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Branchen | Indien | Elektromobilität

Elektrische Zweiräder werden immer beliebter

Die Nachfrage nach elektrischen Zweirädern steigt, begünstigt durch das Angebot und staatliche Förderung. Trotz Problemen in jüngster Vergangenheit sind die Absatzaussichten gut.

Von Florian Wenke | Mumbai

Die Kraftfahrzeugbranche ist von großer Bedeutung für Indiens Industrie. Als Absatzmarkt und Fertigungsstandort wird der Subkontinent immer wichtiger. Blickt man dabei auf das Volumen, sind Zweiräder maßgeblich. Im Rekordfinanzjahr 2018/2019 (1. April bis 31. März) wurden 24,5 Millionen davon in Indien gefertigt und 21,2 Millionen auf dem heimischen Markt verkauft. Zwar hat die Coronapandemie auch hier Spuren hinterlassen, allerdings zeigt der Trend bei Produktion und Verkauf im laufenden Finanzjahr 2022/2023 wieder nach oben. Vielfach sind Roller und Motorräder der Einstieg in die Individualmobilität auf dem Subkontinent. In diesem Segment entwickelt sich die Mobilitätswende nun besonders rasant.

Hohes Wachstum bei den Zulassungszahlen

Immer mehr der in Indien verkauften Zweiräder werden mit Strom angetrieben. Die regierungsnahe Denkfabrik Niti Aayog hat im Juni 2022 eine Studie zu diesem Thema veröffentlicht. In einem optimistischen Szenario für die Marktentwicklung gehen die Fachleute davon aus, dass alle nach 2027 neu zugelassenen Zweiräder elektrisch sein könnten. Das Marktforschungsunternehmen CRISIL schätzt hingegen konservativer. Die Analysten prognostizieren, dass bis 2026 zwischen 25 und 30 Prozent der verkauften Roller und Motorräder akkubetrieben sein werden. Beide Szenarien bestätigen aber, dass der Anteil an Stromern zukünftig weiter wachsen dürfte.

Die amtlichen Zulassungszahlen belegen die Dynamik des Marktes. Besonders seit 2020/2021 sind sie sprunghaft angestiegen. Damals wurden über 41.000 Zulassungen verzeichnet, ein Plus von mehr als 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Finanzjahr 2021/2022 waren es bereits circa 231.400 Zulassungen. Das entspricht einem Wachstum von 464 Prozent. Für 2022/2023 zeichnet sich ein neuer Rekord ab. So meldet das nationale Zulassungsportal Vahan vom 1. April bis zum 16. September 2022 bereits fast 247.000 neu zugelassene E-Zweiräder - bereits mehr als im gesamten vergangenen Finanzjahr.

Förderung für Kauf von elektrischen Fahrzeugen

Subventionen sind ein wichtiger Grund für steigende Verkaufszahlen. Dem 2019 eingeführten Förderprogramm FAME Phase II kommt hierbei besonders große Bedeutung zu. Der Name steht für "Faster Adoption and Manufacturing of Electric Vehicles" und das Programm ist Teil der "National Mission on Electric Mobility". Das Subventionsvolumen liegt bei umgerechnet 1,3 Milliarden US-Dollar (US$; Kurs laut Federal Reserve Bank vom 16. September 2022: 1 US$ = 79,66 indische Rupien). Die staatliche Unterstützungsleistung gilt für alle elektrischen Fahrzeuge - von Autos über Busse bis hin zu Rikschas. Besonders häufig wird sie beim Kauf von E-Zweirädern in Anspruch genommen. Die Förderung für diese Fahrzeugkategorie wurde 2021 sogar erhöht, auf 188 US$ pro Kilowattstunde – maximal jedoch 40 Prozent des Kaufpreises. Ursprünglich sollte die Subvention nur bis 2022 gelten, allerdings verlängerte die Regierung den Förderzeitraum bis zum 31. März 2024.

Zusätzlich zur Zentralregierung helfen einzelne Bundesstaaten. Dazu zählen zum Beispiel Gujarat, Maharashtra und Westbengalen. Die Bundesstaaten unterstützen Käufer elektrischer Zweiräder mit Summen von 31 US$ bis 126 US$ pro Kilowattstunde. Allerdings ist die Maximalförderung auch hier gedeckelt - je nach Bundesstaat zwischen 63 US$ und 377 US$. Zusätzlich zu den direkten Zahlungen gibt es Steuervergünstigungen bei der Neuanschaffung. Vielfach entfällt die sonst beim Kauf anfallende Steuer für den Erhalt der Straßeninfrastruktur (Road Tax).

Zahlreiche Anbieter sind am Markt aktiv

Das Geschäft mit den elektrischen Zweirädern zieht nicht nur traditionelle Hersteller wie Hero oder Bajaj an. So fertigt zum Beispiel Ola eigene E-Roller im Bundesstaat Tamil Nadu. Bekannt ist das Unternehmen eigentlich als Mobilitätsdienstleister und indisches Pendant zu Uber.

Zulassungszahlen und Marktanteile wichtigster Hersteller von elektrischen Zweirädern in Indien (Anteile in Prozent)

Hersteller

 Zulassungen 2021/2022

Marktanteile 2021/2022

 Zulassungen 2022/2023 *)

Marktanteile 2022/2023 *)

Hero Electric Vehicles

65.307

28,2

39.460

16,0

Okinawa Autotech

46.446

20,1

48.354

19,6

Ampere Vehicles

24.651

10,7

34.843

14,1

Ather Energy

19.980

8,6

19.107

7,7

Pur Energy

14.866

6,4

6.649

2,7

Ola Electric Technologies 

14.393

6,2

38.443

15,6

TVS Motor Company

9.464

4,1

10.914

4,4

Revolt Intellicorp

7.625

3,3

9.596

3,9

Benling India Energy And Technology

7.085

3,1

5.333

2,2

Bajaj Auto

7.022

3,0

10.914

4,4

Finanzjahr jeweils vom 1. April bis 31. März; *) Daten vom 1. April 2022 bis 16. September 2022Quelle: Vahan Portal, Ministry of Road Transport & Highways 2022

Produktionskapazitäten sollen wachsen

Weil die Hersteller das Segment als Wachstumsmarkt betrachten, bauen sie ihre Kapazitäten aus. Die Fachpublikation "Economic Times Auto" hat bereits im Januar 2022 die damals vorliegenden Meldungen zu geplanten Produktionsausweitungen analysiert. Das Ergebnis waren angekündigte Herstellungskapazitäten von 30 Millionen Einheiten im Jahr 2026. Experten von CRISIL mahnen jedoch, dass Ankündigungen sich nicht immer materialisieren und eine entsprechende Nachfrage vorhanden sein muss. Der derzeitige Trend bei den Absatzzahlen ist dennoch vielversprechend.

Gesetzgeber und Verwaltung reagieren auf Qualitätsprobleme

Unter dem starken Wachstum der Branche scheint teilweise die Qualität der Produkte gelitten zu haben. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Meldungen von Elektrorollern, die in Flammen aufgegangen waren. Die Vorfälle wurden ausgiebig in den indischen Medien diskutiert. Experten führen die Brände auf mangelnde Standards und unzureichende Tests der Fahrzeugbatterien zurück. Diese waren nicht ausreichend an das extreme indische Klima angepasst.

Der Gesetzgeber und die Verwaltung haben auf die Vorfälle reagiert. Das "Ministry of Road Transport and Highways" erweiterte die "Central Motor Vehicles Rules" von 1989 um neue Vorgaben zu Tests und Sicherheitsmechanismen rund um Akkus sowie Lade- und Batteriemanagementsysteme. Das Bureau of Indian Standards (vergleichbar mit dem Deutschen Institut für Normung) hat ebenfalls neue Testvorgaben für Batterien entwickelt. Die Akkus müssen sich nun unter Realbedingungen beweisen, bevor sie für den Markt zugelassen werden. 

Das Wachstum der Branche wurde ohnehin nicht nachhaltig gebremst. Einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte von 2022 zufolge, bevorzugen mehr als ein Drittel der indischen Konsumenten bei der Anschaffung ihres nächsten Fahrzeugs einen Stromer. Die Mehrzahl der Verbraucher dürfte sich dabei für ein elektrisches Zweirad entscheiden.

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