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Japan bleibt eine beliebte Reisedestination
Tourismus ist in Japan zu einem wichtigen Sektor angewachsen. Die Besucherströme vor allem aus Asien werden immer größer. Wohin geht die Reise?
10.12.2024
Von Christiane Süßel | Bonn
Ob Staus auf dem Weg zum Gipfel des berühmten Bergs Fuji oder Menschentrauben vor den Tempeln und Schreinen in Kyoto – die Besucherströme auf dem japanischen Archipel schwellen weiter an. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet die staatliche Japan Tourism Agency (JTA) mit 35 Millionen ausländischen Touristen, die dem Land einen Umsatz von umgerechnet 57 Milliarden US-Dollar (US$; 8 Billionen Yen) bescheren.
Die Zeichen stehen auf weiteres Wachstum: Für 2030 nimmt die Regierung das ambitionierte Ziel von 60 Millionen ausländischen Besuchern bei Ausgaben von 107 Milliarden US$ (15 Billionen Yen) ins Visier. Bislang macht der Binnentourismus noch den weitaus größten Anteil an den gesamten Ausgaben aus.
Auf dem Weg zur Tourismusnation
Schon seit 2006 will Japan zur Tourismusnation werden. Im Frühjahr 2023 hat die japanische Regierung dazu einen neuen Tourism Nation Promotion Basic Plan veröffentlicht, der die Roadmap bis zum Fiskaljahr 2025 vorgibt. Kern des Papiers ist es, mit Blick auf die angestrebten Besucherzahlen einen nachhaltigen Tourismus zu fördern, die touristischen Ausgaben zu steigern und regionale Attraktionen zu bewerben.
Die Regierung will zum einen hochwertigen Tourismus ankurbeln und gut zahlende Gäste ins Land holen. Zum anderen soll der Binnentourismus mit den beiden Konzepten "Workation" und "Second Hometown" weiter wachsen. So sollen Japaner bei Workation an touristischen Orten arbeiten und nach Arbeitsschluss die Gegend touristisch entdecken. Mit Second Hometown setzt die Regierung darauf, dass Japaner ländliche Gegenden zunächst touristisch erkunden und sich später dort idealerweise niederlassen.
Nach Corona wächst die Reiselust
Der Tourismus lag während der Coronapandemie brach. Seit dem Ende der Krise wachsen die Besucherzahlen jedoch auf neue Rekordstände: Im 1. Halbjahr 2024 reisten 17,7 Millionen Touristen nach Japan. Damit lag die Zahl nicht nur knapp 7 Prozent über dem Level vor der Pandemie, sondern auch 66 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr 2023 kamen fast 90 Prozent der ausländischen Reisenden zu touristischen Zwecken nach Japan. Die ausländischen Besucher verweilen meist 4 bis 13 Tage im Land.
Die wichtigste Besuchergruppe sind inzwischen Reisende aus Südkorea, gefolgt von chinesischen Touristen, die vor Corona noch die größte Gruppe stellten. Ein Grund für die schwächeren Besucherzahlen aus China ist die lahmende chinesische Konjunktur.
Shopping als beliebte Urlaubsbeschäftigung
Ausländische Touristen lassen viel Geld im Land. So gaben sie im 2. Quartal 2024 insgesamt 13,5 Milliarden US$ in Japan aus. Dabei lagen die Pro-Kopf-Ausgaben in diesem Zeitraum bei durchschnittlich rund 1.700 US$ (238.700 Yen) – ein Plus von 54 Prozent gegenüber 2019. Ein Drittel der Ausgaben waren Übernachtungskosten. Weitere gut 30 Prozent flossen ins Shopping vor Ort. Vor allem Touristen aus China, Hongkong und Taiwan lassen überdurchschnittlich viel Geld an den Kassen von Kaufhäusern – oft für Luxusgüter. Infolge des schwachen Yens sind Waren in Japan billiger zu haben als in Festlandchina.
Die Luxusmarken Burberry oder LVMH erfreuen sich in Japan dank der Kauflust der ausländischen Reisenden deutlich steigender Umsätze. Kaufhäuser wie Isetan Mitsukoshi oder Daimaru Matsuzakaya Department Stores profitieren von einem zweistelligen Umsatzwachstum. Die zollfreien Einzelhandelsumsätze lagen laut Japan Department Stores Association im Finanzjahr 2023 (1. April bis 31. März) bei 3,1 Milliarden US$ (428 Milliarden Yen).
Besucherströme besser verteilen
Bisher sind die Ballungsräume Tokyo und Osaka wie auch die alte Kaiserstadt Kyoto bei den Reisenden besonders beliebt. Hier wie auch am berühmten Berg Fuji kommt es immer wieder zum Massenansturm. Nachdem sich Bergsteiger am Fuji in den vergangenen Jahren förmlich auf die Füße traten, erhob die Verwaltung in der Saison 2024 ein Eintrittsgeld und limitierte den Zutritt. Die Regierung will künftig Touristenspots jenseits der ausgetretenen Pfade fördern. Das soll nicht nur den Übertourismus abfedern, sondern auch die regionale Wirtschaft anschieben. Dazu müssen auf dem Land Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Hotels für abgelegene Destinationen
Bisher stehen in Japan insgesamt 1,8 Millionen Zimmer zur Verfügung. Die JTA gibt die Zahl der Hotels und Ryokans (traditionelle Hotels) für den März 2024 mit über 50.321 an. Die mit Abstand meisten Gäste übernachteten in Business Hotels, die sich meist in großen Städten befinden.
Angesichts der wachsenden Touristenzahlen haben erste Hotelketten die Expansionschancen abseits der Metropolen erkannt. So hat die japanische IHG ANA Hotels Group im Sommer 2024 angekündigt, von dem internationalen Hotelbetreiber Hotel Management International (HMI) drei Häuser zu kaufen. Diese Hotels in Hamamatsu, Chiryu und Kochi sollen bis 2026 umgebaut werden und als ANA Crowne Plaza Hotel neu eröffnen. "Touristen haben immer größeres Interesse daran, Städte jenseits der Metropolen zu entdecken", kommentiert HMI-Präsident Ryuko Hira den Deal.
Wertschöpfung im Tourismussektor steigern
Steigt die Zahl der Touristen in Japan tatsächlich auf 60 Millionen, gilt es, Touristenströme auf dem Archipel besser zu leiten und Übernachtungskapazitäten zu verteilen. Hierbei soll die Digitalisierung helfen. Die Regierung hat dafür das Regional Economic Analysis System (RESAS) eingeführt. Es zeigt: Wird etwa in die Renovierung von Hotels und Restaurants investiert, können hier deutlich höhere Preise aufgerufen werden.
Höhere Umsätze wirken sich positiv auf die Gehälter im Gastgewerbe aus. Das wiederum lässt die Wertschöpfung im Tourismussektor steigen. Im Jahr 2019 stand die Branche für einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 2 Prozent. Im Durchschnitt der G7-Staaten liegt der Wert bei 4 Prozent. Erreicht Japan auch nur einen Teil seiner ambitionierten Besucherziele, werden die Tourismusumsätze deutlich wachsen – profitieren werden das Gastgewerbe und der Einzelhandel.