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Kanadas Landwirtschaft kämpft mit vielen Herausforderungen

Der Umsatz mit Landmaschinen dürfte 2024 leicht sinken, nach einem kräftigen Zuwachs im Vorjahr. Umweltschutz und Arbeitskräftemangel stellen Landwirte vor große Herausforderungen.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Allradtraktoren und Druckluftbohrer zählen laut dem staatlichen Finanzdienstleister Farm Credit Canada (FCC) zu den wenigen Maschinen und Geräten, die kanadische Landwirte 2024 verstärkt nachfragen werden. Insgesamt werden die Landmaschinenverkäufe dieses Jahr schwächer ausfallen als 2023. Die Hauptgründe: anhaltend hohe Zinsen, teure Ausrüstung und rückläufige Preise für Agrarrohstoffe.

Im Jahr 2023 ist der Landmaschinenmarkt noch kräftig gewachsen, da viele Neugeräte wieder verfügbar waren und die Landwirte Rekordeinnahmen verzeichneten. Zwar dürften die Einkünfte in der Landwirtschaft auch 2024 noch deutlich über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre bleiben. Aber sinkende Preise für wichtige Getreidesorten und deutlich schwächer ansteigende Rinderpreise mindern die Investitionsbereitschaft. Das geht aus einem Bericht des kanadischen Landwirtschaftsministeriums hervor.

Digitalisierung soll Landwirtschaft nachhaltiger und produktiver machen

Dabei steht Kanadas Agrarwirtschaft vor vielschichtigen Herausforderungen: Um bis 2025 einer der weltweit fünf größten Anbieter von Produkten der Ernährungswirtschaft zu werden, muss das Land seine Agrarerträge erhöhen sowie effizienter und nachhaltiger produzieren. Hierbei spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Eines der unter Premierminister Justin Trudeau geschaffenen fünf kanadischen Spitzencluster, "Protein Industries Canada", fördert entsprechende Technologien.

Des Weiteren muss die kanadische Landwirtschaft ihre CO2-Emissionen reduzieren. Der Sektor trägt gut zehn Prozent zum Treibhausgasausstoß des Landes bei. Die Düngemittelproduktion einbezogen, ist der CO2-Fußabdruck noch größer. Die Regierung in Ottawa will die mit Düngung verbundenen Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2020 um 30 Prozent schmälern. Ein Schlüsselkonzept ist dabei die CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (carbon capture, utilisation and storage, kurz: CCUS), die beispielsweise bei der Düngemittelfabrik von Nutrien in Redwater, Alberta, eingesetzt wird.

Sonst sind CCUS-Technologien in dem Bereich aber eher selten anzutreffen. Denn solche Anlagen sind teuer: Sie können je nach Größe und Standort bis zu 35 Millionen US-Dollar (US$) kosten. Dazu kommen strenge Genehmigungsverfahren (Umweltauflagen, Überwachungspläne). Auch muss vielerorts zunächst die Transport- und Speicherinfrastruktur für CO2 ausgebaut werden.

Darüber hinaus setzt Kanada auf Präzisionstechnologie sowie innovative Futtermittelzusätze und anaerobe Vergärungsanlagen, um die Methanemissionen in der Viehhaltung zu verringern. Allerdings sind auch solche Anlagen wegen hoher Anschaffungskosten oft unerschwinglich, vor allem für kleinere Betriebe. Um genügend Dung für einen Fermenter zu produzieren, werden außerdem mindestens 150 Kühe benötigt. In Provinzen wie Alberta sind solche Größen zwar für viele Rindermastbetriebe üblich, aber in Ontario ist eine Durchschnittsfarm beispielsweise nur etwa halb so groß.

Bei den Forschungsausgaben hinkt Kanada anderen Nationen hinterher

Kanadas Regierung hat seit Ende 2020 eine beachtliche Summe für die Verringerung der Nettotreibhausgasemissionen in der Landwirtschaft und verwandten Gebieten bereitgestellt. Im Rahmen des im Dezember 2020 gestarteten "2 Billion Trees"-Programms investiert Ottawa über einen Zeitraum von zehn Jahren 2,5 Milliarden US$ in die Aufforstung

Ferner sollen dreistellige Millionenbeträge in natürliche Klimalösungen fließen, die auf dem Schutz, Wiederaufbau und nachhaltigen Management von Ökosystemen basieren. In den letzten drei Jahren wurden immer neue Fonds aufgelegt sowie bestehende aufgestockt, umbenannt und erweitert, sodass die Fördermaßnahmen insgesamt unübersichtlich sind. Den Versuch einer systematischen Übersicht bietet das US-Landwirtschaftsministerium (USDA); wichtige Begleitinformationen liefert auch dieser Blog zur kanadischen Landwirtschaft, Ernährung und Bioökonomie.

Dennoch hinkt das Land laut einem Bericht der Royal Bank of Canada (RBC) bei den öffentlichen Forschungs- und Entwicklungs (FuE)-Ausgaben im Agrar- und Lebensmittelbereich anderen wichtigen Herstellerregionen hinterher - zum Teil sogar deutlich. Auch die unternehmensinternen FuE-Ausgaben sind in Kanadas Agrarsektor eher niedrig. Andererseits steigen die Ertragserwartungen – trotz sich häufender Wetterextreme und globaler Konflikte. Andere Regionen wie die USA, die EU, Australien und China stellen für die Klimafinanzierung im Agrarbereich jeweils rund drei Mal so viel Geld bereit.

Ungelöste Nachfolgeregelung verschärft Arbeitskräftemangel

Zudem dürfte Kanadas Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft weiter zunehmen. Der Canadian Agricultural Human Resource Council hat bis 2030 eine Arbeitskräftelücke von insgesamt 543.000 Personen berechnet. Ausländische Zeitarbeitskräfte könnten maximal drei Viertel dieser Lücke schließen. Im September 2023 kündigte die Einwanderungsbehörde "Immigration, Refugees and Citizenship Canada" daher an, dass Menschen mit Erfahrung im Agrar- und Ernährungssektor fortan schneller eine Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten können. Zu diesem Personenkreis sollen unter anderem auch landwirtschaftliche Dienstleister, Betriebsinhaber, Fleischer, Fleischeinzelhändler und -großhändler zählen.

Neben das Problem des Arbeitskräftemangels gesellt sich außerdem noch das des Führungswechsels: Bis 2033 werden vier von zehn kanadischen Landwirten in den Ruhestand gehen. Knapp zwei Drittel der betroffenen Betriebe haben RBC-Untersuchungen zufolge noch keine Nachfolgeregelung getroffen.

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