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Klimaschutz-AtlasGebäude: Sanierungsboom
Italien steckt viel Fördergeld in die Energieeffizienz von Gebäuden. Schwerpunkt sind bestehende Immobilien.
04.09.2023
Von Oliver Döhne | Mailand
Für Investitionen in mehr Energieeffizienz bestehender Wohngebäude stehen 2023 mehrere Förderinstrumente bereit. Der Superbonus 90 (vormals 110) ermöglicht eine 90-prozentige Steuergutschrift für Ausgaben für die Gebäudedämmung, den Einbau einer modernen Wärmepumpe oder Anti-Erdbeben-Maßnahmen, sowie für andere Energieeffizienzmaßnahmen, welche die Energieklasse der Wohnung um zwei Klassen erhöhen.
Förderinstrumente großzügig aber rückläufig
Auch in den beiden Folgejahren 2024 und 2025 gibt es noch Steuergutschriften von 70 Prozent beziehungsweise 65 Prozent. Als Voraussetzung gilt: Bei Einfamilienhäusern (villette) muss es sich um die Hauptwohnung handeln, zusätzlich gilt ein Einkommensmaximum. Bei Wohnanlagen mehrerer Eigentümer mit teils privaten teils gemeinsamen Flächen (Condomini) müssen mindestens 25 Prozent der Fläche thermisch isoliert werden, um an die 90-prozentige Förderung zu kommen. Die Auflagen sind beim Superbonus laut Branchenkennern recht hoch, unter anderem ist ein Gewinn von zwei Energieklassen (italienischer APE-Energieausweis) durch zertifizierte Fachleute nachzuweisen.
Daneben existieren mehrere weitere Förderinstrumente (Ecobonus, Bonus Infissi, Bonus Ristrutturazione), die Steuergutschriften zwischen 50 und 65 Prozent für Energieeffizenzmaßnahmen, den Einbau von Solarpanels, neue Fenster und Building Automation Ausrüstung, Biomassekondensatoren, Thermoregulierung, Mikro-Kogeneratoren, Sonnenkollektoren und Wärmepumpen bereitstellen. Über das Instrument Casa Green erhalten Käufer von Häusern der Energieklassen A oder B Steuergutschriften von 50 Prozent, falls direkt vom Bauherrn gekauft wird.
Programm | Steuerabschreibung | Zeitraum | Förderfähig |
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Superbonus | Zurzeit: 110 %, ab 2024: 70 %, 2025: 65 % | Einfamilienhäuser bis 2022, Sozialbau bis 2023, Mehrfamilienhäuser bis 2025 | Umweltfreundliche Heiz- und Kühlanlagen, Wärmepumpen, Kondenskessel, Hybridanlagen, Fernwärme, als Zusatz: Fotovoltaikanlagen und E-Ladestationen |
Ecobonus | 50-65 % (in einigen Fällen, zum Beispiel bei zusätzlicher Erdbebensicherung: bis 85 %) | Vorerst bis Ende 2024 | Fensterrahmen, thermische, Isolierung, Kondenskessel mit Thermoregulierung, Heissluftkondensgeneratoren, Wärmepumpen, Wärmepumpen-Wassererhitzer, Building Automation Systeme, Fernregler für Klimaanlagen und Boiler |
Bonus Casa (auch: Bonus Ristrutturazione) | 50 % | Vorerst bis Ende 2024 | Energiesparmaßnahmen, Geräte, die sich aus erneuerbaren Energien speisen |
Conto Termico 2.0 | 40-65 %, maximal 5.000 Euro | Dauerhaft | Energieeffizienzmaßnahmen in bestehenden Gebäuden, Einbau neuer Heizungen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, mit hocheffizienten Systemen, auch für öffentliche Gebäude, Near Zero Emission Buildings |
Weitere Instrumente sind der Bonus Verde für Begrünungen in, an und auf Gebäuden, der Bonus Bagno für den Austausch von Badarmaturen und der Bonus Idrico (Acqua Pottabile) für den Kauf von Wasserfiltern. Dazu kommt der Conto Termico 2.0, der Zuschüsse für die Anschaffung energieeffizienter Ausrüstung wie Wärmepumpen, Kondenskessel, Biomassekessel und Solarthermieanlagen bietet. Ein Teil der Mittel ist für öffentliche Gebäude reserviert.
Strenge Umweltauflagen für Neubauten
Beim Neubau sind die Auflagen an die Energieeffizienz in Italien sehr streng. Besonders an die Dämmung und die Heizungsanlagen stellen die öffentlichen Statuten hohe Anforderungen. In Südtirol gilt beispielsweise das Nearly Zero Energy Building-Prinzip als Standard. Im ganzen Land gelten ausformulierte öffentliche Mindeststandards bezüglich Materialien und Umweltstandards. Diese sind in den Mindestumweltkriterien CAM (Criteri Ambientali Minimi) ausformuliert. Bei Vermietung und Verkäufen ist zwingend ein Energieausweis vorzulegen.
Nachhaltigkeitszertifikate sind grundsätzlich freiwillig und werden besonders im Nichtwohnungsneubau aus Imagegründen gewählt. Im privaten und öffentlichen Wohnbau und auch bei energetischen Renovierungen sind Zertifikate wie zum Beispiel Klimahaus Voraussetzung zum Zugang zu regionalen Fördermitteln, zum Beispiel in Südtirol.
Smart-Home-Technologien legen zu
Der große Bestand alter Gebäude in Italien und die umfangreichen Förderinstrumente bieten grundsätzlich ein interessantes Feld für die Gebäudetechnik. Der Ecobonus umfasst auch die Kosten für Kauf, Installation und Inbetriebnahme von Smart-Home-Technologie für mehr Energieeffizienz. Dazu zählen Multimediageräte, mit denen eine Fernregulierung für die Wärmesysteme, die Wassererwärmung und die Klimaanlage erfolgt, beziehungsweise über die das Funktionieren und der Energieverbrauch angezeigt werden. Hier sind bis zu 65 Prozent der Kosten von der Steuer absetzbar.
Falls zum Beispiel Biomassekondenskessel mit einem Thermostat ausgestattet sind, der eine Fernregulierung ermöglicht, steigt deren Fördersatz von 50 Prozent durch den "normalen" Ecobonus auf 65 Prozent. Die Förderung solcher Multimediageräte gilt unabhängig von einer größeren Renovierung und läuft vorerst bis Ende 2024. Investitionen in Building Automation in öffentlichen Gebäuden sind über das Förderprogramm Conto Termico förderfähig.
Beim Absatz von Smart Home Devices, also intelligenten IT-Systemen für die eigenen vier Wände, liegt Italien noch deutlich hinter den anderen großen europäischen Ländern. Es könnte aber mit fortschreitender Modernisierung im Rahmen der Förderprogramme bald aufholen. Einer Branchenstudie des Mobilfunkanbieters TIM zufolge soll die Nachfrage nach Smart Home Devices für das Energiemanagement bis 2023 gegenüber 2000 auf 146 Millionen Euro steigen und sich damit etwa verdoppeln. Gefragteste Objekte sind Distanzregler für Wärmesysteme und Beleuchtung, Geräte zur Messung des Energieverbrauchs und smarte Steckdosen.