Die konventionellen Kraftwerke sollen effizienter werden. Ein neues Programm zur Entwicklung erneuerbarer Energien ist verkündet worden. Weitere Atomkraftwerke sind in Planung.
Die im NC3-Report (UNFCCC National Communication) genannten Maßnahmen sind Effizienzsteigerungen bei konventionellen Kraftwerken durch Umbau bestehender Anlagen in kombinierte GuD-Anlagen (Gas- und Dampfturbinen) sowie die Errichtung neuer GuD-Kraftwerke. Zwischen 2015 und 2025 soll der GuD-Anteil an den gesamten Stromerzeugungskapazitäten von 27,3 auf 54,2 Prozent steigen. Aktuell liegt die Quote mit 31 Gigawatt bei etwa 36 Prozent.
Nuklearkapazitäten sollen stark ausgebaut werden
Der NC3-Report sieht den Bau von zwei weiteren Atomkraftwerken mit einer Leistung von jeweils 1 Gigawatt vor. Russland hat Aufträge für zwei Anlagen bekommen, zumindest eine ist im Bau. Zusammen mit dem seit 2011 produzierenden Kraftwerk in Bushehr wären es dann 3 Gigawatt. Langfristig wird über Nuklearkapazitäten von bis zu 30 Gigawatt diskutiert.
Im Bereich der erneuerbaren Energien hat Iran seine Zielmarken weit verfehlt. Der Anteil erneuerbarer Energien (ohne große Wasserkraftwerke) an der Stromerzeugung lag 2020/2021 (iranisches Jahr 1399: 21. März bis 20. März) mit 5,9 Millionen Megawattstunden bei 1,7 Prozent, davon dürfte mehr als die Hälfte auf PV-Anlagen (Fotovoltaik) entfallen. Ende 2021 hatten erneuerbare Energien mit 0,9 Gigawatt einen Anteil an den gesamten Kraftwerkskapazitäten (86 Gigawatt) von 1 Prozent, Solarenergie alleine kam auf 0,5 Prozent. Bis Sommer 2022 sollen bei erneuerbaren Energien 1,2 Gigawatt erreicht werden, was aber auch nicht als gesichert gelten kann.
Der 6. Fünfjahresentwicklungsplan (2017/2018 bis 2021/2022) sah für den Bereich erneuerbare Energien eine Ausweitung der Kapazitäten auf 5 Gigawatt vor. Das Ziel hätte möglicherweise erreicht werden können, wenn es nicht 2018 zu einer Reaktivierung der US-Sanktionen gekommen wäre. Mit ausländischen Partnern wurde 2016 und 2017 über große Solar- und Windprojekte diskutiert. Die Sanktionen führten aber dann dazu, dass fast alle Gespräche beendet wurden. Die nun 2022 erwartete erneute Lockerung der US-Sanktionen - nach einer Einigung zwischen den USA und Iran bei den in Wien laufenden Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Atomabkommens - könnte ausländische Investoren zurückbringen.
Die Regierungsplanung setzt bei erneuerbaren Energien keine technologiespezifischen Ziele. Stark gesunkene Investitionskosten für PV-Kraftwerke haben jedoch zu einer Dominanz dieser Technologie geführt, der Trend dürfte sich auch zukünftig fortsetzen. Zwischen 2016/2017 und 2020/2021 sind die PV-Kapazitäten von 22 auf 429 Megawatt gestiegen. Bei Windkraft kam es nur zu einer Erhöhung um 117 auf 308 Megawatt.
Der Ausbau erneuerbarer Energien soll im Wesentlichen durch den Privatsektor erfolgen. Der Staat bietet Stromabnahmeverträge an. Zunehmend soll die Stromvermarktung auch über die Energiebörse (Energy Exchange Market/IRENEX) abgewickelt werden. Derzeit findet am IRENEX kein Stromhandel statt.
Neues Programm für erneuerbare Energien
Im Oktober 2021 hat die zum Energieministerium gehörende Renewable Energy and Energy Efficiency Organization (Satba) interessierte in- und ausländische Unternehmen aufgefordert, Vorschläge für Solaranlagen ab 10 Megawatt, Windkraftwerke ab 50 Megawatt und andere erneuerbare Energieprojekte (ohne Kapazitätsvorgaben) zu unterbreiten. Es sollen Vorhaben mit einer Gesamtkapazität von 10 Gigawatt vergeben werden. Satba erwartet, dass etwa 7,5 Gigawatt auf Solarprojekte entfallen.
Laut Satba wurden von 153 Unternehmen Interessensbekundungen für insgesamt 90 Gigawatt abgegeben. Der Großteil dürfte sich auf PV-Anlagen beziehen. Zu den Interessenten sollen auch einige ausländische Firmen gehören. Trotz der großen Resonanz dürften die meisten Interessenten Investitionsentscheidungen erst nach einer Lockerung der US-Sanktionen treffen.
Anders als bisher will Satba mit den privaten Investoren keine langfristigen Stromabnahmeverträge mehr unterzeichnen. Vielmehr soll ein Stromliefervertrag über lediglich 6 bis 7 Jahren geschlossen werden, wobei eine Amortisierung der Investitionen innerhalb von 4 Jahren gesichert werden soll. Wie in der Vergangenheit könnten aber die (noch nicht bekannten) Zahlungsmodalitäten, unzureichende Zahlungsgarantien und Finanzierungsengpässe zentrale Probleme darstellen.
Unklar ist, wie zukünftig mit Solar- und Windprojekten verfahren werden soll, die aufgrund einer Unterschreitung der genannten Mindestkapazitäten nicht unter das 10-Gigawatt-Programm fallen. Bislang konnte Satba bei Solar- und Windanlagen unter 10 Megawatt mit den Betreibern gemäß dem jeweils geltenden Einspeisetarif Stromabnahmeverträge über 20 Jahre abschließen.
Satba führt eine Liste mit 219 Projekten für erneuerbare Energien, die zwischen 2016/2017 und 2021/2022 genehmigt, aber noch nicht abgeschlossen oder gar nicht umgesetzt wurden. Darunter befinden sich 180 PV-Anlagen mit Leistungen bis zu 10 Megawatt, zwei Projekte mit 30 Megawatt und ein Vorhaben mit 100 Megawatt. Ein Teil der noch nicht realisierten Projekte könnte zukünftig reaktiviert werden.
Deutschland größter ausländischer PV-Investor
Angesichts des Interesses der deutschen Solarwirtschaft an Iran wurde 2015 die aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanzierte Studie "Enabling PV Iran: The Emerging PV Market in Iran" zu den Perspektiven des PV-Marktes in Iran durchgeführt. Deutsche Investoren haben in Iran zwischen 2016 und 2018 PV-Anlagen mit einer Leistung von über 60 Megawatt fertiggestellt. Damit ist Deutschland unter den ausländischen Investoren führend.
Die iranische Tochter des Heidelberger Projektentwicklers Athos Solar, Aftab Mad Rah Abrisham, hat in der Provinz Hamedan fünf PV-Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 38,5 Megawatt (3 x 7 Megawatt, 8,5 Megawatt, 9 Megawatt) errichtet. Anfang 2017 wurden die ersten beiden Anlagen in Betrieb genommen. Einige Anlagenkomponenten konnten bei lokalen Herstellern beschafft werden. Die etwa 40.000 PV-Module lieferte Canadian Solar.
Von Robert Espey
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