thessaloniki (Rang 470) und Heraklion (Rang 759) schaffen es auf die Liste.
Nach Einschätzung der Experten des Forschungsinstituts StartupBlink könnte sich Griechenland zu einem regionalen Tech Hub entwickeln. Sie begründen dies mit dem Interesse internationaler Investoren und der geostrategischen Lage. Griechenland bietet gut ausgebildete fremdsprachige Arbeitskräfte und günstige Lohnkosten sowie eine mehrsprachige IT-Branche. Die Start-up-Szene beschäftigt etwa 20 Prozent der Arbeitnehmer der Technologiebranche, rund 10.000 Personen, geht aus dem Bericht "Greeking Out 2.0" der britischen Mediengesellschaft Sifted hervor.
Zu den Nachteilen Griechenlands als Standort für Start-ups zählen laut StartupBlink die Abwanderung potenzieller Fachkräfte, bürokratische Hürden sowie die mangelnde Vernetzung zwischen den Trägern. Doch Marktexperten vor Ort stellen Fortschritte bei den bürokratischen Verfahren, beispielsweise der Gründung, fest.
Kapitalgeber blicken zuversichtlich auf die griechische Gründerszene. Steuererleichterungen und Golden-Visa-Programme sollen die Investitionsentscheidung erleichtern.
Die jüngsten Erfolgsgeschichten und das weiterhin bestehende Interesse ausländischer Investoren stimmen griechische Risikokapitalgeber für das Gesamtjahr 2024 optimistisch, heißt es im Bericht "Startups in Greece 2023-2024" der Innovations-Plattform Found.ation. Wichtig sei es, sich auf Frühstadien der Start-ups zu konzentrieren, um den Erfolg eines Engagements zu sichern.
"Im Jahr 2023 gingen die Investitionen in Start-ups europaweit um rund 38 Prozent zurück. Dieser Rückgang ist auf die geopolitischen Entwicklungen wie den Ukrainekrieg und die erhöhte wirtschaftliche Unsicherheit zurückzuführen", sagt Filippos Zakopoulos, Managing Partner der Förder- und Bildungsplattform Found.ation. Allerdings sei der griechische Markt mit einem Minus von besser 25 Prozent besser weggekommen. "Betrachtet man nur die Finanzierung von Kapitalgebern und lässt die Finanzierung durch Kredite außer Acht, dann sieht man einen Anstieg der investierten Summe von rund 4 Prozent. Das beweist die Resilienz und die Dynamik des griechischen Start-up-Ökosystems", so Zakopoulos.
Kooperation zwischen den Ökosystemen ist eine Herausforderung
Bei der Frage, ob griechische und deutsche Start-ups kooperieren können, stellt Zakopoulos in einem Interview mit Germany Trade & Invest heraus, dass Start-ups aggressivere Überlebens- und Wachstumsstrategien als etablierte Unternehmen verfolgen würden. Daher seien Aufkäufe kleiner Start-ups durch größere Unternehmen die direkteste Art der Zusammenarbeit, die es zwischen Start-ups gebe.
Es gibt jedoch andere Möglichkeiten einer deutsch-griechischen Zusammenarbeit:
„Start-ups bringen Innovationen hervor, die beispielsweise für Industrieunternehmen nützlich sein können“,
informiert Nikos Antoniou, Gründungspartner der Risikokapitalgesellschaft Apeiron Ventures. Hier gebe es die Möglichkeit der internationalen Zusammenarbeit, sodass griechische Start-ups innovative Ideen für deutsche Unternehmen entwickeln könnten.
Griechische Risikokapitalgeber, die zu einem Mehrheitsanteil öffentliche Gelder verwalten, können unter folgenden Bedingungen in ausländische Start-ups investieren:
das Unternehmen in Griechenland gegründet wurde,
der Gründer oder Mitarbeitende in Griechenland ansässig sind,
es eine lokale Niederlassung gibt.
Bei privaten Investoren fallen diese Bedingungen weg.
Alle Start-ups, die von öffentlichen Stellen finanziert werden oder sich für Förderprogramme bewerben wollen, müssen sich im nationalen Register „Elevate Greece“ eintragen lassen. Die griechische Regierung erstellte diese Start-up-Plattform im Jahr 2021. Um die Vernetzung von Start-ups vor Ort und international effizienter zu fördern, hat das griechische Entwicklungsministerium die Plattform im Jahr 2023 in eine privatrechtliche Gesellschaft der öffentlicher Hand überführt.
Golden Visa für Investitionen in Start-ups
Investoren aus Drittstaaten, die ab Januar 2025 Summen ab 250.000 Euro in griechischen Start-ups investierten, bekommen im Rahmen des Golden Visa Programms eine Aufenthaltserlaubnis für Griechenland. Das kündigte das griechische Wirtschafts- und Finanzministerium im September 2024 an, womit es beabsichtigtdie Innovation im Land zu fördern. Marktkenner raten dazu über Risikogesellschaften in Start-ups zu investieren und sich nicht direkt zu engagieren. Das ist ihrer Einschätzung nach für Außenstehende weniger risikoreich.
Um Investitionen von Business Angels in Start-ups anzuregen, novellierte die griechische Regierung das Gesetz 4712/2020 mit einem Gesetzesentwurf im September 2024. Danach gilt: Bei einer Investition in Start-ups bis zu 900.000 Euro, wird die Hälfte der investierten Summe vom zugrundeliegenden einkommensteuerpflichtigen Betrages des Investors abgezogen. Der Anleger profitiert somit von einer geringeren Einkommenssteuer auf seine gesamten Einkünfte im Investitionsjahr. Wichtige Voraussetzung dabei ist, dass die Start-ups im nationalen Register "Elevate Greece" registriert sind.
Außerdem gibt es Sonderregelungen für Start-ups, die internationale Patente eintragen. Die Gewinne, die aus der Nutzung der Patente entstehen, sind in den ersten drei Jahren nach der Eintragung steuerfrei. Nach dem Gesetzesentwurf vom September 2024 ist die Gewerbesteuer für sieben weitere Jahre nach Ablauf der ersten drei Jahre um 10 Prozent reduziert.
Internationalität ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für Start-ups - nicht nur aufgrund der Digitalisierung, sondern auch um Wachstumspotenziale vollständig auszuschöpfen. Internationale Start-up Ökosysteme sind allerdings völlig unterschiedlich entwickelt.