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Branchen | Kanada | Wasser- und Abwassertechnologie

Kanadas Bedarf an Wasser- und Abwassertechnologien ist groß

Städte investieren in die Trinkwasserversorgung und in die Abwasserbehandlung. Neue Technologien können dabei helfen, giftige Abwässer in der Bergbau- und Ölindustrie zu begrenzen.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Kanadas starkes Bevölkerungswachstum sorgt für einen zunehmenden Bedarf an Systemen zur Wasseraufbereitung und zur Abwasserbehandlung. Die höchsten Summen verschlingt dabei die Abwasserbehandlung. Das mit Abstand teuerste Projekt ist zurzeit die Modernisierung der Kläranlage auf Iona Island im Großraum Vancouver für insgesamt etwa 7,2 Milliarden US-Dollar (US$).

In nachhaltige städtische Abwassersysteme fließen Milliarden

Die Vorbereitungsarbeiten auf Iona Island  beginnen 2026. Bis 2035 soll das Projekt abgeschlossen sein. Zum Einsatz kommen unter anderem Technologien wie die tertiäre Abwasserbehandlung. Mit dieser können nicht biologisch abbaubare Schadstoffe beseitigt werden. Gleichzeitig sollen modernste Technologien, Ressourcen und Energie zurückzugewinnen und den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren. Die neuen Anlagen müssen darüber hinaus aktuelle Standards zur Erdbebensicherheit erfüllen und einen künftigen Anstieg des Meeresspiegels einkalkulieren. 

Weitere Großprojekte im Bereich der Wasserwirtschaft verfolgen Toronto und Winnipeg. Toronto investiert derzeit rund 2,2 Milliarden US$ in das größte Regenwasserbewirtschaftungsprogramm seiner Geschichte: Es soll die Metropole nicht nur besser vor Überschwemmungen schützen, sondern auch die Wasserqualität erhöhen und dem Stadtbild in Wassernähe neues Leben einhauchen. Das Programm ist langfristig angelegt und soll erst 2038 abgeschlossen werden. Winnipeg, die Hauptstadt der Provinz Manitoba, rüstet seine North-End-Kläranlage für gut 1,3 Milliarden US$ auf.

Neben städtischen Kläranlagen und Anlagen zur Regenwasserbewirtschaftung besteht in Kanada auch eine hohe Nachfrage nach Hochwasserschutz- und Systemen für die industrielle Abwasserbehandlung. Besonders in den Provinzen British Columbia, Alberta, Manitoba und Ontario werden solche Projekte vorangetrieben.

Wie sich deutsche Anbieter beteiligen können

Auch deutsche Unternehmen können davon künftig mehr profitieren. Denn im Rahmen des Freihandelsabkommens Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) hat sich Kanada verpflichtet, öffentliche Ausschreibungen auf Bundes-, Provinz- und Kommunalebene für Unternehmen aus der EU zu öffnen. Dafür wurde mit CanadaBuys eine neue Ausschreibungsplattform entwickelt, die in Zukunft alle öffentlichen Ausschreibungen veröffentlichen wird. Bis es soweit ist, sind öffentliche Aufträge auf regionaler oder kommunaler Ebene auf den Ausschreibungsplattformen der betreffenden subnationalen Verwaltungseinheiten zu finden. Eine Übersicht gibt es hier.

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Der Ölsandabbau hinterlässt giftige Abwässer

Die Industrie verbraucht ebenfalls viel Wasser. Der größte industrielle Wasserverbraucher in Kanada ist die Stromgewinnung. Mit rund 60 Prozent trägt die Wasserkraft den größten Teil am kanadischen Strommix. Fast zwei Drittel des in Kanada entnommenen Süßwassers wird für die Erzeugung thermischer Energie verwendet. In Wasserkraftwerken dient diese dazu, Wasserdampf zu generieren, der dann Turbinen antreibt, um elektrischen Strom zu produzieren.

Die Wassernutzung in der verarbeitenden Industrie ist sehr effizient und das Wasser wird in der Regel wiederverwendet oder kann in Oberflächengewässer zurückgeführt werden. Problematischer sind der Bergbau und die Öl- und Gasförderung, die zu den Hauptverursachern schädlicher Abwässer zählen. In Kanada zählt dazu insbesondere die Ölsandindustrie: Um aus dem Sand-Lehm-Bitumen-Gemisch "Ölsand" 1 Liter Öl zu gewinnen, wird die zwei- bis fünffache Menge an Wasser benötigt, wodurch viel Abwasser entsteht. Die Ölsandproduzenten verwenden Schmutzwasser zwar mehrfach, dennoch bleiben mit der Zeit große Teiche mit verunreinigtem Wasser zurück, das dann weder weitergenutzt noch in die Natur zurückgeführt werden kann.

Auch die 28 Kohlebergwerke in Kanada haben in verstärktem Maße negative Auswirkungen auf die Umwelt. Um diese zu reduzieren, erarbeitet das nationale Umweltministerium (Environment and Climate Change Canada; ECCC) derzeit Vorschriften über die maximal zulässige Schadstoffkonzentration in Abwässern aus dem Kohlebergbau sowie über deren pH-Wert und Toxizität.

Erfolg versprechende, neue Technologien made in Canada

Der Bedarf an neuen, nachhaltigen Wasseraufbereitungslösungen ist daher groß. So hat das Start-up H2NanO aus Kitchener, Ontario, eine Nanotechnologie zur Aufbereitung von Wasser aus Abwasserteichen entwickelt, mit deren Hilfe mehr Wasser wiederverwendet und möglicherweise sogar in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden kann. Damit die neue Technologie auch in der Praxis zum Einsatz kommt, arbeitet das Jungunternehmen eng mit der Canada's Oil Sands Innovation Alliance (COSIA) zusammen.

Der Spezialist für Wasser- und Abwasseraufbereitung Ovivo aus Montreal, Québec, und das Technologieunternehmen E2metrix aus Sherbrooke, Québec, arbeiten bereits seit zweieinhalb Jahren an einem System, das per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) – gemeinhin auch als "forever chemicals" bekannt – in Wasser und Abwasser beseitigt. Dabei wird die elektrochemische Oxidationstechnologie von E2metrix eingesetzt. Im Februar 2024 hat Ovivo angekündigt, E2metrix zu übernehmen.

Auch für vorbeugende Maßnahmen tun sich neue Möglichkeiten auf: Künstliche Intelligenz (KI) kann zum Beispiel dabei helfen, potenziell toxische Elemente wie Schwermetalle zu erfassen und sicher zu entfernen. Echtzeitanalyseinstrumente erleichtern diese Arbeit.

Wie die oben genannten Unternehmensbeispiele zeigen, treffen Anbieter innovativer Lösungen zur Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung in Kanada auf eine starke heimische Konkurrenz. Viele Unternehmen genießen darüber hinaus auch internationalen Ruf, darunter BQE Water, FilterBoxx Water and Environmental Corp, Newterra und Terragon Environmental Technologies.

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