Branchen | Japan | Elektromobilität
Reine Elektroautos sind noch wenig gefragt
Auch wenn der E-Auto-Absatz derzeit gering ist, zeigen die Pläne und Investitionen der heimischen Automobilkonzerne, dass sie sich auf eine elektrifizierte Zukunft einstellen.
13.01.2022
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Japans Automobilindustrie schaltet im Wettbewerb um Elektrofahrzeuge einen Gang höher. So erfordern politische Vorgaben in den wichtigsten Absatzmärkten in den USA, China und Europa wie auch in Südostasien den Strategiewechsel. Hinzu kommen neue Ziele zur Dekarbonisierung und eine grüne Wachstumspolitik im Heimatmarkt. Beides macht einen steigenden Verkaufsanteil von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben notwendig.
Das Rennen um Marktanteile im EV-Bereich (Electric Vehicles, EV) ist in vollem Gange und einige der traditionellen Kfz-Unternehmen Japans befinden sich in der Aufholjagd zu den neuen Anbietern vor allem aus China und den USA, die sich ausschließlich auf Elektrofahrzeuge konzentrieren. Zudem entsteht auch Konkurrenz vom japanischen Elektronikkonzern Sony, der auf der Konsumgütermesse CES Anfang 2022 angekündigt hat, im Bereich Elektrofahrzeuge stärker aktiv zu werden.
Japan nimmt die Fährte auf
Nach dem Debut 2020 stellte Sony 2022 einen zweiten Prototypen eines Elektroautos vor. Mit der Gründung der Tochterfirma Sony Mobility werden die Pläne nun konkreter. Abgesehen von den eigenen elektronischen Bauteilen und Infotainmentgeräten wird der Sony-EV-Prototyp (VISION-S 02) auf Basis von Zulieferungen etablierter Kfz-Teile-Anbieter aus Deutschland, Österreich und Japan gebaut. Die Testfahrten finden in Europa statt.
Als einer der global größten Kfz-Hersteller hat Toyota im Dezember 2021 verkündet, im Jahr 2030 weltweit etwa 3,5 Millionen elektrisch angetriebene Fahrzeuge verkaufen zu wollen. Das wären etwa ein Drittel aller im In- und Ausland produzierten Kfz des Konzerns. Bis zum Jahr 2030 will Toyota mit einem Angebot von 30 Modellen elektrisch angetriebener Fahrzeuge aufwarten. Dazu sind Investitionen von umgerechnet circa 36 Milliarden US-Dollar (US$) eingeplant.
Nissan, einer der Pioniere in der Produktion von Elektrofahrzeugen, hat im November 2021 seine neuesten Pläne vorgestellt. Demnach will das zweitgrößte Kfz-Unternehmen Japans weltweit bis 2030 eine Modellpalette von 23 elektrifizierten Fahrzeugen anbieten, darunter 15 rein batterieelektrische Autos. Das EV-Segment soll 50 Prozent der verkauften Fahrzeuge des Konzerns ausmachen. Dafür will Nissan bis zum Fiskaljahr 2026 (1. April bis 31. März) rund 18 Milliarden US$ investieren.
Mit ambitionierten Plänen macht auch der japanische Automobilhersteller Honda auf sich aufmerksam. Das Unternehmen hat im April 2021 verkündet, dass elektrifizierte Fahrzeuge bei den weltweiten Verkäufen in allen wichtigen Märkten bis 2030 einen Anteil an den eigenen Auslieferungen von 40 Prozent und bis 2035 von 80 Prozent erreichen sollen. Bis 2040 strebt Honda global das Ziel von 100 Prozent an. Die Weiterentwicklung seines Brennstoffzellen-Pkw hat Honda hingegen aufgegeben.
EV-Absatz in Japan noch bescheiden
Andere japanische Anbieter intensivieren ebenfalls ihre Elektrifizierungsaktivitäten. So fokussieren sich unter anderem die Toyota-Tochter Daihatsu oder das Kfz-Unternehmen Suzuki beide auf den Minifahrzeugbereich. Dieses Segment spielt in Japan eine große Rolle. Etwa 40 Prozent der Neuzulassungen fallen in das sogenannte K-Car-Segment (bis 660 Kubikzentimeter). Aber auch Nissan, Mitsubishi und Honda wollen in den nächsten drei Jahren neue Minifahrzeugmodelle in den japanischen Markt einführen.
Bislang ist der Absatz von Pkw mit Elektroantrieb in Japan hauptsächlich auf Hybridautos ausgerichtet, deren Verkäufe 2021 um 11,6 Prozent auf über eine Million Einheiten stiegen. Andere Modelle, wie Plug-in-Hybride und batterieelektrische Pkw, kamen beim Absatz 2021 gerade mal auf rund 23.000 Einheiten beziehungsweise 21.000 Einheiten. Unter den japanischen Marken ist im EV-Segment lediglich das Unternehmen Nissan stark, auf das die Hälfte der Verkäufe entfielen. Ansonsten setzte sich das EV-Angebot überwiegend aus Import-Pkw zusammen.
Hybrid | Veränderung 2021/20 | Plug-in-Hybrid | Veränderung 2021/20 | EV | Veränderung 2021/20 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Daihatsu | 3.587 | 4.328,4 | 0 | 0,0 | 0 | 0,0 |
Honda | 159.012 | 0,1 | 14 | -44,0 | 723 | 69,3 |
Mazda | 5.930 | 25,5 | 0 | 0,0 | 194 | 9.600,0 |
Mitsubishi *) | 4.426 | 30,0 | 8.003 | 85,5 | 13 | -83,1 |
Nissan | 146.869 | 21,1 | 0 | 0,0 | 10.846 | -3,9 |
Subaru | 26.692 | 3,0 | 0 | 0,0 | 0 | 0,0 |
Suzuki | 60.032 | 9,6 | 0 | 0,0 | 0 | 0,0 |
Toyota | 538.985 | 4,6 | 9.536 | 36,9 | 758 | 0,0 |
Importautos | 81.571 | 125,7 | 5.224 | 52,1 | 8.605 | 206,0 |
Allerdings werden die von Toyota popularisierten Hybride, die ja auf Verbrennungsmotoren basieren, in den nächsten Jahren an Attraktivität verlieren. Sowohl in Japan als auch den ausländischen Absatzmärkten erfordern die strengeren Emissionsstandards einen Modellwechsel. Zudem haben sich die einheimischen Kfz-Unternehmen, der Regierungspolitik folgend, bis 2050 ein Net-Zero-Ziel auf die Fahnen geschrieben.
Verbrennermotoren sollen verschwinden
In Japan sollen nach 2035 keine kraftstoffbetriebenen Fahrzeuge mehr zugelassen werden. Dieses Ziel verfolgen unter anderem auch Deutschland und Großbritannien. So plant Toyota für Europa beispielsweise, im Jahr 2030 mindestens die Hälfte seiner dortigen Verkäufe mit Zero-Emission-Fahrzeugen zu erzielen und ab 2035 ganz darauf umstellen. Da in Japan selbst die Produktion für den Export nicht ausreichen dürfte, könnte eine Lokalisierung der Erzeugung in Europa oder die Belieferung aus anderen Standorten in Frage kommen, so wie es beispielsweise Tesla vormacht.
Bei den Elektrifizierungsplänen der japanischen Hersteller stehen vor allem auch die nordamerikanischen und chinesischen Märkte im Blick, in denen die Regierungen ambitionierte Zero-Emission-Mobilitätsansätze verfolgen. Japans Kfz-Unternehmen setzen im schnell wachsenden chinesischen Automobilmarkt auf die Zusammenarbeit mit ihren bestehenden Partnern, um möglichst schnell EV-Fahrzeuge anbieten zu können.
Während Honda versucht, in China bis 2030 einen Anteil elektrischer Fahrzeuge von an seinen dortigen Verkäufen von 40 Prozent zu erreichen, hat Nissan Motor sich das Ziel bereits für das Fiskaljahr 2026 gesetzt. Toyota produziert mit seinen Joint-Venture-Partnern FAW und GAC in alternativen Antriebsbereich bislang hauptsächlich Hybridfahrzeuge. Anfang 2022 meldete Toyota, dass seine Gesamtverkäufe in China 2021 das neunte Mal in Folge gestiegen sind. Der Absatz von Hybridfahrzeugen war hier der Wachstumstreiber. In den USA ergab sich 2021 ein ähnliches Bild.