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Indiens Start-ups sammeln mehr Geld ein

Die Mittelzuflüsse für Start-ups nehmen zu und der Aktienmarkt bietet eine attraktive Option zur Geldbeschaffung. Unternehmen sind von den Standortfaktoren überzeugt. 

Von Florian Wenke | Mumbai

In Indien gab es Ende Juni 2024 laut Regierungsangaben insgesamt 140.800 Start-ups. Zwar legt das Department for Promotion of Industry and Internal Trade großzügige Kriterien für diese Bezeichnung an. Dennoch ist die Menge Ausdruck des Gründergeistes der indischen Menschen. Alleine im 1. Halbjahr 2024 kamen 28.085 Unternehmen neu dazu. Unter Experten gilt das indische Start-up-Ökosystem als gut entwickelt, mittlerweile ist es das drittgrößte weltweit. 

Die Investitionen steigen wieder

Seit Februar 2023 liegt der Leitzins bei 6,5 Prozent. Hohe Zinsen nahmen bisher vielen Geldanlegern die Lust auf vergleichsweise risikobehaftete Investitionen in Start-ups. Obwohl die indische Zentralbank wohl erst 2025 mit einen Zinssenkungszyklus beginnen wird, ist bei den Mittelzuflüssen für Start-ups schon jetzt eine Trendwende zu beobachten. Für die ersten drei Quartale 2024 meldet die auf Technologie spezialisierte Informationsplattform Inc42 Mittelzuflüsse in Höhe von 8,7 Milliarden US-Dollar (US$). Das sind 21 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die finanziellen Mittel verteilen sich auf 766 Transaktionen, die durchschnittliche Transaktionsgröße liegt bei rund 3 Millionen US$. 

Das 3. Quartal 2024 brachte mit 3,4 Milliarden US$ den höchsten Mittelzufluss seit dem 2. Quartal 2022. Auch die zehn Transkationen mit einem Wert von mehr als 100 Millionen US$ stellten im 3. Quartal 2024 den höchsten Wert seit damals dar. Trotz des anziehenden Mittelzuflusses wird das Thema Profitabilität für Start-ups und Investoren auch 2025 zentral bleiben. 

Einer der Bereiche, die besonders im Interesse der Investoren stehen, ist der Onlinehandel. Insbesondere der "Quick Commerce" liegt im Trend. Aufgrund geringer Lohnkosten, zahlreich zur Verfügung stehender Arbeitskräfte und einer auf Dienstleistung ausgerichteten Gesellschaft boomt das Geschäft mit der schnellen Lieferung von Lebensmitteln und anderen Konsumgütern. Start-ups wie Zepto treiben die Entwicklung voran. Außerdem erhalten die Bereiche FinTech, EnterpriseTech sowie HealthTech derzeit starken Mittelzufluss. 

Experten sehen weitere Wachstumsthemen: "Es ist anzunehmen, dass der Bereich Sustainability auch 2025 weiter an Bedeutung gewinnt und damit auch Start-ups mit Lösungen im Bereich der erneuerbaren Energien, der Abfallwirtschaft und im ClimateTech. Zudem erhalten die Bereiche der normalen und generativen KI, Elektromobilität, Robotik, Halbleiter und SpaceTech gerade viel Aufmerksamkeit und das wird auch 2025 anhalten", so Julian Zix, Leiter des German Indian Startup Exchange Program (GINSEP).

Start-ups gehen neue Wege bei der Geldbeschaffung

Traditionell finanzieren sich Start-ups in Indien durch Eigenkapitalfinanzierung, also dem Verkauf von Unternehmensanteilen an Investoren. Mittlerweile ist auch eine Entwicklung hin zur Finanzierung über Börsengänge zu beobachten. Insbesondere etabliertere Start-ups sammeln so oft spektakuläre Summen. Im November 2024 ging beispielsweise die Lieferplattform Swiggy diesen Weg und erlöste laut Branchenmeldungen rund 1,3 Milliarden US$ an frischem Kapital.

Immer wichtiger wird zudem die Schulden- beziehungsweise Kreditfinanzierung. Während im 1. Halbjahr 2023 erst 5 Prozent der gesamten Finanzierung dergestalt erfolgte, waren es im 1. Halbjahr 2024 bereits 11 Prozent. Experten begrüßen diese Entwicklung, denn traditionelle Geldgeber wie Banken durchleuchten die Unternehmen vor der Kreditvergaben sehr genau und sorgen damit dafür, dass sich die Start-ups um eine professionelle (Finanz-)Verwaltung und entsprechende Managementstrukturen bemühen.  

Es gibt mehr indische als deutsche Einhörner

Die Entwicklung der Mittelzuflüsse spiegelt sich in der Anzahl der Einhörner (englisch: Unicorns) wider. Aus Indien kommt eine Reihe dieser Start-ups, die mit mehr als 1 Milliarde US$ bewertet werden. Der Brancheninformationsdienst Tracxn gab die Anzahl der indischen Einhörner Ende November 2024 mit 117 an. 

Nach nur zwei neuen Einhörnern im Jahr 2023 erreichten bis Ende November 2024 sechs neue Unternehmen den prestigeträchtigen Status. Zum Vergleich: Deutschland brachte laut Tracxn bis November 2024 insgesamt 46 Einhörner hervor, davon eins im Jahr 2024.

Das Herz der Szene liegt in Bengaluru 

Die meisten Einhörner sitzen in und um Bengaluru im südindischen Bundesstaat Karnataka. Auch sonst ist die Stadt der Hot-Spot der Gründerszene. Weitere wichtige Cluster für Start-ups befinden sich in der Hauptstadtregion um New Delhi sowie in Mumbai und Pune. Zudem sind Chennai und Hyderabad wichtige Zentren der Szene. 

Zunehmend zieht es junge Unternehmer auch in die mittelgroßen Städte. "Lokale Start-up-Ökosysteme in Tier 2- und Tier 3-Städten nehmen immer mehr an Bedeutung zu, aufgrund von geringeren Lohnkosten, der oft besseren Verfügbarkeit von Fachkräften sowie der allgemeinen Lebensqualität dort", so Zix. 

Gute Voraussetzungen für Start-ups 

Branchenvertreter geben in Gesprächen oft zu verstehen, dass sie ihre unternehmerische Zukunft überwiegend in Indien sehen. Für den Subkontinent als Standort sprechen das Reservoir an IT-Fachkräften und die große Offenheit gegenüber neuen Technologien. Hinzu kommt der riesige Binnenmarkt. Dieser ist gleichzeitig jedoch auch ein Grund für den eher geringen Internationalisierungsgrad der indischen Start-up-Szene. 

Staat hilft mit Förderungen

Eine Reihe von Maßnahmen der indischen Zentralregierung soll helfen, das Start-up-Ökosystem zu stärken. Dazu zählen beispielsweise finanzielle Unterstützungsleistungen in der Gründungsphase, Kreditgarantien, Steuervergünstigungen und beschleunigte Verfahren zum Schutz von Patenten und geistigem Eigentum. Weiterhin möchte die Regierung in New Delhi bei Ausschreibungen verstärkt auf die Produkte und Dienstleistungen lokaler Start-ups zurückgreifen. Zusätzlich unterstützen Regierungsangaben zufolge 31 Bundesstaaten und Unionsterritorien Start-ups mit eigenen Strategien.

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