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Wirtschaftsumfeld | Hongkong | Außenhandel

Hongkongs Handelshäuser haben immer noch volle Auftragsbücher

Der Außenhandel ließ 2021 das Vorkrisenniveau weit hinter sich. Das Geschäft dürfte 2022 zunächst lebhaft bleiben. Deutsche Investitionsgüter, Arzneimittel und Pkw sind gefragt.

Von Roland Rohde | Hongkong

Der Außenhandel der Sonderverwaltungsregion (SVR) boomte 2021. Die Im- und Exporte von Waren legten laut Angaben des lokalen Statistikamtes gegenüber dem Vorjahr um rund ein Viertel auf den Rekordwert von etwa 1,3 Billionen US-Dollar (US$) zu. So ein starkes Wachstum hatte es seit über drei Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Zum Jahreswechsel 2021/22 zeichnete sich allenfalls eine kleine Abschwächung des Aufwärtstrends ab.

Das hat vor allem eine Ursache: China, der mit Abstand größte Handelspartner, konnte Covid-19 rasch und erfolgreich unter Kontrolle bringen. Selbst als es ab dem Spätsommer 2021 zunehmend zu Störungen in der Transportkette kam, produzierten die Fabriken fleißig weiter. Im Gegensatz dazu gab es etwa in Indien oder Vietnam zeitweise erhebliche Fertigungsprobleme. Internationale Einkaufbüros platzierten daher noch mehr Aufträge als üblich in der Volksrepublik.

Große Einkaufsbüros sitzen in Hongkong

Davon profitierten die Handelshäuser in Hongkong, denn sie wickeln einen bedeutenden Teil der chinesischen Exporte ab. Zudem unterhalten fast alle größeren Einzelhandelskonzerne der Welt ein Einkaufsbüro in der ehemaligen britischen Kolonie. Von deutscher Seite sind unter anderem Aldi, Lidl, Metro, Tchibo oder Rewe vertreten. Zugleich versorgen die Handelsfirmen in Hongkong die Fabriken in China mit notwendigen Vorprodukten und Investitionsgütern.

Insgesamt gab es in Hongkong 2020 nach Angaben des halbstaatlichen Hong Kong Trade Development Council mehr als 100.000 Ex- und Importfirmen. Sie beschäftigten im September 2021 gemäß dem Statistikamt nahezu 400.000 Angestellte. Mehrheitlich handelt es sich um kleine Unternehmen. Es gibt aber auch Konzerne wie Li & Fung, die ein riesiges Netz von Lieferanten und Abnehmern steuern. Zudem verfügen Großkonzerne über eigene Fabriken in China beziehungsweise lassen dort im Auftrag produzieren. Auch Mittelständler haben teils erhebliche Fertigungskapazitäten auf dem Festland.

Die Außenhandelsbranche war 2021 wesentlich für Hongkongs wirtschaftlichen Wiederaufschwung nach dem Krisenjahr 2020 verantwortlich. Das Bruttoinlandsprodukt legte nach vorläufigen Angaben des Statistikamtes 2021 real um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Damit war die Steigerung noch ein Stück vom Vorkrisenniveau entfernt, das aufgrund der politischen Unruhen 2019 auf das Jahr 2018 fällt. Der Außenhandel lag aber bereits fast ein Fünftel darüber.

Beschaffung bei geschlossenen Grenzen schwierig

Trotz voller Auftragsbücher ist das Geschäft durch die seit Anfang 2020 für den Personenverkehr geschlossenen Grenzen schwierig. Einkäufer kommen nicht nach Hongkong; Messen finden nicht mehr statt. Des Weiteren mehren sich Probleme beim Warentransport. Zahlreiche Airlines haben zum Jahreswechsel 2021/22 Flüge gestrichen oder den Flugbetrieb komplett eingestellt, da die Quarantäneauflagen nicht mehr zu bewältigen waren. Auch im Zubringerschiffsverkehr kam es aus diesem Grund zu Störungen.

Der Außenhandel dürfte sich 2022 zunächst weiter positiv, wenn auch nicht mehr ganz so stürmisch entwickeln. Darauf weisen unter anderem die Auftragseingänge bei kleinen und mittleren Unternehmen hin. Die Erwartungen haben sich zum Jahresende 2021 zwar leicht abgeschwächt. Letztendlich bestehen aber in Europa und Nordamerika bei vielen Produkten immer noch eine Knappheit und Lieferverzögerungen. Zahlreiche Aufträge müssen daher noch abgearbeitet werden.

Nur ein kleiner Teil der Wareneinfuhren der SVR ist für den einheimischen Bedarf bestimmt. Die Nachfrage nach Kapitalgütern ist sehr niedrig, da es praktisch kein verarbeitendes Gewerbe gibt. Lediglich der Bausektor generiert einen gewissen Bedarf an Maschinen und Gebäudetechnik. Dieser dürfte langfristig betrachtet stark wachsen, da die Regierung ein riesiges Städtebauprogramm verfolgt.

Großteil des inländischen Bedarfs muss importiert werden

Da es keine inländische Produktion gibt, müssen nahezu alle Konsumgüter eingeführt werden. Somit ist die Importnachfrage wesentlich höher, als es die 7,4 Millionen große Bevölkerung vermuten lässt. Allerdings leidet das Geschäft darunter, dass seit zwei Jahren keine kaufkräftigen chinesischen Touristen mehr in die Metropole kommen. Sie tragen regulär etwa ein Drittel zum Einzelhandelsumsatz bei. In bestimmten Luxusgütersparten liegt die Quote wesentlich höher.

Deutsche Warenlieferungen in die SVR stiegen 2021 um circa 13 Prozent auf 6,8 Milliarden US$. Sie bestehen überwiegend aus Investitionsgütern wie Elektronik und Elektrotechnik, Maschinen und Anlagen sowie Mess- und Regeltechnik, die für Kunden auf dem chinesischen Festland bestimmt sind. Das Geschäft mit Maschinen gestaltet sich jedoch schwierig, da aufgrund der Grenzschließung keine Installationsteams einreisen können.

Hongkongs Einfuhren 2021 nach ausgewählten Ursprungsländern (in Milliarden US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

Volkswirtschaft

2021

Veränderung

China

292,9

24,1

Taiwan

95,8

37,0

Südkorea

52,2

37,4

Japan

36,6

16,2

USA

24,6

14,8

Frankreich

9,2

10,1

Vereinigtes Königreich

9,0

-0,3

Schweiz

7,9

23,3

Italien

7,7

15,8

Deutschland

6,8

12,9

Quelle: Statistikamt Hongkong, 2022

Deutsche Ausfuhren von Konsumgütern nach Hongkong bedienen vor allem den einheimischen Bedarf. Deutsche Pkw sind in der ehemaligen britischen Kolonie sehr begehrt und dominieren das Premiumsegment. Allerdings ist auch diese Sparte wegen des Halbleitermangels von Lieferverzögerungen betroffen. Des Weiteren sind Nahrungsmittel gefragt, vor allem Fleisch "Made in Germany". Wein aus deutschen Anbaugebieten fristet hingegen ein Nischendasein.

Krankenhäuser der Metropole kaufen im größeren Umfang Arzneimittel und Medizintechnik aus Deutschland. Sie legen bei der Beschaffung großen Wert auf Qualität und Sicherheit. "Made in Germany" genießt in Hongkong einen außerordentlich guten Ruf. Das Herkunftszertifikat steht für Technikorientierung und Zuverlässigkeit sowie bei Kosmetik und Waschmitteln für Natürlichkeit. Im Luxusgütersegment haben deutsche Anbieter hingegen kaum Chancen gegen Edelmarken aus Frankreich oder Italien.

Hongkongs Einfuhren aus Deutschland (in Millionen US$; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

Warengruppe

SITC-Position

2020

2021

Veränderung

Elektronik

75, 76, 776

835

1.154

38,2

Maschinen und Anlagen

71 bis 74

1.005

979

-2,6

Elektrotechnik

77 minus 776

708

832

17,5

Optische Instrumente, Optoelektronik, Mess- und Regeltechnik

871, 873, 874

477

471

-1,3

Nahrungsmittel und Getränke

0, 1

374

449

20,2

Arzneimittel

54

411

397

-3,2

Pkw

781.2

318

375

17,9

Medizintechnik*

741.83, 774, 785.31, 872, 899.6

224

184

-17,9

Waschmittel/Kosmetika

55

114

115

1,5

*) einschließlich Sterilisierungsapparate für medizinische Zwecke, Rollstühle, Prothesen, Zahntechnik, Herzschrittmacher, Hörgeräte, etc.Quelle: Statistikamt Hongkong, 2022

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