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Wirtschaftsumfeld | Kasachstan | Transportrouten

Kasachstan exportiert Öl und Uran über den Mittleren Korridor

Öllieferungen über das Kaspische Meer sollen spürbar zunehmen. Auch der Uranproduzent Kazatomprom weicht aus Risikogründen vermehrt auf alternative Routen aus. (Stand: 19.01.2023)

Von Jan Triebel | Almaty

Der Mittlere Korridor wird für den Gütertransit zwischen Asien und Europa immer wichtiger. Auch für das kasachische Exportgeschäft wird die Route über das Kaspische Meer und den Südkaukasus zunehmend interessant. Vor allem, wenn es um Erdöl geht, welches Kasachstan die mit Abstand höchsten Exporterlöse beschert. Noch wird kasachisches Öl überwiegend über russisches Territorium exportiert.

Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und den immer strikteren Sanktionen gegen Russland besteht großer Handlungsbedarf, um die Abhängigkeit von den angestammten Routen zu reduzieren.

Informationen zum Mittleren Korridor

Der Mittlere Korridor gilt für Gütertransporte per Eisenbahn und Lkw zwischen Asien und Europa als wichtige Alternative zu Routen, die durch Russland führen. In der chinesischen Hafenstadt Lianyungang startet die etwa 9.400 Kilometer lange Strecke über Land und See. Sie reicht im Westen bis nach Istanbul und zum türkischen Mittelmeerhafen Mersin.


Neben China und der Türkei führt der Korridor durch Kasachstan, Aserbaidschan und Georgien. Der Seetransport über das Kaspische Meer gilt als Hauptnadelöhr. Container benötigen für die gesamte Strecke etwa zwei Wochen und damit nur halb so viel Zeit wie Transporte auf dem Seeweg über den Suezkanal. 

Lieferungen über BTC-Pipeline mit Aserbaidschan vereinbart

Eine erste Liefervereinbarung zwischen den beiden staatlichen Ölkonzernen KazMunayGas (KMG; Kasachstan) und SOCAR (Aserbaidschan) rückt nun den Mittleren Korridor stärker in den Fokus. Sie betrifft zunächst bis zu 1,5 Millionen Tonnen Öl pro Jahr und trat Anfang 2023 in Kraft. Kasachstan wird diese Menge von seinem Hafen Aktau aus über das Kaspische Meer umschlagen und auf aserbaidschanischer Seite über die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline (BTC) weitertransportieren können.

Die BTC-Pipeline, die seit 2005 von einem internationalen Konsortium betrieben wird, beginnt nahe der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Von dort aus führt sie über Georgien bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Ihr jährlicher Durchsatz beträgt rund 50 Millionen Tonnen.

Export von 20 Millionen Tonnen Öl jährlich als langfristiges Ziel

Trotz der recht überschaubaren Menge bewerten Beobachter die Vereinbarung zwischen Kasachstan und Aserbaidschan als Erfolg. Auf mittlere Sicht wollen die Partner den Umschlag auf 6,5 Millionen Tonnen pro Jahr steigern. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hofft, den Ölexport über das Kaspische Meer langfristig auf jährlich bis zu 20 Millionen Tonnen Öl ausweiten zu können.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen zunächst die Umschlagkapazitäten der Häfen auf beiden Seiten des Kaspischen Meers sowie die Tankerflotte aufgestockt werden. Konkrete Projekte sollen in nächster Zeit folgen. 

Die Pipeline des multinationalen Unternehmens Caspian Pipeline Consortium (CPC) dient bisher als Hauptroute für Öllieferungen aus Kasachstan ins Ausland. Die CPC, die über eine Kapazität von 1,2 Millionen bis 1,4 Millionen Fass Rohöl pro Tag verfügt, bewältigte zuletzt gut 80 Prozent des jährlichen kasachischen Ölexports.

Im Jahr 2022 leitete die CPC insgesamt knapp 59 Millionen Tonnen in den russischen Hafen Noworossijsk am Schwarzen Meer durch. Davon stammten rund 52 Millionen Tonnen aus Kasachstan. Angaben des Betreiberkonsortiums zufolge steuerten die drei größten kasachischen Öllagerstätten folgende Mengen dazu bei:

Weitere Optionen für Ölexport über georgische Schwarzmeerhäfen im Gespräch

Zusätzlich zur BTC-Pipeline prüfen Kasachstan und Aserbaidschan weitere Möglichkeiten für den Transport kasachischen Öls in Richtung Westen. Dazu zählt eine Pipeline, die Baku mit dem Hafen Supsa in Georgien verbindet. Die Western Route Export Pipeline kann bis zu 100.000 Fass Öl pro Tag bewältigen; bei der BTC sind es bis zu 1,2 Millionen Fass pro Tag. Mit Öl aus aserbaidschanischer Förderung wurden diese Kapazitäten in den letzten Jahren nicht ausgereizt.

Außerdem wird überlegt, den Transport kasachischen Öls per Eisenbahn zu intensivieren. Von Baku aus gelangen so bereits seit längerem überschaubare Mengen in Kesselwagen nach Georgien. Im georgischen Hafen Batumi unterhält KMG ein Verladeterminal.

Kasachstan erwirtschaftet Jahr für Jahr hohe Einnahmen mit dem Verkauf seines Öls. Die Ausfuhr von knapp 70,6 Millionen Tonnen Öl (SITC-Position 333.0) spülte 2020 insgesamt 23,7 Milliarden US-Dollar (US$) in die kasachischen Kassen. Daten von UN Comtrade zufolge entsprach dies 50,5 Prozent aller Exporterlöse des Landes.

Kasachstan verkauft sein Öl hauptsächlich in die EU

Kasachstan exportiert sein Öl überwiegend in die EU. Im Jahr 2020 entfielen mengenmäßig mehr als 70 Prozent der kasachischen Ölausfuhr auf die EU.


Das meiste Öl gelangt über die großen Ölhäfen Triest in Italien und Rotterdam in den Niederlanden dorthin. Von dort aus wird ein Großteil des Öls per Pipeline zu Endkunden in verschiedenen EU-Staaten weitergeleitet.


Daten von Eurostat zufolge hat Deutschland im Jahr 2020 dem Wert nach das meiste Öl aus Kasachstan abgenommen. Ab Anfang 2023 bezieht Deutschland zudem kasachisches Öl über die Druschba-Pipeline

Auch Uran geht über den Mittleren Korridor ins Ausland

Neben Öl setzt Kasachstan auch bei Uran gezielt auf den Mittleren Korridor. So traf Ende 2022 eine größere Ladung mit kasachischem Uran per Schiff in Kanada ein. Die dafür genutzten Spezialcontainer waren zuvor über den Mittleren Korridor bis in den georgischen Hafen Poti gelangt, von wo aus die Überfahrt nach Kanada startete. Das Uran stammte vom Staatskonzern Kazatomprom, weltweit die Nummer 1 in der Uranförderung, sowie dem kasachisch-kanadischen Gemeinschaftsunternehmen Inkai (Kazatomprom: 60 Prozent; Cameco: 40 Prozent).

Kazatomprom nutzt den Mittleren Korridor für Uranexporte nach eigenen Angaben bereits seit 2018. Aktuell trage die alternative Route besonders bei Lieferungen an westliche Kunden dazu bei, "das Risiko zu mindern, sollte die Hauptroute aus irgendeinem Grund nicht verfügbar sein", so Kazatomprom in einer Pressemitteilung. Das Unternehmen nutzt vorrangig den russischen Hafen in Sankt Petersburg für den Export seines Urans.

Entsprechend prüft das Unternehmen kontinuierlich die zunehmenden Sanktionen gegen Russland und deren Auswirkungen, die sie auf den Urantransport über russisches Territorium haben könnten. Stand Mitte Januar 2023 gab es keine Restriktionen für Uran.

Kasachstan ist auf dem internationalen Parkett der wichtigste Lieferant für natürliches Uran (SITC-Position 525.11). Von den Gesamtexporten des radioaktiven Stoffes in Höhe von rund 44.900 Tonnen stammten 2020 laut Angaben von UN Comtrade etwa 62 Prozent aus Kasachstan. Dahinter folgten Kanada und die USA, deren Marktanteile bei gut 28 Prozent und 7 Prozent lagen. Kasachische Erlöse aus der Uranausfuhr betrugen 2020 gut 1,7 Milliarden US$, was knapp 4 Prozent der Gesamtausfuhren des Landes entsprach.

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