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Wirtschaftsumfeld | Irland | Außenhandel

Deutschland wird Irlands zweitwichtigster Absatzmarkt

Deutschland hat das Vereinigte Königreich 2022 als zweitwichtigsten irischen Exportmarkt abgelöst. Dafür sorgt vor allem die Pharmaindustrie.

Von Marc Lehnfeld | Dublin

Die irischen Warenexporte nach Deutschland sind 2022 so stark gewachsen, dass die Bundesrepublik das Vereinigte Königreich als zweitwichtigsten Absatzmarkt überholt hat. Die Exporte nach Deutschland legten im letzten Jahr nominal um knapp 42 Prozent zu. Sie wuchsen damit schneller als die Gesamtexporte (+26 Prozent) und diejenigen zum britischen Nachbarn (+22 Prozent). Bereits im Coronajahr 2020 war Deutschland als wichtiger Absatzmarkt am Vereinigten Königreich vorbeigezogen, büßte den zweiten Platz aber schon 2021 wieder ein.

Pharmaindustrie treibt Exporte nach Deutschland

Für die gewachsene Bedeutung Deutschlands beim irischen Export sorgt vor allem die Pharmaindustrie. Deren Produkte machten 2022 rund 82 Prozent der Warenausfuhren in die Bundesrepublik aus. Weil die irische Medikamentenherstellung auch 2022 stark gestiegen ist, legten die Pharmaexporte nach Deutschland nominal um fast 61 Prozent zu. Einen großen Einfluss hat die Produktion des Branchenriesen Pfizer. Pfizer exportiert unter anderem den Cholesterinhemmer Lipitor und das Potenzmittel Viagra aus Irland für den Weltmarkt. Durch das enorme Wachstum baut Deutschland seinen Marktanteil bei irischen Medikamentenexporten auf rund 18 Prozent aus und ist in diesem Segment nun der zweitwichtigste irische Exportmarkt nach den USA. 

Investitionen in irischer Arzneimittelbranche auf Wachstumskurs

Auf dem Rücken der starken Pharmaindustrie dürften die irischen Exporte nach Deutschland auch in den nächsten Jahren weiter steigen. Dafür sorgen zahlreiche Investitionen, vor allem in Form von Expansionen ausländischer Pharmariesen. So kündigte Pfizer im Dezember 2022 an, mit einer neuen Fabrik am Standort Grange Castle die dortige Produktion von Pharmaprodukten zu verdoppeln. Dazu investiert der Konzern rund 1,2 Milliarden Euro. Bereits im Mai 2022 hatte auch der Darmstädter Pharmakonzern Merck bekanntgegeben rund 440 Millionen Euro in den Ausbau seiner Aktivitäten in Irland zu investieren. Weitere millionenschwere Projekte stammen unterdessen von AbbVie und Janssen Sciences.

Unterdessen zeigt sich, wie attraktiv der irische Pharmastandort im Vergleich zum britischen Wettbewerber ist. Anfang Februar 2023 erklärte der CEO von AstraZeneca Pascal Soriot, dass die Standortentscheidung für eine rund 340 Millionen Euro Produktionsanlage im Jahr 2021 auch deshalb auf die irische Insel gefallen ist, weil im Königreich unter anderem die Förderbedingungen und der Zugang zu grüner Energie schlechter waren. Außerdem sorge das Rückzahlungsmodell „Voluntary Scheme for Branded Medicines Pricing and Access (VPAS)“ für eine Kostenexplosion im Vereinigten Königreich.

Unterdurchschnittliche Exportentwicklung jenseits der Pharmaprodukte

Die starke Exportentwicklung im Pharmabereich spiegelt sich nicht in anderen Gütergruppen wider. Ohne Pharmaprodukte schrumpften die irischen Exporte nach Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um knapp 7 Prozent. Der gesamte irische Export legte währenddessen um über 18 Prozent zu. Angesichts der hohen Inflation dürfte die reale Entwicklung der Ausfuhren in die Bundesrepublik noch schwächer gewesen sein. Rückläufig entwickelten sich zum Beispiel die Ausfuhren von Messtechnik (-20 Prozent) und elektrischen Maschinen (-7 Prozent). Bei Büromaschinen und EDV-Geräten wuchsen die Exporte nur leicht um 2,3 Prozent. Positiv zeigt sich hingegen die Entwicklung der Lebensmittelexporte nach Deutschland. Sie konnten um rund 23 Prozent zulegen.

Vom starken Pharmaexport überdeckt entwickelten sich die irischen Ausfuhren nach Deutschland seit Jahren schleppend. Im Jahr 2022 lagen sie gar 8 Prozent unter dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre. Parallel dazu steigt der irische Export in andere Länder deutlich stärker an. Vor allem der chinesische Markt ist für irische Unternehmen immer attraktiver geworden. Beim Gesamtexport ohne Pharmaprodukte lag China 2015 noch auf Rang acht der Hauptabnehmerländer. Bis heute verbesserte sich das Land auf den dritten Rang. Demgegenüber belegte Deutschland 2015 den dritten Rang und fiel seitdem auf den fünften Platz zurück. 

Hohes deutsches Defizit im Irland-Handel

Durch die insgesamt starken deutschen Importe aus Irland weist der deutsch-irische Handel 2022 laut Statistischem Bundesamt ein Außenhandelsdefizit von 17,4 Milliarden Euro aus. Das liegt daran, dass die deutschen Exporte auf die Insel die hohen Importe nicht überkompensieren können. Unter den 77 Ländern, mit denen die Bundesrepublik ein negatives Saldo aufweist, belegt die irische Insel den vierten Platz nach China, Norwegen und der Russischen Föderation.

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