Für Japans Baukonzerne ist das Auslandsgeschäft ein wichtiger Pfeiler ihrer Geschäftsaktivitäten. Sie wollen ihre Auftragsbestände vor allem in Asien ausweiten. (Stand: 17.11.2023)
Japans international ausgerichtete Bauunternehmen wollen ihre Auslandsaktivitäten weiter stärken. Vor allem Schwellenländer bauen ihre Transport-, Energie- und Stadtinfrastruktur aus. Japans Branchenunternehmen streben an, hier ihr Projektgeschäft auszuweiten. So soll etwa der Infrastrukturbau in Asien laut Einschätzung des Analyseunternehmens Fitch Solutions im Jahr 2023 um 5 Prozent zulegen und zwischen 2024 und 2027 mittelfristig im jährlichen Durchschnitt um 4,2 Prozent steigen. Vor allem Länder in Südostasien und der indische Subkontinent treiben dieses Wachstum.
Für viele Anlagenprojekte im Ausland spielen bei der Finanzierung Regierungsdarlehen und Entwicklungshilfen eine wichtige Rolle. Die japanische Regierung will Firmen unterstützen: Die "Infrastructure Systems Overseas Expansion Strategy 2025" zielt darauf ab, bei Auslandsaktivitäten Maßnahmen des öffentlichen und privaten Sektors zu koordinieren. Diese Strategie sieht auch vor, die Kooperation mit Unternehmen aus Partnerländern zu intensivieren, um so auf Drittmärkten Projekte gemeinsam umzusetzen.
Auftragslage zeigt nach oben
Japans Generalunternehmen konnten im Fiskaljahr 2022 (1. April bis 31. März) ihre Auftragslage im Auslandsbau verbessern. Mit einem Zuwachs gegenüber dem Fiskaljahr 2021 von 14,6 Prozent auf Yen-Basis hat der Auftragseingang mit etwas mehr als 2 Billionen Yen, umgerechnet 15,6 Milliarden US-Dollar (US$), das Rekordniveau vor der Coronapandemie fast wieder erreicht. Dies meldete die Overseas Construction Association of Japan Inc. (OCAJI) 2023 in ihrem jährlichen Lagebericht. Wegen der Abwertung des Yen ergibt sich für das Fiskaljahr 2022 ein niedrigerer Dollarwert als im Vorjahreszeitraum (16,3 Milliarden), wenngleich das Auftragsvolumen auf Yenbasis anstieg.
Volumen neuer Aufträge im Ausland nach Regionen (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent) 1)Region | 2021 2) | 2022 3) | Veränd. 2022/21 4) |
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Asien | 8.969 | 8.544 | 14,0 |
Nordamerika | 4.565 | 5.078 | 33,1 |
Pazifik | 1.291 | 653 | -39,5 |
Osteuropa | 824 | 578 | -16,0 |
Mittel- und Südamerika | 132 | 301 | 172,5 |
Afrika | 180 | 212 | 41,3 |
Naher Osten und Nordafrika | 109 | 133 | 45,5 |
Europa | 185 | 67 | -56,7 |
Insgesamt | 16.255 | 15.566 | 14,6 |
1 jeweils Fiskaljahr (1. April bis 31. März); 2 1 US$ = 110 Yen; 3 1 US$ = 131,6 Yen; 4 auf Yenbasis.Quelle: Overseas Construction Association of Japan Inc. (OCAJI) 2023
Mit einem Zuwachs von rund 33 Prozent auf umgerechnet mehr als 5 Milliarden US$ kam der kräftigste Schub bei neuen Vertragsvolumina aus Nordamerika. Zwar waren die Wachstumsraten neuer Aufträge in Mittel- und Südamerika wie auch im Nahen Osten und Afrika höher. Jedoch blieb der Wert der Aufträge vergleichsweise gering. Noch niedriger fallen die Auftragseingänge aus Europa aus, die gegenüber dem Fiskaljahr 2021 sogar um über die Hälfte schrumpften.
Asien machte knapp 55 Prozent des neu abgeschlossenen Auftragsvolumens aus. Singapur, Indonesien, die Philippinen und Thailand sind Länder, in denen japanische Generalunternehmen viele Projekte an Land ziehen. Der Infrastrukturausbau, etwa beim Schienentransport, spielt dabei eine wichtige Rolle.
Private Finanzierung ist wichtigste Triebfeder
Der Ausbau der Infrastruktur wird zum Teil mit japanischen Entwicklungsdarlehen finanziert. Im Fiskaljahr 2022 stieg der Anteil der neu abgeschlossenen Aufträge, die über offizielle japanische Entwicklungshilfe finanziert werden, gegenüber dem Vorjahreszeitraum um knapp 93 Prozent auf 315 Milliarden Yen, umgerechnet 2,4 Milliarden US$. Dazu gehört etwa der Ausbau des Containerterminals im indonesischen Hafen Patimban. Das Projekt soll umgerechnet etwa 330 Millionen US$ kosten und bis Oktober 2025 fertiggestellt sein. Es wird von der Japan International Cooperation Agency (JICA) finanziert.
Finanzierungen über internationale Geber wie die Asian Development Bank spielten hingegen 2022 nur eine sehr kleine Rolle. Insgesamt sind es überwiegend private Investoren, die Neubauprojekte anstoßen und bei denen japanische Generalunternehmen zum Zuge kommen. Laut Angaben des Branchenverbands OCAJI lag der Anteil privater Projektfinanzierungen im Auslandsbau im Fiskaljahr 2022 bei etwa 65 Prozent.
Einige Großaufträge in den Auftragsbüchern
Beispielsweise hat Obayashi zusammen mit JFE Engineering den Auftrag erhalten, in der indonesischen Hauptstadt Jakarta eine große Kläranlage mit einer Kapazität von 240.000 Kubikmetern Klärschlamm pro Tag zu bauen. Die beiden japanischen Unternehmen haben zusammen mit zwei indonesischen Partnern den EPC (Engineering, Procurement, and Construction)-Auftrag gewonnen.
Ein anderes japanisches Generalunternehmen, Penta-Ocean Construction, ist in Singapur zum Zuge gekommen. Dort erhielt das Bauunternehmen im Juni 2022 vom Ministry of Health den Auftrag, das SGH Elective Care Centre and New National Dental Centre Singapore (NDCS) zu errichten. Die Investitionskosten des 24-stöckigen Gesundheitszentrums werden mit umgerechnet circa 550 Millionen US$ angegeben.
Dabei ist Penta-Ocean unter den japanischen Generalunternehmen und nach Umsätzen einer der kleineren Anbieter und wies im Fiskaljahr 2022 einen Überseeanteil von etwa 27 Prozent aus. Der führende Baukonzern im Auslandsgeschäft ist Kajima. Dessen Umsatz war im Fiskaljahr 2022 viermal höher als der von Penta-Ocean. Der Auslandsanteil betrug 30,9 Prozent, gefolgt von Obayashi mit 22,8 Prozent.
Infrastrukturbau setzt auf Qualität
Der Wettbewerb um Projekte wird intensiver, denn Firmen aus China und Südkorea erhöhen ihre Präsenz unter anderem in der ASEAN-Region. Als größter Investor in der Region verfügt Japan noch über eine gute Ausgangslage bei der Projektakquise. Der Wert der Infrastrukturprojekte mit japanischer Finanzierungsbeteiligung beläuft sich immerhin auf circa 330 Milliarden US$, so Fitch Solutions.
Japan hat sich mit anderen G7-Staaten im Juni 2022 zum Ziel gesetzt, den Aufbau von Qualitätsinfrastruktur in Entwicklungsländern zu fördern. Dafür wollen die Industrieländer 600 Milliarden US$ bis 2027 im Rahmen der Partnership for Global Infrastructure and Investment (PGII) mobilisieren. Firmen aus den Geberländern rechnen sich hier Absatzchancen aus.
Bei der Auftragsakquise haben die Muttergesellschaften der Bauunternehmen im Fiskaljahr 2022 stärker vorgelegt als deren Tochterfirmen im Ausland. Bei den neu unterzeichneten Verträgen kamen die Firmenzentralen auf einen Anteil von etwa einem Drittel beziehungsweise 680 Billionen Yen, umgerechnet 5,2 Milliarden US$. In den Vorjahren lag der Anteil eher bei rund 20 Prozent.
Von Jürgen Maurer
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