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Special | Japan | Klimawandel lokal

Luftfahrt muss dekarbonisieren

Um den Luftverkehr sauberer zu machen, muss Japan seine Lieferkette für alternative Flugzeugtreibstoffe ausbauen. Eigene Produktionskapazitäten sind bisher kaum vorhanden.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Im Zuge des Klimaschutzes entstehen in Japan neue Geschäftsfelder. So soll der Luftverkehr des Archipels seine Kohlendioxidemissionen verringern. Ein Mittel hierfür sind nachhaltige Flugzeugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuel, kurz: SAF). Wo die Reise hingehen wird, hat das japanische Transportministerium in einer Art Roadmap im Dezember 2021 skizziert.

So will die Regierung, dass die Luftfahrtgesellschaften bis 2030 etwa 10 Prozent ihres Treibstoffverbrauchs durch umweltfreundliche Alternativen zum herkömmlichen Kerosin ersetzen. Um vom Import solcher Treibstoffe unabhängig zu sein, soll Japan seinen Bedarf überwiegend durch eine inländische Produktion abdecken. Auf diese Weise fällt auch für den Transport des Treibstoffs selbst kein Kohlendioxid (CO2) an. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die beteiligten Unternehmen auf dem Archipel noch viel investieren.

Japan braucht grüne Flugzeugtreibstoffe

An Importen von SAF kommt Japan jedoch erst einmal nicht vorbei. Daher haben Japans größte Fluggesellschaften, Japan Airlines (JAL) und ANA (All Nippon Airlines), Vereinbarungen mit diversen Lieferfirmen abgeschlossen. Beispielsweise bezieht ANA seit 2020 Biotreibstoff von der finnischen Firma Neste. JAL hat sich von der US-Firma Aemetis über die nächsten sieben Jahre die Lieferung von 340.000 Kiloliter nachhaltiger Treibstoffmischung gesichert. Das meldete Aemetis am 9. Februar 2022.

Die Emissionsauflagen für den Lufttransport werden ab 2027 deutlich strenger. Dies befeuert weltweit die Nachfrage nach alternativem Flugbenzin. Um weiter starten und landen zu dürfen, müssen Fluggesellschaften sich daher entsprechend absichern. Nippons Luftfahrtbranche schätzt, dass der SAF-Bedarf für Flugbewegungen von und nach Japan im Jahr 2030 bei mindestens 2,5 Millionen Kilolitern liegen wird.

Eigenproduktion bislang unzureichend

Der Archipel könnte zwar 2030 theoretisch zwischen circa 7 Millionen Kiloliter und 13 Millionen Kiloliter an Biokraftstoffen (Biofuels) erzeugen. Das schätzt das Japan Transport and Tourism Research Institute. Allerdings ist realistischer Weise mit einer Produktion von lediglich etwa 1,3 Millionen Kiloliter zu rechnen. Hintergrund hierfür ist, dass die eingesetzte Biomasse und der Abfall auch in der Elektrizitätserzeugung benötigt werden.

Gegenwärtig ist der Umfang der inländischen Erzeugung noch vernachlässigbar. Pilot- und Demonstrationsanlagen stellen aktuell wenige Hundert Kiloliter SAF her. Das Wirtschaftsministerium stellt über die staatliche Technologieförderinstitution NEDO (New Energy and Industrial Technology Development Organisation) Gelder für Projekte zur Verfügung.

Pilotphase läuft bis Mitte der 2020er Jahre

Dabei startet Japan nicht ganz von Null. Mehrere Unternehmen haben bereits angefangen, aus Abfall, Biomasse und anderen Materialien alternative Treibstoffe zu entwickeln. Eine entsprechende Pilotphase startete im Fiskaljahr 2017 (1. April bis 31. März). Es soll bis zum Fiskaljahr 2024 laufen.

Die beiden großen Fluggesellschaften JAL und ANA flogen Mitte 2021 die ersten Linienflüge mit inländisch erzeugtem SAF. Das berichtete das Wirtschaftsministerium. Das SAF war hierbei dem herkömmlichen Treibstoff beigemischt. Eine Pilotanlange von IHI Corp. lieferte dabei Biotreibstoff auf Basis von Mikroalgen. Eine Anlage des Konsortiums von Mitsubishi Power, JERA, Toyo Engineering und JAXA produzierte Biofuel aus Holzchips.

Kapazitätsaufbau ist in Planung

Es existieren Pläne, die Produktion auf ein industrielles Niveau auszuweiten. Hierzu will IHI Corp. seine Anlage in der Präfektur Kagoshima ausbauen. Entstehen soll eine integrierte Produktion, die von der Algenkultur bis zur SAF-Erzeugung reicht. Bislang stammen die von IHI verwendeten Algen aus einer Zuchtanlage in Thailand. Das Verfahren zur SAF-Herstellung kommt von der US-Firma Honeywell.

Auf die Honeywell-Technologie greift auch ein weiteres von der NEDO unterstütztes Projekt zurück. Es erzeugt auf Basis von gebrauchtem Speiseöl Biotreibstoff. Die japanische Ingenieursfirma JGC Holding und der Ölgroßhändler Cosmo Oil planen, eine kommerzielle Produktionsstätte aufzubauen. Sie soll bis zum Jahr 2025 in Sakai City in der Präfektur Osaka entstehen.

Als ein weiterer Anbieter von Biotreibstoff will sich die japanische Biotech-Firma Euglena etablieren. Sie hat gegenwärtig mit dem Privat-Jet-Betreiber Japan Biz Aviation einen Abnahmevertrag. Euglena plant, eine Produktion von auf Algenbasis hergestelltem SAF aufzubauen. Ab dem Jahr 2025 soll in Yokohama City eine Produktionskapazität von 250.000 Kiloliter zur Verfügung stehen. Dabei arbeitet Euglena mit den US-Firmen Chevron Lummus Global und Applied Research Associates zusammen.

Suche nach effizienten Lösungen

SAF sollen zwischen 70 Prozent und 90 Prozent weniger CO2 erzeugen als konventionelles Flugzeugbenzin. Zur Verringerung des Kohlendioxid-Fußabdrucks sind neue Lösungen gefragt. ANA beispielsweise verfolgt mit anderen japanischen Unternehmen wie Toshiba und Japan CCS ein gemeinsames Projekt. Ziel ist es dabei, CO2 aus verschiedenen Quellen abzuscheiden und dieses für die Erzeugung von SAF zu verwenden. Kohlendioxid lässt sich beispielsweise für die Algenzucht einsetzen.

Die Regierung will in Zukunft auch synthetische Treibstoffe voranbringen. Diese lassen sich etwa mit Hilfe von abgeschiedenem CO2 und Wasserstoff herstellen. Ein Problem ist, dass die Kosten der Erzeugung von alternativen Flugzeugtreibstoffen noch deutlich über den Gestehungskosten für normales Flugbenzin liegen. Um seinen Lufttransport zu dekarbonisieren, sucht Japan nach Verfahren, wettbewerbsfähiges SAF zu produzieren und zu nutzen.

Die Verringerung von CO2 in der Luftfahrt ist ein internationales Unterfangen. Die entsprechenden Klimaschutzverpflichtungen sind gerade erst in der Startphase. Um gemeinsame Standards und Ziele aufzustellen, arbeitet Japan eng mit der International Civil Aviation Organization (ICAO) bei dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation zusammen.

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