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Special | Japan | Klimawandel lokal

Dekarbonisierung stellt KMU vor Herausforderungen

Japans Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ein schwieriges Unterfangen. Dies gilt etwa für die Automobilindustrie des Landes.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Japan sucht nach Wegen, die Vielzahl kleiner und mittelgroßer Unternehmen (KMU) des Landes bei der Dekarbonisierung zu unterstützen. Rund 80 Prozent der japanischen KMU haben gegenwärtig noch keine entsprechenden Aktivitäten in Betracht gezogen. So lautet die Schätzung der vom Wirtschaftsministerium im Juli 2022 erstmals einberufenen "Support Organization for Carbon Neutrality of SME".

Bei etwa 13 Prozent aller Unternehmen des Landes haben internationale Partnerfirmen bereits angefragt, ihre Strategien zur Dekarbonisierung zu unterstützen. Dies ergab eine Umfrage der Außenwirtschaftsorganisation JETRO (Japan External Trade Organization). Zudem steigt der Druck auf innerjapanische Lieferketten. Den meisten KMU fehlt es jedoch an Wissen, Personal und finanzieller Ausstattung, um das Thema Klimaneutralität anzugehen und zu bearbeiten.

Beiträge zur Dekarbonisierung unvermeidbar

Dennoch müssen viele Firmen in absehbarer Zukunft damit rechnen, dass ihre Kunden sie zu klimaneutraler Produktion drängen. Beispielsweise hat Japans größter Automobilhersteller Toyota im Jahr 2021 bei seinen Tier-One-Zulieferern verringerte Kohlendioxidemissionen von 3 Prozent eingefordert. Das Großunternehmen plant bis 2030, rund 35 Prozent seiner Kohlendioxidemissionen einzusparen.

Toyota beschafft circa 70 Prozent seiner Kfz-Teile außerhalb der eigenen Gruppe und braucht daher die Kooperation mit fremden Firmen, um das Dekarbonisierungsziel zu erreichen. Laut "Sustainability Data Book 2020" zählt das Unternehmen allein in Japan 455 Kfz-Teile-Zuliefer zu seinen Tier-One-Suppliern. Außerhalb des Archipels sind es über 3.000 Firmen in der Tier-One-Lieferkette.

CO2-Abscheidung ist noch teuer

Als größter Teilelieferant für Toyota steht Denso, das zur Toyota-Gruppe gehört, besonders im Fokus. Denso hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu produzieren. Gegenwärtig testet das Unternehmen in einem kleinen Projekt in seinem Werk in Anjo in der Präfektur Aichi, wie das in der Produktion entstehende Kohlenstoffdioxid (CO2) eingefangen und mittels Methanisierung wieder als Energieträger genutzt werden kann. Diese "Mini CO2 Circulation Plant" begann im Herbst 2021 mit der Testphase.

Wenn eine ausreichende Effizienz erreicht wird, sollen solche Anlagen in industrieller Größe in verschiedenen Werken inner- und außerhalb der Toyota-Gruppe einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. In die gleiche Richtung zielt der Anlagenbauer Mitsubishi Heavy Industries, der 2023 mit einer Reihe von CCUS-Anlagen (Carbon Capture Utilization and Storage) auf den Markt kommen will, darunter auch Kleinanlagen. Inwiefern diese für KMU wirtschaftlich einsetzbar sind, muss sich zeigen.

Während Denso als größter Kfz-Teile-Lieferant über ausreichend Ressourcen verfügt, um in emissionsfreie Produktionsverfahren zu investieren, ist der überwiegende Teil der Zulieferfirmen in der Automobilindustrie weniger potent. Dazu gehören auch Tier-One-Unternehmen wie Asahi Tekko, das unter anderem Teile für Motoren und Federungen herstellt.

Senkung des Energieverbrauchs ist wichtigster Ansatzpunkt

Um die Emissionen zu verringern, hat das Management von Asahi Tekko an der Einsparung von Energie und Gas angesetzt. Diese machen fast 95 Prozent der Emissionen aus. Mit einem Team von "Kaizen"-Experten (japanisches Konzept der kontinuierlichen Verbesserung) hat das Unternehmen 2021 eine eigene Software entwickelt. Auf Basis von IoT-Technologie (Internet of Things) misst diese die Prozesse im Werk und visualiert, wo und wann Energie verbraucht wird. Dadurch lassen sich viele Einsparpotenziale entdecken.

Entstanden ist daraus auch die Idee des eigenen Unternehmens iSmart Technologies, das sich auf die Weiterentwicklung des iXacs genannten Systems fokussiert. Tetsuya Kimura, Chef von iSmart Technologies und gleichzeitig Präsident von Asahi Tekko, baut die Firma zu einer Beratungs- und IT-Dienstleistungsgesellschaft aus. Das unmittelbare Know-how in den Produktionsprozessen verschafft iSmart Technologies einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Consultingfirmen, so Kimura.

Kostengünstige Lösungen gefragt

Für seinen "Kaizen as a Service (KaaS)"-Ansatz, um die Kohlendioxidemissionen zu senken, hat iSmart Technologies bislang 80 Firmen angeworben, die die Dienstleistung über monatliche Abonnements in Anspruch nehmen. Laut Kimura lässt sich das System nicht nur in der Automobilindustrie, sondern auch in anderen Branchen einsetzen.

Ganz ohne Wettbewerb ist der Ansatz nicht. Der Kfz-Teile-Hersteller Tokai Rika, ebenfalls ein Tier-One-Zulieferer von Toyota, geht auch über die Energieeinsparschiene, um CO2-Emissionen zu verringern. Da das Unternehmen auf Lieferanten von Vorprodukten angewiesen ist, die noch keine Aktivitäten zur Dekarbonisierung betreiben, bietet Tokai Rika Schulungen für Zulieferer der zweiten und dritten Reihe an.

Beratungsnetzwerk soll helfen

Insgesamt befinden sich die KMU in einem Dilemma. Einerseits werden sie von ihren Kunden zu Maßnahmen zur CO2-Senkung gedrängt, andererseits ist die finanzielle Decke aber sehr dünn. Das gilt sowohl für Kfz-Teile-Lieferanten als auch für KMU aus anderen Industrien. Daher hat das Wirtschaftsministerium den sogenannten Carbon Neutral Action Plan aufgesetzt. Der Aktionsplan soll eine Struktur schaffen und den KMU beratend zur Seite stehen, wie etwa durch lokale Industrie- und Handelskammern oder private Beratungs- und IT-Anbieterfirmen. Sie erhalten Subventionen und Steuererleichterungen, wenn sie KMU bei Dekarbonisierungsvorhaben unterstützen.

Bislang existieren in Japan nur grobe Schätzungen, inwieweit kleine und mittlere Unternehmen überhaupt zu Treibhausgasemissionen beitragen. Laut Angaben der Support Organization for Carbon Neutrality of SME belaufen sich diese auf rund 120 Millionen bis 250 Millionen Tonnen oder auf etwa 10 bis 20 Prozent des Gesamtausstoßes des Archipels.

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