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Special | Italien | Klimawandel

Klimaschutz-Atlas

Fachkräfte für den Klimaschutz: Größere Engpässe

Das eher klassische Bildungssystem Italiens schafft es noch nicht, Umweltkompetenzen in ausreichender Menge bereitzustellen. Firmen investieren verstärkt selbst in die Ausbildung. 

Von Oliver Döhne | Mailand

Der grüne Wandel erfordert nicht nur neue Technologie, sondern auch entsprechend geschulte und ausgebildete Arbeitskräfte. Hier ergibt sich in Italien, wie in vielen anderen Ländern, ein kritisches Bild. Selbst bei sinnvollem Einsatz der EU-Gelder wird sich hier in Kürze ein größerer Mangel zeigen.  

Fachkräfte mit grünem Wissen gefragt

Der angestrebte radikale grüne Wandel der Wirtschaft spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider. Rund 20 Prozent der in den kommenden Jahren in Italien entstehenden Arbeitsplätze sollen laut verschiedenen Studien grün sein. Bis 2026 gehen die Studien von einem Bedarf von rund 2,4 Millionen bis 2,7 Millionen Arbeitskräften mit grünen Kompetenzen aus, davon 1,5 Millionen bis 1,6 Millionen mit fortgeschrittenen grünen Kompetenzen und Erfahrungen. 

Besonders gefragt sind laut Experten Nachhaltigkeitsarchitekten, Spezialisten für nachhaltige Baustoffe und neue Materialien, Installationstechniker für nachhaltige Heizungsanlagen sowie für Fotovoltaik und solarthermische Anlagen. Auch folgende Berufsgruppen werden stärker gesucht werden: nachhaltig geschulte Anlagentechniker, Umweltingenieure für die Kreislauf- und Wasserwirtschaft, Umweltinformatiker, Umweltanwälte, Ökodesigner, Experten für das Thema nachhaltige Beschaffung, Umweltmarketingexperten, Umweltlehrer, grüne Mechatroniker, Umwelt-Risk-Manager, unabhängige Zertifizierer und -berater. Unternehmen ab einem Energiejahresverbrauch von 10.000 Tonnen Erdöläquivalent sind verpflichtet, einen Energiemanager zu ernennen. Unternehmen mit mehr als 300 Mitarbeitenden an einer Betriebsstätte müssen einen Mobility-Manager beschäftigen. 

Bei der Zahl der direkt in der Windkraftbranche beschäftigten Mitarbeitenden lag Italien 2020 in Europa nur auf Platz 11, mit weniger als einem Zehntel des Vergleichswertes der Beschäftigten in Deutschland in der Windbranche. Bei Wärmepumpen lag Italien hingegen hinter Frankreich auf Platz 2.

Künftig besonders gefragte Qualifikationen
  • Nachhaltigkeitsarchitekten
  • Ökoindustriedesigner
  • Umweltingenieure
  • Installateure nachhaltiger thermischer Anlagen
  • In Nachhaltigkeit geschulte Agrartechniker
  • Experten innovativer Baustoffe
  • Grüne Mechatroniker
  • Software- und künstliche Intelligenzexperten
  • Energiemanager für Industrieanlagen

Viele Ausbildungswege in Italien

Auch wenn der Bedarf an Akademikern bei grünen Jobs höher ist als im Durchschnitt, rekrutierten sich im Jahr 2020 erst rund 15,7 Prozent dieser neuen Profile aus Hochschulabsolventen. Das ergab die Studie "Die grünen Kompetenzen" des Bildungsinformationssystems Sistema Informativo Excelsior. Beispiele der noch raren, aber dennoch langsam zunehmenden grünen Hochschulstudiengänge in Italien sind die Abschlüsse in Umweltagrartechnologie (Mailand), Ingenieurswissenschaften für eine nachhaltige Landwirtschaft (Modena), Nachhaltiges Tourismusmanagement (Trient), Nachhaltiges Management der Bergregionen (Bozen), Sustainable Architecture and Landscape Design (Politecnico Mailand), Ökodesign (Politecnico Turin) und Umweltingenieurswissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung (La Sapienza Rom).

Laut der Datenbank des Bildungsministeriums schlossen zwischen 2015 und 2020 etwa 37.000 Studenten ein Hochschulstudium mit explizitem Umweltbezug ab, davon 1.387 in nachhaltiger Architektur, 1.213 in Industrie- und Umweltdesign, 264 in nachhaltigem Tourismus, 2.283 in nachhaltiger Landwirtschaft, 19.018 in Ingenieurswissenschaften für Bau und Umwelt sowie 12.611 in weiteren Fächern. 

Von den Fachhochschulen (Istituti Tecnici Superiori) kamen 2020 erst 4,7 Prozent der neu eingestellten grünen Arbeitskräfte. Zwar sind dort arbeitsmarktorientierte Studiengänge wie Energieeffizienz (an 15 Instituten) und Nachhaltige Mobilität (an 20 Instituten) im Angebot, aber die Zahl der Absolventen war zwischen 2015 und 2021 für diese beiden Fächer mit 1.634 und 2.662 noch niedrig und weit unter dem Bedarf.

Etwa 29,3 Prozent der grünen Jobs gingen an Absolventen der einfachen Berufsschulen, rund 28,4 Prozent an Absolventen der Sekundarschulen und 21,9 Prozent an Personen ohne Bildungsabschluss. In den meisten Fällen findet die grüne Ausbildung erst in den Unternehmen statt. Schon jetzt ist der Bedarf an Schulungen und Weiterbildungen nach der Einstellung im grünen Bereich höher als in anderen Sparten der Unternehmen.

Schwierigkeiten bei der Besetzung grüner Stellen

Laut der Studie "Green Italy" des Kammerdachverbands Unioncamere haben 37,9 Prozent der Firmen Schwierigkeiten bei der Besetzung grüner Stellen. Zum Vergleich: Bei den anderen Stellen berichten nur 25,2 Prozent über zu wenig Bewerber. Bei Installationstechnikern für Energieanlagen ist mehr als jede zweite Stellenbesetzung problematisch, bei Energiespartechnikern sind es 36 Prozent, bei Fachkräften in der Abfall- und Recyclingwirtschaft 32 Prozent, bei Umwelttechnikern 25 Prozent und bei Umwelt- und Bauingenieuren 19 Prozent. 

Unternehmen werden in den kommenden Jahren verstärkt um Arbeitnehmer mit grünen Kompetenzen konkurrieren. Im Jahr 2025 werden voraussichtlich 741.000 entsprechende Arbeitskräfte fehlen. Dies besonders in den Berufsgruppen Industriedesigner, Hydrauliker und Rohrleger, Handwerks- und Industrielackierer, Energieingenieure und -mechaniker sowie Techniker für Arbeitssicherheit. 

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