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Brennstoffzellen fehlt bislang der Schub
Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sollen helfen, Japans Straßentransport zu dekarbonisieren. Bislang leisten sie hierzu kaum einen Beitrag. Das Fahrzeugangebot wächst unterdessen.
15.03.2023
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Japans Ziel lautete, bis zum Jahr 2025 rund 200.000 Fahrzeuge mit Brennstoffzellen (Fuel Cell, FC) für den Straßenverkehr zuzulassen. Diese Vorgabe der Strategic Roadmap for Hydrogen and Fuel Cells ist bei dem gegenwärtigen Umsetzungstempo und mit eigenen Kapazitäten nicht mehr erreichbar. Sie bietet jedoch ausländischen Anbietern Raum für einen Markteintritt.
Wasserstoffautos treffen auf wenig Nachfrage
In Japan läuft der Absatz von Brennstoffzellenfahrzeugen nach wie vor schleppend. Dies ist sowohl mit hohen Verkaufspreisen als auch durch die unzureichende Infrastruktur zu erklären. Im Jahr 2022 verkauften sich gerade mal 848 wasserstoffbetriebene Leichtkraftfahrzeuge unter acht Tonnen. Das war gegenüber 2021 ein Rückgang um über 65 Prozent, so die Statistik der Automobile Business Association of Japan.
Ende November 2022 waren im Archipel laut Angaben des Wirtschaftsministeriums 7.535 Brennstoffzellen-Leichtfahrzeuge auf Japans Straßen unterwegs. Hinzu kamen etwa 118 FC-Busse, wie die Statistik der Automobile Inspection & Registration Information Association mit Stand Ende März 2022 zeigt. Diese Busse fahren bislang überwiegend im Tokyoter Nahverkehr. Schwere Lkw mit Wasserstoffantrieb werden in Japan noch nicht verkauft.
Toyota noch mit Heimvorteil
Dabei deckt Toyota gegenwärtig den heimischen Absatzmarkt noch mehr oder weniger allein ab. Das Pkw-Modell Mirai kam 2014 erstmals auf den Markt. Seit 2020 ist die zweite Modellreihe verfügbar. Zusammen mit dem Toyota FC-Bus Sora sind beide Fahrzeuge Vorzeigeprodukte des Branchenriesen. Zwar offeriert auch Honda FC-Fahrzeuge. Allerdings hat der Autobauer die Produktion des Pkw-Modells Clarity im Jahr 2021 eingestellt.
Im Februar 2023 erklärte Honda, ab 2024 doch wieder ein Brennstoffzellenfahrzeug auf den Markt zu bringen. Das System des neuen Modells hat Honda zusammen mit dem US-Autobauer GM entwickelt. Es wird laut Unternehmensmeldung in der Produktion ein Drittel weniger kosten als das Vorgängermodell Clarity. Dadurch lassen sich auch attraktivere Verkaufspreise erzielen. An weiteren Verbesserungen wird gearbeitet.
Für das Jahr 2025 peilt Honda weltweit ein jährliches Absatzziel von 2.000 Einheiten an und will im Jahr 2030 jährlich 60.000 FC-Fahrzeuge verkaufen. Dabei will das Unternehmen das neu entwickelte Brennstoffzellensystem ab Mitte der 2020er Jahre auch an Lizenzabnehmer verkaufen. Honda hat hier als Kunden Hersteller von Nutzfahrzeugen und Baumaschinen im Blick. Auch der Einsatz in stationären Speichern ist anvisiert.
Ausländische Marken kommen nach Japan
Abgesehen von den japanischen Anbietern sind bislang nur ganz wenige importierte Brennstoffzellenfahrzeuge auf Japans Straßen unterwegs. Das liegt auch daran, dass es weltweit nur wenige marktreife Modelle gibt. Das soll sich bald ändern. Unter anderem will der deutsche Autobauer BMW im Jahr 2023 sein erstes FC-Modell, den iX5 Hydrogen, auf den Markt bringen, unter anderem auch in Japan. BMW arbeitet bei der Brennstoffzellenentwicklung mit Toyota zusammen.
Der südkoreanische Autohersteller Hyundai hat bereits die ersten Exemplare seines FC-Modells Nexo in Japan verkauft. Angaben zur genauen Zahl der im Archipel abgesetzten Einheiten macht der Autokonzern nicht. Zudem ist Hyundai ein Hersteller von schweren FC-Lkw. Den Xcient-Truck verkauft das südkoreanische Unternehmen bereits in verschiedenen Absatzmärkten in Europa. Japan dürfte ebenso ein Ziel sein.
Nutzfahrzeugmarkt hebt später ab
Japanische Lkw-Hersteller befinden sich im Heimatmarkt noch in der Testphase. Firmen der Toyota-Gruppe sowie die Lkw-Produzenten Isuzu und Hino wollen zusammen mit ihrem Joint Venture Commercial Japan Partnership (CJP) 2023 leichte Nutzfahrzeuge auf Brennstoffzellenbasis auf den Markt bringen. Schwere Nutzfahrzeuge sollen später folgen. Dazu hat Toyota mit Hino im März 2020 ein gemeinsames Entwicklungsprojekt initiiert.
Die japanischen Lkw-Anbieter erwarten, dass die Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge gerade bei langen Beförderungsstrecken ihre Vorteile ausspielen können. Schwere Lkw sollen laut Hino-Angaben in Japan für etwa 60 Prozent der Kohlendioxidemissionen im Lastverkehr verantwortlich sein. Beim Einsatz seiner neuen FC-Systeme kooperiert Honda mit dem japanischen LKW-Hersteller Isuzu Motors. Mitsubishi Fuso arbeitet an der Einführung eines leichten FC-Lkw für die zweite Hälfte der 2020er Jahre.
Tankstellennetz macht Fortschritte
Um die Wasserstoffahrzeuge wie auch die erforderliche Infrastruktur weiterzuentwickeln, arbeiten die Automobilhersteller mit Energieunternehmen, darunter Iwatani und Eneo, zusammen. 2018 haben elf Unternehmen, darunter drei Kfz-Hersteller und acht Energieunternehmen, speziell für den Aufbau von Wasserstofftankstellen die Initiative Japan H2 Mobility gegründet.
Laut Zahlen des Next Generation Vehicle Promotion Center waren Ende 2023 landesweit 163 Wasserstofftankstellen in Betrieb. Die Hydrogen-Roadmap sieht bis 2025 ein Netz von 320 und bis 2030 von 900 Tankstellen vor. Ursprünglich war angepeilt, bis 2020 ein Netz von 160 H2-Tankstellen aufzubauen, das circa 40.000 FC-Fahrzeuge in Japan bedienen kann.
Wettbewerb wächst schnell
Das Infrastrukturziel ist mittlerweile erreicht. Allerdings hinkt die Verbreitung von Fahrzeugen immer noch deutlich hinterher und das obwohl es seit vielen Jahren Kaufprämien und Steueranreize gibt. Um das Zero-Emission-Ziel für die Transportindustrie schneller erreichen zu können, fördern auch einige andere Länder den Kauf von Brennstoffzellenfahrzeugen.
Mit dem Ziel, die Mobilität grüner zu machen, hat Japan vergleichsweise früh in die Entwicklung von Wasserstoff und Brennstoffzellen investiert. Jedoch haben Hersteller anderer Länder sehr schnell aufgeholt und im Absatz auf internationalen Märkten die japanischen Unternehmen inzwischen überholt. Hier ist vor allem Hyundai zu nennen, das laut SNE Research im Jahr 2022 bei den Verkäufen weltweit einen Anteil von 54 Prozent erreichte, vor Toyota mit 17,8 Prozent und Honda mit 1 Prozent.