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Wirtschaftsumfeld | Hongkong | Außenhandel

Hongkongs Außenhandel basiert auf Re-Exporten

Mit einem Warenaustausch von 1,2 Billionen US-Dollar ist Hongkong eine globale Handelsdrehscheibe. Nach dem Rückgang 2022 soll der Außenhandel 2023 wieder zulegen.

Von Robert Herzner | Hongkong

Der Einzelhandelsbedarf wird in Hongkong durch Importe abgedeckt. Grundsätzlich ist die Bedeutung des Außenhandels für die Wirtschaft der Sonderverwaltungsregion (SVR) groß. Während nur ein marginaler Teil des Bruttoinlandsproduktes (BIP) durch die verarbeitende Industrie erzielt wird, trägt der Außenhandel rund ein Fünftel zu Hongkongs BIP bei. Außerdem stellt der Sektor etwa 15 Prozent der Beschäftigten.

Der Außenhandel der SVR ist zudem eng mit Festlandchina verflochten. Häufig liefern in Hongkong ansässige Handelsunternehmen aus dem Ausland importierte Vorprodukte an Fabriken in China und vertreiben anschließend die gefertigten Endprodukte weltweit.

Re-Exporte sind für Hongkong ein wichtiges Geschäftsmodell 

Ein besonderes Geschäftsmodell hat sich außerdem bei Unternehmen etabliert, die über eine Niederlassung an beiden Standorten verfügen: Zunächst importieren Firmen zollfrei Waren aus China in die SVR. In Hongkong werden die Produkte unter der dortigen Niederlassung verbucht und neu eingepreist. Dabei werden die Waren häufig durch Marketingmaßnahmen aufgewertet. Auf den neuen Preis müssen Unternehmen in Hongkong eine Körperschaftssteuer in Höhe von 16,5 Prozent entrichten, während dieser Steuersatz in China 25 Prozent beträgt und weitere Abgaben einschlägig sein können.

Ausschlaggebend für den Endpreis ist der Betrag, den der Abnehmer im Zielland bereit ist, zu zahlen. Durch die steuerliche Aufteilung des Verrechnungspreises mittels des Re-Exportes lässt sich der Gesamtsteuersatz reduzieren und entsprechend steigt der Gewinn. Der Standort Hongkong profitiert von den Einnahmen der Körperschaftssteuer, ohne dass wesentliche Wertschöpfung vor Ort erfolgt.

Re-Exporte dominieren Außenhandel

Aufgrund des marginalen Anteils des produzierenden Gewerbes am Hongkonger BIP sind mehr als 98 Prozent der Hongkonger Ausfuhren traditionell Re-Exporte, insbesondere von zuvor aus China importierten Produkten. Nach offiziellen Angaben nehmen Importe aus China, die entweder direkt wieder re-exportiert oder indirekt über das beschriebene Geschäftsmodell steuerlich in Hongkong abgewickelt werden, einen Anteil von fast 60 Prozent an den Gesamtexporten der SVR ein.

Fast sämtliche Hongkonger Exporte sind Re-Exporte von zuvor importierten Waren.

Freihandelsabkommen bestehen mit führenden Volkswirtschaften 

Mit wichtigen Wirtschaftsregionen hat Hongkong Freihandelsabkommen abgeschlossen. Dies beinhaltet auch das "Closer Economic Partnership Agreement" mit China. Denn obwohl Hongkong zum Staat China gehört, werden die beiden Territorien zollrechtlich eigenständig betrachtet. Die Vereinbarung bietet lokalen und internationalen Unternehmen mit Sitz in der SVR einen erleichterten Marktzugang zum chinesischen Festland mit zollfreien Importen, sofern der Warenursprung den Vereinbarungen entspricht.

Stabile Rahmenbedingungen durch Kopplung an US-Dollar

Seit 1983 ist der Wechselkurs des Hongkong-Dollars (HK$) an den US-Dollar (US$) mit einer Schwankungsbreite von 7,75 bis 7,85 HK$ gekoppelt. Um die Zahlungssicherheit zu gewährleisten, hält die Hong Kong Monetary Authority Währungsreserven in US-Dollar, die mehr als das Fünffache des Bargeldumlaufs betragen. 

Warenaustausch dürfte 2023 wieder an Schwung gewinnen

Der Gesamthandel der SVR ging 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 7,9 Prozent zurück. Als Ursache gibt das lokale Statistikamt den gesunkenen grenzüberschreitenden Warenverkehr mit dem bedeutendsten Handelspartner China an. Der Güterverkehr auf dem Landweg stockte lange Zeit im Zuge der strikten Null-Covid-Politik der chinesischen Regierung. Diese Entwicklung spiegeln auch die weltweiten Exporte der Volksrepublik wider. Durch die Normalisierung der Grenzabfertigung dürfte Hongkongs Außenhandel mit China 2023 wieder ansteigen. Des Weiteren wirken sich globale Einflüsse wie der Ukrainekrieg und die steigende Inflationsrate in der EU auf Hongkong als Drehscheibe im internationalen Warenhandel aus.

Entwicklung des Hongkonger Außenhandels (in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

2020

Veränderung

2021

Veränderung

2022

Veränderung

Exporte

503,5

-1,5

636,0

26,3

581,0

-8,6

Importe

547,7

-3,3

680,5

24,3

631,7

-7,2

Gesamthandel

1.051,2

-2,5

1.316,5

25,3

1.212,7

-7,9

Quelle: Statistikamt Hongkong 2023

Das halbstaatliche Hong Kong Trade and Development Council (HKTDC) prognostiziert, dass der Außenhandel der SVR 2023 um 5 Prozent zulegen wird. Insbesondere der Warenaustausch mit Ländern des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) und mit Staaten in Nahost soll kräftig wachsen. Zugleich dürfte sich der Handel mit China und mit den USA wie bereits 2022 weniger gut entwickeln.

Entwicklung der Hongkonger Exporte 2022 nach Ländern (in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

Zielland

Exporte 2022

Veränderung

China

330,0

-12,9

USA

37,5

-5,5

Indien

22,0

29,0

Taiwan

19,8

7,2

Vietnam

14,4

8,9

Japan

13,1

-13,8

Vereinigte Arabische Emirate

12,2

35,3

Singapur

10,6

18,6

Südkorea

10,4

9,2

Niederlande

10,2

0,1

Quelle: Statistikamt Hongkong 2023

Wachstumsbranchen für deutsche Konsumgüter

Während der Covid-19-Pandemie kaufte die Bevölkerung vermehrt medizinische Produkte. So stiegen Hongkongs Einfuhren von Arzneimitteln aus Deutschland im Jahr 2022 um 57 Prozent auf 625 Millionen US$. Weiterhin gefragt sind Kraftfahrzeuge und Elektronikartikel "made in Germany". Mercedes-Benz verzeichnete 2022 etwa einen Absatzrekord. Grundsätzlich wird für das Premiumsegment eine hohe Nachfrage erwartet, von der auch Anbieter wie Tesla und Maserati profitieren. Demgegenüber ist der Bedarf an Ausrüstungsgütern wie Maschinen und Anlagen, Elektrotechnik sowie optischen Instrumenten rückläufig. Jedoch werden diese Produkte überwiegend nicht in Hongkong für die Produktion eingesetzt, sondern re-exportiert. Daher liefert dieser Trend keine direkten Rückschlüsse auf den lokalen Absatzmarkt.

Bedeutung als Sourcing-Drehscheibe bleibt ungebrochen

Die Beschaffung von Waren aus China über Hongkong ist für deutsche Unternehmen von hoher Bedeutung. Fast alle großen deutschen Einzel- und Großhändler haben ihre zentralen Einkaufsbüros für Asien in der Metropole. Diese Niederlassungen betreuen unter anderem Sourcing, Qualitätskontrollen, Logistik sowie Compliance-Vorschriften, wie sie etwa aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz entstehen. Neben dem Einkauf von Produkten aus China werden über den Standort Hongkong zunehmend auch alternative Beschaffungsmärkte in Südostasien wie Vietnam und Thailand bearbeitet. 

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