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Wirtschaftsumfeld | Kambodscha | Konjunktur

Kambodschas Konjunktur erholt sich

Die Industrieproduktion wächst unermüdlich. Auch andere Sektoren gewinnen an Dynamik.

Von Thomas Hundt | Bangkok

Das Wirtschaftswachstum in Kambodscha nimmt Fahrt auf. Die Weltbank prognostiziert für 2023 eine reale Zunahme des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von über 5 Prozent und für 2024 von mehr als 6 Prozent. Damit kommt das Entwicklungsland seinem Wachstumspfad, den es vor der Coronapandemie eingeschlagen hatte, wieder näher. Damals lagen die jährlichen Zuwachsraten bei rund 7 Prozent.

Der Landwirtschaftssektor macht knapp ein Fünftel der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Überschwemmungen und hohe Kosten für Dünger machten den Bauern im Jahr 2022 zu schaffen. Der Sektor dürfte nach Prognosen der Weltbank 2023 und 2024 mit jeweils 1,5 Prozent etwas stärker wachsen. Die globale Klimakrise erschwert allerdings die Vorhersagen.

Industrie exportiert erfolgreich

Die Herstellung von Bekleidung, Reiseartikeln und Schuhen ist der wichtigste Industriezweig Kambodschas. Die Nachfrage nach diesen Waren soll sich 2023 in den Hauptabsatzmärkten USA und Europa abkühlen. Die Ausfuhren von anderen Produkten wie Fahrrädern, Möbeln und Agrarerzeugnissen legen aber kräftig zu.

Die gesamten Exporte wuchsen von Januar bis Oktober 2022 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 19 Prozent auf 18,7 Milliarden US-Dollar (US$). Ein Freihandelsabkommen zwischen Kambodscha und China erleichtert seit Anfang 2022 die Ausfuhr von Agrarerzeugnissen ins Reich der Mitte.

Südkorea gewährt Kambodscha ebenfalls leichtere Marktzugänge, unter anderem auch für Agrarerzeugnisse. Das Cambodia-Republic-of-Korea-Free-Trade-Agreement trat Anfang Dezember 2022 in Kraft. Kambodscha streicht seinerseits Zölle auf 93,8 Prozent der Waren, die es aus Südkorea einführt.

Die USA nehmen über 40 Prozent der gesamten Ausfuhren ab. Die Exporte dorthin wuchsen zwischen Januar und Oktober 2022 um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, obwohl die USA die präferentiellen Marktzugänge für Waren aus Kambodscha seit Dezember 2020 nicht verlängert haben.

Die Europäische Union strich im August 2020 ebenfalls den präferentiellen, zollfreien Zugang für circa 20 Prozent der Importwaren aus Kambodscha. Die EU begründet die Maßnahme mit Schikanen gegenüber unabhängigen Gewerkschaften, mit dem Landraub, um Plantagen zu erweitern, und mit der Unterdrückung der politischen Opposition.

Die Bürger dürfen am 23. Juli 2023 ein neues Parlament wählen. Beobachter erwarten, dass die seit 1981 regierende Cambodian People’s Party des Premierministers Hun Sen die Wahl erneut gewinnen wird. Wegen der Wahlen dürfte der Staat den öffentlichen Konsum und die Sozialausgaben erhöhen. Der Staatshaushalt wird 2023 um 13 Prozent auf umgerechnet 9,6 Milliarden US$ anwachsen.

Sehr hohe Investitionen aus dem Ausland

Das ambitionierte Entwicklungsland zieht in Relation zu seinem Bruttoinlandsprodukt äußerst hohe ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) an. Die Weltbank schätzt, dass sich das FDI 2022 auf 3,7 Milliarden US$ belief und circa 12 Prozent des BIP ausmachte. Auch zukünftig sollen die Zuflüsse nicht nachlassen. Im Jahr 2023 würden sie auf 4,4 Milliarden US$ und 2024 sogar auf 5,3 Milliarden US$ steigen, prognostiziert die Weltbank.

Kambodscha bietet sich als Standort für arbeitsintensive Fertigungen und damit als Alternative zu China an. Auch im Vergleich zu anderen Niedriglohnländern ist es sehr wettbewerbsfähig. Der Jahreslohn für Arbeitskräfte in der Industrie fällt nach Angaben der Außenwirtschaftsorganisation Japan External Trade Organization ungefähr ein Drittel niedriger aus als in Vietnam oder Indien.

Daran wird auch ein Beschluss der Regierung zum Mindestlohn wenig ändern. Anfang 2023 steigt er von 194 US$ auf 200 US$ pro Monat. Die Inflationsrate von circa 6 Prozent im Jahr 2022 wird durch die Anpassung nicht ausgeglichen.

Standortbedingungen werden verbessert

Die Investitionsförderstelle Council for the Development of Cambodia (CDC) vergibt für qualifizierte Projekte (Qualified Investment Projects) langjährige Steuerbefreiungen und andere Anreize. Das Investitionsgesetz vom 15. Oktober 2021 hat das Antragsverfahren nochmal vereinfacht.

Die meisten Projekte, die der CDC 2022 genehmigte, fielen in die Kategorie Herstellung von Bekleidung und Reiseartikeln. Das wertmäßig größte genehmigte Vorhaben war aber der Bau eines 1,3 Milliarden US$ teuren Seehafens in der Provinz Kampot, den chinesische Firmen errichten werden.

Der CDC teilt mit, dass chinesische Firmen seit 1990 über 27 Milliarden US$ in Kambodscha investiert hätten und der chinesische Staat Zuschüssen zu Projekten in Höhe von 4,6 Milliarden US$ gewährt habe. China ist der wichtigste Partner und beide Länder beabsichtigen, die Partnerschaft zu vertiefen.

Gemischte Signale aus der Bauwirtschaft

Das staatliche Budget für geplante Infrastrukturinvestitionen im Zeitraum 2023 bis 2025 beträgt 1,9 Milliarden US$. Internationale Geber finanzieren den Ausbau der Infrastruktur ebenfalls. Der Bau von Schnellstraßen, des Hauptstadtflughafens und der Ausbau der Energieversorgung laufen auf Hochtouren.

Der Immobilienboom, den Investoren und Wohnungskäufer aus China vor der Coronapandemie befeuert hatten, hat sich dagegen stark abgekühlt. Investitionen in den Hochbau und Baugenehmigungen gingen 2022 zurück. Die Immobilienagentur CBRE berichtet, dass im 3. Quartal 2022 circa 30 Prozent der Büro- und Einzelhandelsflächen im Zentrum der Hauptstadt Phnom Penh leer standen.

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