Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Kanada | Cybersicherheit

Kanadas Markt für Cybersicherheit wächst stetig

Technologien und Verfahren, die cloudbasierte Systeme und Daten schützen, rücken stärker in den Mittelpunkt. Deutsche Anbieter haben in der Regel kleinere Abnehmer im Blick.

 

Von Heiko Steinacher | Toronto

"Nur 1 Prozent aller kanadischen Organisationen ist voll dafür gewappnet, Cybergefahren abzuwehren", sagte Robert Barton, Technikvorstand bei Cisco Canada, im November 2024 dem Fachmagazin Manufacturing Automation. Und das, obwohl die Zahl der Cyberangriffe auf kleine und große kanadische Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren zugenommen hat. Laut einer Umfrage der Fachzeitschrift Plant Magazine von Juni 2024 sind zwei Drittel schon einmal Opfer einer Cyberattacke geworden. Das sind zwar weniger als während der Coronapandemie, aber immer noch viele.

Vier von zehn kanadischen Firmen haben keine Cybersicherheitsstrategie

Eine Cybersicherheitsstrategie – also einen Aktionsplan, der detailliert beschreibt, wie sich ein Unternehmen vor Cyberbedrohungen schützt – haben nur rund 62 Prozent der Firmen entwickelt. Das sind ähnlich viele wie im Vorjahr. Dagegen ist der Anteil derer, die eine Cybersicherheitsinfrastruktur nutzen, 2024 im Vergleich zu 2023 von 73 auf 61 Prozent gesunken. Zu einer solchen zählen unter anderem Firewalls, Antivirenprogramme, VPN und sicheres Wi-Fi.

Datenschutzkontrollen und eine Risikobewertung der Cybersicherheit nehmen laut der Umfrage des Plant Magazine nur 54 beziehungsweise 51 Prozent vor, was ein Rückgang von jeweils 4 bis 5 Prozentpunkten bedeutet.

Phishing führt

Die laut der Plant-Magazine-Umfrage häufigste Angriffsart ist Phishing: Davon ist knapp die Hälfte der Unternehmen betroffen, gefolgt von Ransomware (19 Prozent), externen Cyberangriffen (15 Prozent), Sicherheitsverstößen durch Drittanbieter (13 Prozent) und Datenschutzverletzungen oder Verlust persönlicher beziehungsweise finanzieller Informationen (13 Prozent).

Für die Behebung von Cyberschadensfällen gaben die Unternehmen 2023 etwa 860 Millionen US-Dollar (US$) aus, so das kanadische Statistikamt. Das war doppelt so viel wie zwei Jahre davor. Diese Zahlen sowie die Umfrageergebnisse des Plant Magazine zeigen: Der Bedarf an Cybersecurity in Kanada ist groß. Zumal sich die "führenden" Angriffsarten weiterentwickeln und technologische Innovationen wie künstliche Intelligenz (KI) sowie Blockchain neue Einfallstore bilden können.

Cloud-Security wird immer wichtiger

Kanadas Cybersecurity-Markt ist hart umkämpft. Zu den lokalen Branchengrößen zählen Firmen wie BlackBerry, Magnet Forensics und eSentire. Viele Unternehmen nutzen indes die globale Cloud-Infrastruktur von amerikanischen Konzernen, sodass vor allem US-Akteure wie Cisco Systems, IBM, Microsoft und ProofPoint den Markt dominieren. Daher hat besonders die Cybersicherheit in der Cloud in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen – und dürfte es auch weiterhin tun. Untersuchungen des Marktforschungsunternehmens Fortune Business Insights zufolge setzen 88 Prozent der kanadischen Firmen Multi-Cloud- und Hybrid-Cloud-Bereitstellungen ein, die zwei oder mehr Clouds umfassen.

Angesichts der Marktmacht der US-Konzerne suchen deutsche Anbieter ihre Chancen in Kanada vor allem bei Unternehmen und Einrichtungen, die hohe Sicherheitsanforderungen haben, die globale Cloud der US-Technologieriesen jedoch meiden möchten. Deutsche Firmen sind stärker auf Datenschutz fokussiert und bieten vor allem Authentifizierungs- und Verschlüsselungstechnologien an. Nutzer sollen dadurch ihre digitalen Identitäten kontrollieren können, ohne hierfür auf eine zentrale Stelle wie Amazon, Google oder Microsoft angewiesen zu sein.

KMU im Fokus

Außerdem ist die deutsche Unternehmenslandschaft im Bereich IT-Sicherheit mittelständisch geprägt: Secunet, das größte deutsche Branchenunternehmen, hat gut 700 Beschäftigte, viele andere nur etwa 200 bis 300. Oft fehlen deshalb die fachliche Unterstützung und das Personal, um global agierende Großkunden rund um die Welt bedienen zu können. Statt sich auf Konzernlösungen zu konzentrieren, haben deutsche Anbieter in der Regel kleinere Abnehmer im Blick. Ihre potenziellen Kunden in Kanada sind Banken, Versicherungen und Krankenhäuser, aber auch andere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).

Schätzungen zum Marktvolumen gehen weit auseinander

Mordor Intelligence schätzt Kanadas Cybersecurity-Markt 2024 auf knapp 13 Milliarden US$. Auf US$-Basis wäre das ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent. Bis 2029 geht das Marktforschungsunternehmen von einer gleich hohen durchschnittlichen Wachstumsrate pro Jahr aus. Der Markt umfasst dabei Cybersicherheitslösungen und -dienste, die Systeme, Netzwerke und Daten vor Angriffen schützen.

Auch Statista Market Insights unterteilt den Markt in Cyberlösungen und Sicherheitsdienste, beziffert das Volumen 2024 mit 3,8 Milliarden US$ aber deutlich geringer. Außerdem geht Statista bis 2029 nur von einem Marktwachstum von 8,2 Prozent im Schnitt pro Jahr aus.

KI bietet große Potenziale zur Risikoerkennung

Die Marktdynamik wird auch davon abhängen, wie stark produzierende Unternehmen in KI-Anwendungen investieren. Denn KI-Systeme können nicht nur Produktionsfehler frühzeitig erkennen oder den Wartungsbedarf von Maschinen vorhersagen, sondern auch dabei helfen, Cyberbedrohungen schneller und präziser zu erkennen und darauf zu reagieren.

In der Umfrage des Plant Magazine stuften 42 Prozent der befragten Betriebe KI als zweitwichtigste Ausgabenpriorität in den nächsten beiden Jahren ein. Um aber KI bei Internet-of-Things-fähigen Geräten einsetzen zu können, muss deren Konnektivität gewährleistet sein. Gerade für KMU können solche Umrüstungen schnell sehr kostspielig werden – zumal die bestehenden Netzwerkinfrastrukturen dafür in vielen Fällen nicht ausreichen dürften und daher aufgerüstet werden müssen.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.