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Iran setzt verstärkt auf Meerwasserentsalzung
Angesichts der sich verschärfenden Wasserknappheit sieht sich Iran gezwungen, die bislang unbedeutende Meerwasserentsalzung zu forcieren. Private Investoren werden gesucht.
18.08.2022
Von Robert Espey | Dubai
In Iran ist eine ausreichende Wasserversorgung nicht mehr gesichert. Angesichts der teilweise heftigen Proteste der Bevölkerung gegen die Rationierung oder Unterbrechung der Wasserversorgung sieht sich die Regierung herausgefordert. Neben den privaten Haushalten sind auch die Landwirtschaft und wichtige Industriezweige vom Wassermangel betroffen.
Gründe für die zunehmende Wasserknappheit sind vor allem der stark gestiegene Wasserbedarf infolge hohen Bevölkerungswachstums sowie der Ausweitung der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion. In vielen Regionen hat der Bau immer tieferer Brunnen den Grundwasserspiegel auf ein kritisches Niveau absinken lassen. Zudem führt der seit langem anhaltende Trend rückläufiger Niederschläge zu geringeren Grundwasserzuläufen und vermindert das verfügbare Oberflächenwasseraufkommen. Hier macht sich der Klimawandel deutlich bemerkbar.
Meerwasserentsalzung soll ausgeweitet werden
Zur Milderung der Wasserkrise soll nun der Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen beschleunigt vorangetrieben werden. Die Kapazitäten der Entsalzungsanlagen haben sich zwar schon in den letzten Jahren erhöht, aber der Beitrag der Meerwasserentsalzung zur Wasserversorgung ist weiterhin gering.
Nach Angaben der zum Energieministerium gehörenden National Water and Wastewater Engineering Company (NWWEC) produzieren derzeit in Iran 75 Meerwasserentsalzungsanlagen mit einer Leistung von insgesamt 440.000 Kubikmeter/Tag. Hier sind allerdings die von einzelnen Industrieunternehmen für den eigenen Produktionsprozess betriebenen Anlagen nicht berücksichtigt.
Die an der Golfküste liegende Provinz Hormuzgan hat den größten Anteil an den installierten Kapazitäten. Nach Angaben des Chefs der Hormuzgan Water and Wastewater Company, Amin Qasemi, arbeiten in der Provinz derzeit 40 Entsalzungsanlagen mit einer Leistung von 232.000 Kubikmeter/Tag. Eine weitere Anlage mit 43.000 Kubikmeter/Tag soll im November 2022 die Produktion aufnehmen. In Hormuzgan decken Meerwasserentsalzungsanlagen mittlerweile mehr als ein Viertel des Trinkwasserbedarfs. Der wichtigste Wasserlieferant der Provinzhauptstadt Bandar Abbas ist der Estequal Minab Staudamm. |
Insgesamt 20 Projekte mit einer Gesamtkapazität von 194.000 Kubikmeter/Tag befinden sich in der Bauphase. Die Regierungsplanung sieht die Fertigstellung neuer Anlagen mit einer Leistung von mindestens 400.000 Kubikmeter/Tag innerhalb der nächsten vier Jahre vor. Der iranische Branchenverband, die Private Investors Desalination Association (PIDA), spricht von langfristigen Plänen zur Installation von Meerwasserentsalzungsanlage mit einer Kapazität von 3 Millionen Kubikmeter/Tag.
Die Provinz Bushehr am Persischen Golf verfügt derzeit nur über Meerwasserentsalzungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von 25.000 Kubikmeter/Tag. Offiziellen Angaben zufolge sollen bis Ende September 2022 neue Anlagen in Bushehr, Borazjan, Vahdatiyeh und Siraf mit einer Leistung von insgesamt 60.000 Kubikmeter/Tag den Betrieb aufgenommen haben. Die Fertigstellung weiterer Projekte mit insgesamt 100.000 Kubikmeter/Tag ist 2023 vorgesehen. Dann sollen die Meerwasserentsalzungsanlagen 45 Prozent des Trinkwasserbedarfs der Provinz decken können, heute sind es nur 10 Prozent. |
Wassertransfers von der Golfküste nach Zentraliran
Ein Großteil der zukünftigen, vor allem an der Golfküste geplanten Kapazitäten soll zur Versorgung der ariden zentral-iranischen Provinzen dienen. Gegenwärtig befindet sich ein erstes Wassertransferprojekt schon im Teilbetrieb: Entsalztes Wasser soll von Bandar Abbas über eine 805 Kilometer lange Pipeline in die Provinzen Kerman und Yazd fließen.
Das Großprojekt wird vor allem den hohen Wasserbedarf der Gol Gohar Mining and Industrial Company (Eisenerz), der National Iranian Copper Industries Company (Sarcheshmeh Copper Complex), der Chadormalu Mining and Industrial Company (Eisenerz) sowie des Ardakan Steel Complex decken. Aber auch die Stadt Bandar Abbas erhält Wasserlieferungen.
Das Transferprojekt ist in drei Phasen unterteilt. Die Meerwasserentsalzungsanlage soll letztlich über eine Kapazität von 1 Million Kubikmeter/Tag verfügen. In der ersten, im Herbst 2020 fertiggestellten Phase wurden eine RO-Anlage (Reverse Osmosis) mit einer Leistung von 200.000 Kubikmeter/Tag installiert und 305 Kilometer Pipeline (Durchmesser: 1,6 Meter) bis nach Gol Gohar (Provinz Kerman) verlegt. Die restlichen 500 Kilometer Pipeline sind im Bau. Die Phase 2 führt von Gol Gohar nach Sarcheshmeh, die Phase 3 weiter nach Chadormalu und Ardakan.
Drei weitere Wassertransferprojekte sind im Bau. Es handelt sich um Pipelines von der Golfküste in die Provinzen Yazd und Isfahan (910 Kilometer), in die Provinzen Kerman, South Khorasan und Khorasan Razavi (1.550 Kilometer) sowie in die Provinz Fars (100 Kilometer). Zwei große Pipeline-Projekte sind bislang über die Planungsphase nicht hinausgekommen. Aus dem Golf von Oman soll eine Pipeline (820 Kilometer) Wasser nach Zahedan (Provinz Sistan-Baluchestan) transportieren. Der Bau einer Pipeline zwischen dem nur leicht salzhaltigen Kaspischen Meer und der Provinz Semnan wird seit 2012 kontrovers diskutiert. |
Private Unternehmen investieren in Meerwasserentsalzung
Nach den Vorstellungen der Regierung sollen Meerwasserentsalzungsanlagen möglichst als PPP-Projekte (Private Public Partnership) realisiert werden. Dabei werden mit Firmen, die in privater Rechtsform organisiert sind, BOO- oder BOT-Verträge (Build-Own-Operate; Build-Own-Transfer) abgeschlossen. Einige der als privat geltenden Unternehmen haben staatliche Anteilseigner. Die Investoren erhalten langfristige Wasserabnahmegarantien.
Ein führender privater Investor ist die 1998 gegründete Sazeh Sazan Company. Das Unternehmen hat insgesamt neun Entsalzungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von 253.750 Kubikmeter/Tag errichtet. Davon entfallen 200.000 Kubikmeter/Tag auf die 2020 in Betrieb genommene BOO-Anlage in Bandar Abbas, die die Pipeline nach Kerman und Yazd versorgt. Sazeh Sazan will im nächsten Schritt die Leistung in Bandar Abbas auf 400.000 Kubikmeter/Tag verdoppeln.
Projektstandort | Jahr der Inbetriebnahme | Kapazität (Kubikmeter/Tag) |
---|---|---|
Bandar Abbas | 2020 | 200.000 |
Siraf | 2016 | 1.000 |
Eshtehard | 2016 | 5.000 |
Kish Island | 2015 | 6.000 |
Abadan | 2008 | 12.500 |
Khorramshahr | 2008 | 12.500 |
Fin City | 2008 | 1.250 |
Bandar Lengeh | 2008 | 9.500 |
Qom | 2006 | 6.000 |
Die private Noor Vijeh Company bezeichnet sich als Pionier in Iran bei der Anwendung der Umkehrosmose (Reverse Osmosis) zur Meerwasserentsalzung. Nach PIDA-Angaben entfallen aktuell 95 Prozent der iranischen Entsalzungskapazitäten auf Umkehrosmose.
Bislang hat Noor Vijeh RO-Projekte mit einer Gesamtkapazität von 107.000 Kubikmeter/Tag realisiert. Das Unternehmen nahm 2002 in Qom die erste RO-Anlage (Kapazität: 3.000 Kubikmeter/Tag) in Betrieb, es war ein BOO-Projekt. Die RO-Technik kam von Frankreichs Veolia. Das jüngste, 2021 fertiggestellte Projekt ist die Erweiterung einer RO-Anlage in Bushehr um 10.000 auf 22.500 Kubikmeter/Tag.
Noor Vijeh plant in Konarak (nahe Chabahar; Provinz Sistan-Beluchestan) eine RO-Anlage (25.000 Kubikmeter/Tag). Die Finanzierung scheint aber noch nicht geklärt zu sein.
Projektstandort | Jahr der Inbetriebnahme | Kapazität (Kubikmeter/Tag) |
---|---|---|
Qom | 2002 | 3.000 |
Pars Special Economic Zone Asaloyeh | 2006 | 12.500 |
Persian Gulf Mine & Metal Industries Special Economic Zone Bandar Abbas | 2006 | 4.000 |
Hendijan | 2007 | 7.500 |
Pars Special Economic Zone Asaloyeh / Bonab Company | 2009 | 10.000 |
Chabahar (Phase 1) | 2012 | 17.500 |
Chabahar (Phase 2) | 2014 | 17.500 |
Kangan | 2016 | 12.500 |
Bushehr (Phase 1) | 2016 | 12.500 |
Bushehr (Phase 2) | 2021 | 10.000 |
Ein Konsortium unter Führung der Shaya Bandar Abbas Desalination Production and Establishing Company hat 2021 in Bandar Abbas den Bau einer Entsalzungsanlage mit einer Kapazität von 100.000 Kubikmeter/Tag abgeschlossen. Das Projekt wurde in drei Phasen realisiert. Die ersten beiden Phasen haben eine Leistung von jeweils 20.000 Kubikmeter/Tag, die dritte Phase bringt zusätzliche 60.000 Kubikmeter/Tag.
Die Zahl der iranischen Firmen, die sich mit Meerwasserentsalzung beschäftigen, wächst kontinuierlich. Der Verband PIDA hat insgesamt 29 Mitglieder. Dazu gehören auch Tana Energy und Raadab Jonoub. Tana Energy plant Projekte unter anderem in Khorramshahr (15.000 Kubikmeter/Tag), Abadan (25.000 Kubikmeter/Tag) und auf der Insel Qeshm (2 x 4.500 Kubikmeter/Tag). Raadab Jonoub will auf Hormuz Island eine Anlage (5.000 Kubikmeter/Tag) bauen.