Rechtsbericht | Irland | Gesellschaftsrecht
Neues Gesellschaftsrecht in Irland - Teil 2
Durch das neue Kapitalgesellschaftsgesetz (Companies Act 2014) stellen sich Fragen der Unternehmensführung. Insbesondere die Rolle der Direktoren und Gesellschaftssekretäre rückt in den Fokus.
01.02.2022
Von Mandy Nicke | Bonn
Hinweis: Der Rechtsbericht wurde erstmals am 24. Juli 2015 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im Februar 2022.
Am 1. Juni 2015 ist das neue irische Kapitalgesellschaftsgesetz Nr. 38/2014 vom 23.12.2014 (Companies Act 2014 - alle nachfolgend genannten Vorschriften ohne weitere Angaben beziehen sich auf das Kapitalgesellschaftsgesetz) entsprechend der Commencement Order 2015 in Kraft getreten. Es wurden die verschiedensten Gesetze seit 1963 konsolidiert und in einem Text zusammengefasst (bisher: Companies Act 1963-2013). Zwischenzeitlich wurden schon diverse Rechtsverordnungen und Verfügungen zum Companies Act 2014 erlassen. Diese sind auf der Internetseite der irischen Unternehmensregisterbehörde (Companies Registration Office) aufgelistet.
Anforderungen an den Direktor
Wer den Posten eines Direktors einnehmen möchte, muss nunmehr mindestens 18 Jahre alt sein (Section 131). Weiterhin dürfen nur natürliche Personen als Direktor fungieren (Section 130). Grundsätzlich muss mindestens einer der Direktoren seinen Wohnsitz in einem der EWR-Mitgliedstaaten haben (Section 137 Absatz 1). Eine Person darf grundsätzlich nicht gleichzeitig Direktor von 25 Private Company Limted by Shares (kurz: Limited / Ltd.) oder 25 Gesellschaften, von denen eine oder mehr als Ltd. und eine oder mehrere als andere Kapitalgesellschaftsform, die nach dem Companies Act 2014 liquidiert werden kann, organisiert sind, sein (Section 142 Absatz 1). Auch darf er kein nicht entlasteter Konkursschuldner sein (Section 132). Der Direktor darf schließlich nicht davon ausgeschlossen (disqualification) sein, als solcher ernannt zu werden oder tätig zu sein (Section 839).
Pflichten des Direktors
Der Direktor - und nicht mehr der Gesellschaftssekretär - ist dafür verantwortlich, dass die Gesellschaft die Vorschriften des Companies Act 2014 einhält (Section 223).
Die Pflichten eines Direktors sind nunmehr ausdrücklich in Section 228 geregelt. Danach soll ein Direktor:
- nach Treu und Glauben handeln;
- ehrlich und verantwortungsvoll handeln;
- in Übereinstimmung mit der Satzung handeln und die damit verbundenen Befugnisse nur für rechtmäßiges Handeln ausüben;
- Gesellschaftsvermögen nur dann verwenden, wenn es durch die Satzung oder die Gesellschafter gestattet ist;
- keiner Beschränkung seiner Befugnisse zustimmen, die dazu führen könnte, dass er nicht mehr unabhängig entscheiden kann;
- Interessenkonflikte vermeiden;
- vorsichtig, geschickt und sorgfältig handeln;
- Interessen der Gesellschafter und Arbeitnehmer berücksichtigen (vgl. auch Section 224).
Compliance-Erklärung des Direktors im Rechenschaftsbericht (Directors' compliance statement)
Die Direktoren einer Gesellschaft müssen jährlich einen Rechenschaftsbericht (directors' report) erstellen (Section 325). Hat die Gesellschaft eine Jahresbilanz von mehr als 12,5 Millionen Euro und einen Jahresumsatz von mehr als 25 Millionen Euro, so müssen die Direktoren in den Rechenschaftsbericht eine Compliance-Erklärung (Directors' compliance statement) abgeben (Section 225 Absatz 2 und 7). Direktoren einer Public limited company (PLC) müssen die Compliance-Erklärung unabhängig von der Jahresbilanz und vom Jahresumsatz abgeben (Section 1002). Durch die Erklärung übernehmen sie die Verantwortung dafür, dass die Gesellschaft ihre Verpflichtungen in Sachen Compliance wahrnimmt und bestätigen, dass sie die hierfür erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben. Falls sie die erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen haben, müssen sie darlegen, warum dies so ist. Zu den erforderlichen Maßnahmen zählen die Verabschiedung einer Compliance-Policy-Erklärung, das Einrichten der notwendigen Strukturen, damit Compliance relevantes Material aufbewahrt wird sowie das Erstellen einer Übersicht über die Compliance relevanten Maßnahmen, die im Laufe des Jahres ergriffen wurden (Section 225 Absatz 3).
Offenlegung von Interessenkonflikten durch den Direktor
Direktoren müssen Interessenkonflikte offenlegen. Dies gilt beispielsweise für Verträge, die die Gesellschaft abschließen soll (Section 231). Dies gilt auch für Aktien oder Aktionenoptionen, sofern ein offenbarungswürdiges Interesse der Gesellschaft gegeben ist (Section 257). Ein solches wird nunmehr u.a. dann verneint, wenn die Aktien oder die Aktionenoptionen des Direktors 1 Prozent oder weniger des Nominalwertes des emittierten Grundkapitals der Gesellschaft ausmacht, sofern der Direktor bei jeder Gesellschafterversammlung unbeschränkt stimmen darf (Section 260 lit. f (i)). Sind mit den Aktien keine Stimmrechte bei der Gesellschafterversammlung verbunden, so muss der Direktor diese ebenfalls nicht mehr offenlegen (Section 260 lit. f (ii)).
Anforderungen an den Gesellschaftssekretär (company secretary)
Jede Gesellschaft hat einen Gesellschaftssekretär (company secretary). Dessen Aufgaben sind oftmals nicht ausdrücklich im Companies Act 2014 genannt. Der Gesellschaftssekretär übernimmt jedenfalls keine leitende Funktion, sondern vielmehr verwaltende und organisatorische Aufgaben.
Wer den Posten eines Gesellschaftssekretärs einnehmen möchte, muss nunmehr mindestens 18 Jahre alt sein (Section 131). Ein nicht entlasteter Konkursschuldner darf nicht als Gesellschaftssekretär agieren (Section 132). Das Gleiche gilt für jemanden, der davon ausgeschlossen (disqualification) wurde, als Gesellschaftssekretär ernannt zu werden oder als solcher tätig zu sein (Section 839). Außerdem müssen die Direktoren einer Gesellschaft nunmehr sicherstellen, dass der Gesellschaftssekretär für die Aufgabenerfüllung die erforderlichen Fähigkeiten mitbringt. Sie müssen ihm auch die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen und sicherstellen, dass er diese nutzen kann (Section 129 Absatz 4 und Section 226 Absatz 2). Im Falle der PLC sind die Anforderungen an die Fähigkeiten des Gesellschaftssekretärs genauer formuliert (Section 1112). Danach muss er drei der letzten fünf Jahre als Gesellschaftssekretär tätig gewesen, Mitglied einer anerkannten Berufsvereinigung oder aufgrund seines Werdegangs in der Lage sein, seine Pflichten zu erfüllen.
Die für Direktoren geltende Offenlegungspflicht im Hinblick auf Aktien und Aktienoptionen gilt auch für den Gesellschaftssekretär (Section 260 lit. f).
Die Position des Gesellschaftssekretärs kann auch einer der Direktoren innehaben (Section 129 Absatz 1). Dies geht allerdings nicht, wenn es bei einer Ltd. nur einen Direktor gibt (Section 129 Absatz 6).
Zum Thema
- Kapitalgesellschaftsgesetz Nr. 38/2014 vom 23.12.2014 (Companies Act 2014)
- Verordnung zum Inkrafttreten des Kapitalgesellschaftsgesetzes (Commencement Order 2015)
- Richtlinie Nr. 89/666/EWR vom 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen
- GTAI-Rechtsbericht "Neues Gesellschaftsrecht in Irland - Teil 1 / Übersicht über die Formen der irischen Kapitalgesellschaften"
- GTAI-Rechtsbericht "Neues Gesellschaftsrecht in Irland - Teil 3 / Neue Formalitäten und Verfahren"
- GTAI-Rechtsbericht "Neues Gesellschaftsrecht in Irland - Teil 4 / Neuregelung der Sanktionen"
- Informationen zum irischen Gesellschaftsrecht (insbesondere zur Private Company Limited by Shares (kurz: Limited / Ltd.) sowie zur Registrierung einer Gesellschaft) im Abschnitt "Gesellschaftsrecht" des Länderberichts zu Irland auf dem Portal 21