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Branchen | USA | Wasser- und Abwassertechnologie

Riesiger Bedarf: US-Wassersektor braucht über 1 Billion US-Dollar

Staatliche Programme pumpen Milliarden ins marode Wassernetz. Die Industrie investiert in Abwassertechnik. Das bietet Chancen für deutsche Firmen.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Der Bedarf an Wassertechnik in den USA steigt. Große Ausgabenprogramme des Staates und der boomende Fabrikbau treiben die Investitionen an. Das zeigt sich deutlich an den Bauleistungen im Bereich Wasserversorgung, deren Wert in den ersten elf Monaten 2024 um nominal 18 Prozent gestiegen ist, so die Zahlen des nationalen Statistikamts. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr haben sich die Bauleistungen 2024 gegenüber 2016 verdreifacht. In der Abwassersparte (einschließlich Müll) lag das geschätzte Plus 2024 bei 9 Prozent.

Die Marktforscher von FMI erwarten, dass sich die Aufwendungen für die Frischwassersparte 2025 um 7,8 Prozent erhöhen. In den Bereichen Abwasser und Abfallwirtschaft gehen die Analysten von einem Plus von 5,2 Prozent aus. Dies geht aus dem FMI North America Engineering and Construction Outlook hervor. Zuwächse erwartet auch der Dodge Construction Forecast. Für den Frischwasserbereich geht er 2025 von einem Wachstum von 6 Prozent aus. 

Damit schwächt sich das Wachstum 2025 leicht ab – ein Trend, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Das Abflachen der Wachstumskurve ist dabei vor allem auf den statistische Basiseffekt zurückzuführen: Die starken Zuwachsraten der Vergangenheit lassen sich nicht unendlich in die Zukunft fortsetzen.

Fünf Bundesprogramme treiben den Bedarf

Eine ganze Reihe staatlicher Programme wirkt sich positiv auf die Investitionen der Wasserwirtschaft aus:

  1. Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA):

    Der IIJA ist das bedeutendste Förderinstrument. Er stellt insgesamt rund 50 Milliarden US-Dollar (US$) für die Modernisierung und den Ausbau des Wassersektors zur Verfügung. Das Geld soll dabei mehrheitlich (35 Milliarden US$) in die Frischwasserversorgung fließen. Die Abwasserbehandlung bekommt 12 Milliarden US$. Das Programm läuft bis Ende 2026, wird aber noch lange darüber hinaus wirken, bis alle geförderten Vorhaben fertiggestellt sind.

  2. CWSRF und DWSRF:

    Zwei weitere Bundesprogramme fördern den Wassersektor: Der Clean Water State Revolving Fund (CWSRF) richtet sich an die Kommunen. Er sieht zwischen 2023 und 2027 Zuschüsse im Umfang von knapp 13 Milliarden US$ vor. Im Rahmen des Drinking Water State Revolving Fund (DWSRF) erhalten die Bundesstaaten zinsgünstige Kredite. Die Darlehen haben eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren. Der DWSRF sieht auch Refinanzierungen und Zahlungsgarantien vor.

  3. Inflation Reduction Act (IRA) und Chips and Science Act:

    Zusätzlich wirken sich der IRA und der Chips und Science Act stimulierend auf die Nachfrage nach Wassertechnik aus. Dank dieser beiden Programme befinden sich allein in den Bereichen Solartechnologie, Elektromobilität und Halbleiter Fabriken von Seiten privater Investoren im Wert von 500 Milliarden US$ in der Pipeline, berichten Branchenverbände. In diesen Branchen werden in der Fertigung große Mengen an Wasser verbraucht. Entsprechend hoch fällt der Bedarf an Abwassertechnologie aus.

Geplante Investitionen reichen bei weitem nicht aus

Die auf den ersten Blick großzügig erscheinenden Investitionsprogramme decken jedoch nur einen Teil des tatsächlichen Bedarfs ab. Die US-Umweltschutzbehörde EPA kommt in einem Bericht an den Kongress vom September 2023 zu dem Schluss, dass allein zur Sicherung der Trinkwasserversorgung zwischen 2021 und 2040 rund 630 Milliarden US$ benötigt werden. Die Zahlen basieren auf Preisen vom Januar 2021. Laut Inflationsrechner des US-Arbeitsministeriums (das in den USA die Preissteigerung berechnet) entspräche das in Preisen vom November 2024 einer Summe von 760 Milliarden US$.

Zwei Drittel der notwendigen Ausgaben entfallen auf die Modernisierung des Leitungsnetzes. In den USA gibt es noch sehr viele Wasserleitungen, die Blei enthalten. Laut der Behörde wussten 2021 aber nur etwa 900 Versorger mit Sicherheit, dass sie keine Bleirohre verwenden. Die große Mehrheit der damals befragten rund 3.600 Wasserbetriebe war sich nicht sicher oder machte keine Angaben.

Viel Geld fließt in die dichter besiedelten Flächenstaaten

Auch der geografische Schwerpunkt des 20-Jahres-Plans der Umweltbehörde ist klar umrissen: Knapp 60 Prozent sind für Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern vorgesehen. Der größte Teil fließt in bevölkerungsreiche Flächenstaaten.

Zu den 760 Milliarden US$ kämen noch einmal die Aufwendungen in den Bereichen Abwasser und Hochwasserschutz, so dass sich insgesamt eine Summe von weit über 1 Billion US$ ergäbe. Dabei handelt es sich allerdings um den Investitionsbedarf, der nicht 1:1 umgesetzt wird. Daher dürften sich die zukünftigen Investitionen in die Wasserwirtschaft bis 2040 eher auf einen mittleren dreistelligen Milliardenbetrag summieren.

Aus den geplanten Investitionen ergeben sich Zulieferchancen für ausländische Unternehmen, denn die USA sind auf den Import von ausländischer Expertise und Technologie angewiesen. Für die oft hohen lokalen Wertschöpfungsanteile ("local content") im Rahmen öffentlich geförderter Projekte gelten explizit Ausnahmen, wenn es nicht ausreichend einheimischen Anbieter gibt.

Die Wasserwirtschaft in den USA ist stark fragmentiert. Größter Anbieter ist American Water, mit einem Marktanteil von knapp 4 Prozent in den Bereichen Frischwasser und Bewässerung, so IBIS World. Insgesamt gab es 2024 laut dem Marktforschungsunternehmen über 50.000 Branchenfirmen mit 300.000 Angestellten, die es auf einen Gesamtumsatz von 100 Milliarden US$ brachten.

Water Expo als Einstieg in den US-Markt

Für ausländische Mittelständler ist es angesichts der schieren Größe des US-Marktes schwierig, sich einen Überblick über die verschiedenen Investitionsprojekte zu verschaffen. Hinzu kommt ein Flickenteppich an Regularien: In jedem Bundesstaat gelten spezifische Regeln, dazu beschreitet jede Kommune eigene Wege. Für deutsche Anbieter macht es daher Sinn, sich zunächst auf die großen Absatzregionen zu konzentrieren. Eine gute Möglichkeit für Geschäftsanbahnungen ist die Messe Water Expo, die Ende August 2025 in Florida stattfindet.

Kontaktadressen und weiterführende Informationen
InstitutionAnmerkung
Nationale Umweltbehörde (EPA)

Umfrage 2023 und Prognose bis 2040

 

Clean Water State Revolving Fund 

 

Drinking Water State Revolving Fund 

American Water Works AssociationBranchenverband; gute Übersicht über Fachkonferenzen
National Onsite Wastewater Recycling AssociationBranchenverband der Abwasserwirtschaft
Water ExpoFachmesse, nächste Veranstaltung: 21.-22.8.2025 in Fort Lauderdale, Florida

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