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Branche kompakt | Indien | Pharma, Biotechnologie

Lokale Branchenstruktur

Pharmaunternehmen erhalten Mittelzuflüsse nicht nur aus Warenverkäufen. Trotzdem sind die Forschungsausgaben gering, allerdings gibt es vereinzelt forschungsstarke Cluster. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Laut staatlicher Agentur Invest India gibt es rund 3.000 Pharmaunternehmen mit mehr als 10.500 Produktionsstätten. Das 2023 veröffentlichte Annual Survey of Industries beziffert die Anzahl der Fabriken in der Kategorie Pharma, medizinische Chemie und pflanzliche Produkte für 2022 auf 5.228. 

Das Beratungsunternehmen KPMG schätzte 2022, dass es in Indien mehr als 24.000 registrierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Fokus auf die Pharmabranche gibt. Die Analysten gehen davon aus, dass diese KMU für 30 bis 40 Prozent der gesamten Produktion stehen und 70 Prozent der Inlandsnachfrage bedienen. Darüber hinaus nehmen die großen und börsennotierten Firmen eine wichtige Rolle ein. Sie verfügen oft über ausreichend finanzielle Mittel für moderne Produktions- und Forschungseinrichtungen. Zu diesen Firmen gehören beispielsweise Sun Pharmaceuticals Industries und Dr. Reddys Laboratories. Sie erwirtschaften Milliardenumsätze. Neben den börsennotierten Unternehmen gibt es allerdings auch andere Branchenriesen, wie zum Beispiel das in Pune ansässige Serum Institut of India. Es gilt als mengenmäßig größter Impfstoffhersteller der Welt.

Führende Pharmaunternehmen in Indien (Umsatz in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)*)

Unternehmen

Umsatz (2022/2023)*)

Veränderung 

Sun Pharmaceuticals Industries

2.442

30,8

Dr Reddys Laboratories

1.961

13,9

Cipla

1.747

13,2

Aurobindo Pharma

1.517

12,1

Lupin

1.329

-1,9

Alkem Laboratories

1.089

2,5

Zydus Lifesciences

1.013

11,0

Mankind Pharma

978

8,6

Glenmark Pharmaceuticals

965

0,0

Torrent Pharmaceuticals

926

14,1

* durchschnittlicher Wechselkurs laut Bundesbank für Januar 2024: 1 US$ = 82,12 indische Rupien; Finanzjahr vom 1. April bis 31. März.Quelle: Moneycontrol 2024

Cluster insbesondere im Süden und Westen

Branchenkenner weisen darauf hin, dass der Begriff Cluster sehr lose verwendet wird. Meist reicht eine lokale Häufung von Life Science Unternehmen, um einem Gebiet diesen Stempel aufzudrücken. Forschungsstarke Cluster, die aktiv geplant und betrieben werden, sind die Ausnahme. Dazu zählt beispielsweise das auf Pharma und Biotechnologie ausgerichtete Genom Valley nahe Hyderabad. Allgemein sind Cluster eher im Westen und Süden Indiens zu finden, allerdings gibt es auch in Nordindien einige davon. Angaben zur Anzahl variieren und liegen meist zwischen 60 bis 100.  

Verschreibungspflichtige Medikamente dominieren

Zu den wichtigsten Arzneimittelgruppen die verkauft werden zählen Antiinfektiva, Herzmittel sowie Mittel für Beschwerden im Bereich Magen/Darm und Verdauung.  

Umsätze und Marktanteile wichtiger Arzneigruppen in Indien 2021/2022 (in Milliarden US-Dollar, Anteile in Prozent)
Arzneigruppe

Umsatz

Marktanteil

Marktanteile Großunternehmen
Antiinfektiva 

2,9

14

89

Herzmittel

2,6

13

85

Magen-Darm / Verdauung (gastrointestinal)

2,4

12

76

Antidiabetika

1,9

9

79

Nucleus ventromedialis des Hypothalamus (VMN)

1,8

9

59

Atemwege

1,6

8

82

Schmerzmittel

1,4

7

68

Hauterkrankungen

1,3

6

66

Sonstige

4,4

22

k.A.

Gesamt

20,3

100

77

Finanzjahr vom 1. April bis 31. März; durchschnittlicher Wechselkurs laut Bundesbank für Januar 2024: 1 US-Dollar = 83,12 indische Rupien.Quelle: Department of Pharmaceuticals 2023

Analysten gehen davon aus, dass Verschreibungspflichtige Medikamenten (Rx) klar gegenüber Over the Counter Produkten (OTC) dominieren. Meist wird ein Verhältnis von etwa 80 zu 20 Prozent genannt. Bei den Rx-Medikamenten handelt es sich überwiegend um Generika. 

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass es in Indien ohne weiteres möglich ist, auch ohne Rezept an verschreibungspflichtige Medikamente zu gelangen. Diese sind damit oft genauso zugänglich, wie OTC-Produkte. Bei letztgenannten dominieren Vitaminpräparate und Erkältungsmittel.

  

Importe spielen eine untergeordnete Rolle. So wurden 2022 lediglich Arzneiwaren im Umfang von rund 5 Milliarden US$ eingeführt. Der Anteil der Importe aus Deutschland beträgt etwa 4,7 Prozent und lag absolut bei 234,3 Millionen US$ (SITC 54).

Investitionen und Mittelzuflüsse versprechen Wachstum

Eine wachsende Inlandsnachfrage und verbesserte Stimmung im Export stützen Investitionen. Neben lokalen Firmen wie beispielsweise Aaragen Life Science befinden sich auch multinationale Konzerne wie Procter & Gamble, die Investitionen anvisiert haben. Zudem nimmt der öffentliche Sektor Geld in die Hand. So möchte der Bundesstaat Uttar Pradesh einen Pharmapark für Hersteller von Massenarzneiwaren (Bulk Drugs) errichten. Sollte das vorhaben wie geplant umgesetzt werden, dann dürfte es weitere Investitionen von Branchenunternehmen nach sich ziehen. 

Ausgewählte Investitionsprojekte der pharmazeutischen Industrie in Indien (in Millionen US-Dollar)
ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen
Errichtung eines Bulk Drug Parks in Uttar Pradesh

1.323

Absichtserklärungen unterzeichnetDas Projekt soll in der Region Bundelkhand realisiert werden. 
Errichtung eines Produktionsstandortes durch Procter & Gamble

244

AngekündigtDie Investition soll am Standort Sanand in Gujarat erfolgen. Geplant ist die Herstellung von Produkten zur Verdauungsförderung und mit Fokus auf Export.
Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktion durch Aragen Life Sciences

241

AngekündigtDie Investition soll am Standort Mallapur in Telangana erfolgen. 
Errichtung eines Produktionsstandortes für Bio Manufacturing durch Aragen Life Sciences

30

AngekündigtDie Investition soll am Standort Bengaluru erfolgen.
Errichtung eines Produktionsstandortes durch Keystonemab

24

Absichtserklärungen unterzeichnetDie Investitionen soll in der Sonderwirtschaftszone Mihan in Maharashtra entstehen. Geplant ist die Herstellung von Medikamenten gegen Krebs und Herzerkrankungen.  
Sofern umgerechnet, dann nach durchschnittlichem monatlichen Wechselkurs für Januar 2024 laut Bundesbank: 1 US$ = 83,12 indische Rupien.Quelle: Eigene Recherchen Germany Trade and Invest 2024

Geld für Investitionen erhalten Unternehmen unter anderem aus Börsengängen. Das Beratungsunternehmen Grant Thornton meldete Anfang 2024, dass es im Jahr 2023 insgesamt 57 Börsengänge in Indien gab. Darunter war Mankind Pharma aus Delhi einer der größten Börsengänge der vergangenen Jahre. Dadurch wurden rund 520 Millionen US$ erlöst. 

Übernahmen (Mergers & Aquisitions, M&A) und Zuflüsse durch privates Beteiligungskapital (Private Equity) sind für die Branche ebenfalls bedeutsam. Grant Thornton zufolge gab es 2023 im Bereich Pharma, Health Care und Biotech 58 M&A-Transaktion mit einem Wert von 3,1 Milliarden US$. Die meisten dieser Abschlüsse notierten die Experten für dem Bereich aktive pharmazeutischer Wirkstoffe (Active Pharmaceutical Ingredient, API) und Digital Health. Insgesamt größter Posten in diesem Unterbereich war die Übernahme von 75 Prozent der Unternehmensanteile des API-Produzenten Glenmark Life Sciences für 689 Millionen US$ durch die Unternehmensgruppe Nirma. 

Zudem gehen die Analysten von 38 Private Equity Transaktionen im Wert von zusammen 5,1 Milliarden US$ aus. Die größte Transaktion dieser Art war die fünfzigprozentige Beteiligung des Investors Advent International am Auftragsforschungsunternehmen Suven Life Sciences für 770 Millionen US$. Das Unternehmen bietet Auftragsforschung und verwandte Dienstleistungen für Pharmafirmen an. Grant Thornton geht davon aus, dass 2024 im Bereich der Gesundheitswirtschaft noch mehr Transaktion als 2023 erfolgen werden.

Ausländische Direktinvestitionen weiter hoch

Nach bereits hohen Werten für ausländische Direktinvestitionen infolge der Coronapandemie konnte Indien für das Finanzjahr 2022/2023 mit 2,1 Milliarden US$ erneut einen gestiegenen Mittelzufluss melden. Für das laufende Finanzjahr seht dieser im Zeitraum von April bis September 2023 bei 117 Millionen US$. 

Die Forschungsausgaben sind gering

Im internationalen Vergleich geben die Pharmafirmen wenig Geld für Forschung und Entwicklung (F&E) aus. Meist werden Werte für die Branche zwischen 7 und 10 Prozent genannt. Der Branchenriese Sun Pharmaceuticals Industries gibt für das Finanzjahr 2023/2024 beispielsweise das Ziel aus, zwischen 7 und 8 Prozent seines Umsatzes für F&E aufzuwenden. Im vorherigen Finanzjahr erreichte das Unternehmen eine Quote von 5,5 Prozent was Ausgaben von circa 292 Millionen US$ entsprach.  

Steuerliche Vergünstigungen für die Forschung sind durch den Income Tax Act von 1961 geregelt. Für die Bereiche Pharma und Biotechnologie ist insbesondere Section 35AB davon relevant. Demzufolge verringert sich die Einkommenssteuer um 100 Prozent der Forschungsausgaben. 

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