Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Indien | Personennahverkehr

Nachhaltige Mobilitätskonzepte sind gefragt

Indiens öffentlicher Nahverkehr wird grüner. Die Zahl der Städte mit Metronetz wächst und auf den Straßen sind immer mehr Busse, Taxis und Rikschas elektrisch unterwegs.

Von Boris Alex | New Delhi

Indiens Großstädte setzen im Transportsektor verstärkt auf nachhaltige Konzepte. Im Mittelpunkt stehen der Nah- und Regionalverkehr auf der Schiene sowie Lösungen für die emissionsfreie Beförderung auf der letzten Meile durch Elektrobusse, -taxis und -rikschas. In vielen Metropolen gibt es inzwischen Sharing-Dienste für elektronische Fahrräder und Roller. Das Potenzial für grüne Mobilität im öffentlichen Personennahverkehr auf dem Subkontinent ist riesig, zumal immer mehr Menschen in die Städte ziehen und die Kapazitäten für den Individualverkehr geringer werden. Die Regierung will die grüne Mobilität stärker fördern  und setzt dabei auf internationale Kooperationen, auch mit Deutschland.

Indien hat sich beim Ausbau der Metronetze ambitionierte Ziele gesetzt. Derzeit gibt es in 18 Städten U-Bahn- und Schnellbahnstrecken (Mass Rapid Transit, MRT, und Light Rail Transit, LRT) mit einer Gesamtlänge von rund 800 Kilometern. Ende 2022 befanden sich weitere 1.000 Kilometer an neuer Trasse im Bau oder hatten das Genehmigungsverfahren durchlaufen. Bis Ende 2025 dürften in 27 indischen Städten MRT- und LRT-Strecken mit rund 1.700 Kilometern im Betrieb sein. Bis 2030 sollen dann 50 Städte über ein Metronetz verfügen, so die Pläne der Regierung. Bis zum Jahr 2047 könnten 100 Ballungsräume derartig vernetzt sein. Der Ausbau des öffentlichen Schienennahverkehrs ist ein wichtiger Mosaikstein in Indiens Ziel, bis 2070 klimaneutral zu sein.

Projekte in Milliardenhöhe sind in der Pipeline

Der Investitionen für die im Bau befindlichen Metrostrecken belaufen sich auf knapp 42 Milliarden US-Dollar (US$), so eine Analyse des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG. Für die bereits genehmigten Projekte werde fast noch einmal die gleiche Summe benötigt, schätzt KPMG. Die Zentralregierung fördert den Ausbau des städtischen Schienennahverkehrs im Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) mit rund 3 Milliarden US$, knapp 2 Prozent mehr als in der Vorperiode. Die Regierung hat angekündigt, ihre Mittel für den Schienennahverkehr in der Haushaltsperiode 2023/2024 weiter zu erhöhen.

Voraussetzung für eine Förderung mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt ist, dass die MRT- und LRT-Projekte im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft realisiert werden. In der Regel beteiligen sich auch internationale Förderbanken an den Vorhaben. Die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau beteiligt sich finanziell an Metroprojekten unter anderem in Mumbai, Nagpur und Surat. Im Rahmen der 2019 geschlossenen "Green Urban Mobility Partnership" unterstützt Deutschland indische Projekte im Bereich nachhaltige Mobilitätsentwicklung mit insgesamt 1 Milliarde Euro.

Erweiterung der Metronetze kommt voran

Zu den wichtigsten Vorhaben zählt die nächste Ausbaustufe von Indiens größtem Metronetz in der Hauptstadtregion Delhi. Der Investitionsbedarf für die beiden zusammen 44 Kilometer langen Linien beläuft sich auf 1,5 Milliarden US$. Das Streckennetz wird nach der geplanten Fertigstellung 2025 eine Länge von fast 400 Kilometern haben.

In der südindischen Metropole Chennai befinden sich Teilstücke der zweiten Ausbauphase im Bau. Bis 2026 soll das Netz um 119 Kilometer auf dann 175 Kilometer erweitert werden. Die Kosten hierfür beziffert der Betreiber Chennai Metro Rail Limited auf 7,7 Milliarden US$. Die Verlängerung von drei bestehenden Trassen um insgesamt 93 Kilometer befindet sich in der Planungsphase.

Elektrobusse sind in Großstädten auf dem Vormarsch

Busse sind nach wie vor in den meisten Städten die wichtigsten Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr. Die Feinstaubbelastung in den Ballungszentren ist enorm - 2021 lagen laut einer IQAir-Studie 35 der 50 Städte mit der größten Luftverschmutzung in Indien. Daher sollen Busse mit Verbrennungsmotoren durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden.

Die indische Regierung will bis 2027 landesweit 50.000 E-Busse auf die Straße bringen. Ende 2022 gab es schätzungsweise erst 3.000 Stück. Die Kosten für den Ausbau der Elektrobusflotte werden auf insgesamt 12 Milliarden US$ geschätzt. Im Rahmen ihres Förderprogramms für Elektromobilität "FAME Phase II" unterstützt die Zentralregierung die Anschaffung von 7.000 E-Bussen mit 430 Millionen US$.

Die Regionalverwaltung der Hauptstadt New Delhi will ihre Busflotte bis 2025 zu 80 Prozent und bis 2030 zu 100 Prozent elektrifizieren. Zurzeit fahren nur 250 der insgesamt 7.150 Busse mit Strom. Bis Ende 2023 sollen weitere 1.500 Einheiten hinzukommen. Die Fahrzeuge werden vom indischen Autokonzern Tata Motors geliefert.

Die Regierung der südindischen IT-Metropole Bengaluru hat im Dezember 2022 ebenfalls einen Vertrag mit Tata Motors über die Lieferung und Wartung von 921 Niederflurelektrobussen geschlossen. Das Unternehmen will zudem in den nächsten fünf Jahren 250 Ladestationen für E-Busse in indischen Städten installieren.

Immer mehr Rikschas und Taxis fahren mit Strom

Taxis und Rikschas sind wichtige Bausteine des öffentlichen Personennahverkehrs in indischen Städten. Und auch hier geht der Trend hin zur Elektrifizierung, vor allem bei den Dreirädern. Im Jahr 2022 hatte bereits jede zweite der 633.000 neu zugelassenen Rikschas einen Batterieantrieb. 2020 lag der Anteil noch bei 24 Prozent. Ridesharing-Dienste wie Uber und das lokale Pendant Ola dominieren in den indischen Großstädten inzwischen das Taxigeschäft. Der ebenfalls indische Anbieter BluSmart setzt dabei ausschließlich auf Elektrofahrzeuge. Ende 2022 hatte das Start-up rund 3.000 Fahrzeuge im Bestand. Bis Ende 2024 soll die Flotte auf bis zu 50.000 Elektro-Pkw ausgebaut werden.

Gleichzeitig investiert BluSmart in die Ladeinfrastruktur. In den kommenden zwei Jahren will das Unternehmen indienweit 8.000 Stationen einrichten. Das Ladenetz dürfte in den nächsten Jahren dichter werden. Tata Power hat angekündigt, in den nächsten fünf Jahren 25.000 Ladestationen zu installieren, Ende 2022 waren es 4.000 Stück. Der Energiekonzern Shell will bis 2030 in ganz Indien 10.000 Ladepunkte einrichten.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.