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Special | Zentralasien | Transport und Logistik

Mittlerer Korridor: Alternative zum Transit über Russland?

Zentralasien und der Südkaukasus wollen eine alternative Transportverbindung auf der Ost-West-Achse etablieren. Sie kündigen Projekte an und werben um internationale Förderung. 

Der Krieg in der Ukraine sorgt für Ungewissheit beim Warenverkehr zwischen Ost und West. Noch rollen die Züge über Russland, doch alternative Transportwege sind gefragt. Einige Logistiker setzen mittlerweile auf den Mittleren Korridor, welcher China über Zentralasien, das Kaspische Meer, den Südkaukasus und wahlweise das Schwarze Meer oder die Türkei mit Europa verbindet.

Das häufige Umladen und die vielen Grenzen machen die Route aber zeitaufwendig und teuer. Auch die Kapazitäten sind bisher beschränkt. Aber zahlreiche Ausbauprojekte entlang der Strecke und die mögliche Förderung im Rahmen der europäischen Infrastrukturoffensive Global Gateway zeigen, dass der Mittlere Korridor internationalen Rückenwind genießt.

  • Zentralasien und Südkaukasus rücken im Transportsektor zusammen

    Die wachsende Nachfrage nach alternativen Transitrouten zwischen Asien und Europa bringt Schwung in den transkaspischen Transportkorridor. (Stand: 20.01.2023)

    Die zentralasiatischen GUS-Republiken und die südkaukasischen Länder haben gute Chancen, von der geostrategischen Zeitenwende zu profitieren. Denn westliche Unternehmen diversifizieren ihre Zuliefer- und Abnehmerstrukturen. Außerdem sind alternative Transitkorridore für den Ost-West-Warentransport gefragter denn je. 

    Mittlere Route umgeht Russland beim Ost-West-Verkehr

    Die Länder in Zentralasien und im Südkaukasus setzen auf den Ausbau des sogenannten mittleren Korridors, der China über das Kaspische Meer mit Europa verbindet. Zwar kann diese - auch als transkaspische Route bezeichnete - Strecke dem nördlichen Korridor über Russland mittelfristig nicht Paroli bieten, doch im Trend nimmt ihr Gewicht als internationale Transportachse zu.

    Drei Faktoren tragen zur Belebung der transkaspischen Transportroute bei:  

    • Chinas Interesse an einer international verzweigten Transportinfrastruktur für den Warentransport in Richtung Europa als Teil der One Belt, One Road-Initiative (OBOR),
    • auf Exporte ausgerichtete Diversifizierung der Wirtschaft in Zentralasien, 
    • Umleitung des Güterverkehrs China – Europa vom nördlichen auf den mittleren Korridor als Reaktion auf die gegen Russland verhängten Sanktionen und damit zusammenhängende Unsicherheiten im Transportgeschäft auf der Route via Russland/Belarus.  

    Letzteres treibt den Ausbau des mittleren Korridors aktuell besonders voran. Internationale Transport- und Logistikunternehmen lenken aufgrund der durch Krieg und Sanktionen blockierten Transportwege in Osteuropa einen Teil oder auch alle ihre Transporte auf der Strecke China - Europa auf den mittleren Korridor um. Hierzu zählen der dänische Frachtriese A.P. Møller Maersk, die finnische Logistikgruppe Nurminen Logistics Services Oy, der niederländische Logistikanbieter Nunner, die chinesischen Unternehmen Juyan und Ruiang (Xi'an) und auch deutsche Firmen wie beispielsweise Dachser Cargoplus.

    Transkaspische Internationale Transportroute (TITR) im Überblick

    Das Koordinierungskomitee für die Entwicklung der TITR trat im Jahr 2014 zusammen, die Gründung der internationalen Assoziation TITR folgte im Jahr 2017. Die aktuelle jährliche Umschlagkapazität beträgt 6 Millionen Tonnen, darunter 80.000 20-Fuß-Standardcontainer (TEU; Stand: Anfang 2022). 


    Transportdauer von Lianyungang/China über Altinkol/Kasachstan (kasachisch-chinesische Grenze) und...

    • ...Poti/Georgien – nach Constanta/Rumänien: 21 Tage (siehe Karte)
    • ...Baku/Aserbaidschan – nach Istanbul (Türkei): 16 Tage (und weiter nach Trieste/Italien: 21 Tage)

    Transportvolumen mit klarem Aufwärtstrend

    Die Vereinigung Transkaspische Internationale Transportroute (TITR) prognostiziert, dass sich das Transportvolumen im Jahr 2022 über den mittleren Korridor im Vergleich zum Vorjahr versechsfacht - auf bis zu 3,2 Millionen Tonnen. Zwar wird die Zuwachsrate voraussichtlich nicht ganz erreicht, doch im Trend steigen die Umschlagzahlen klar an.    

    Auf mittlere Sicht könnte der jährliche Güterumschlag 10 Millionen Tonnen und der Containerumschlag 200.000 TEU erreichen, so Experten der TITR-Vereinigung. Zudem bringen sich immer mehr Transportdienstleister in das Gesamtprojekt ein. Die Anzahl der TITR-Mitglieder hat sich seit ihrem Gründungsjahr 2017 bis heute auf 20 erhöht.

    Entwicklung des Frachtaufkommens über den mittleren Korridor (via Kaspisches Meer)

    Kennziffer

    2017 bis 2021 insgesamt

    2021

    2022

    2030

    Transportvolumen (in Mio. t)

    4,4

    0,5

    3,2 1)

    10,0 3)

    Container (TEU; Container mit 20 Fuß Länge)

    93.300

    25.200 2)

    50.000

    200.000

    1) Prognose; Ist Januar bis August 2022: 1,3 Mio. t; 2) darunter 9.023 TEU aus China; 3) mittelfristige SchätzungQuelle: Vereinigung Trans-Caspian International Transport Route (TITR) 2022

    Südkaukasus als Drehscheibe zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer

    Das wachsende Transitgeschäft in der Region spiegelt sich auch in Branchenstatistiken und -prognosen der südkaukasischen TITR-Mitgliedsstaaten wider. Der Koordinierungsrat Aserbaidschans für Transitgütertransporte gibt das Volumen der im 1. Halbjahr 2022 über aserbaidschanisches Territorium beförderte Transitfracht mit rund 6 Millionen Tonnen an. Das waren fast 50 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Der Transport von Öl- und Ölprodukten stieg um knapp 60 Prozent und von anderen Gütern um gut ein Drittel. Damit klinkt sich Aserbaidschan zunehmend in die neue Seidenstraße ein

    Georgiens Transportgewerbe steigert die Einnahmen des Transitgeschäfts im Bahn- und Seetransport 2022 um etwa 140 Millionen US-Dollar (US$) auf circa 850 Millionen US$ (Angaben ohne Passagiertransport). Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Nichtregierungsorganisation Society and Banks.

    Einen besonderen Schub könnte die mittlere Route erleben, wenn der über armenisches Gebiet führende und 45 Kilometer lange multimodale Sangesur-Korridor wiederbelebt wird. Das Projekt ist Teil des politischen Normalisierungsprozesses zwischen Aserbaidschan und Armenien. Die Verbindung zwischen Aserbaidschan und seiner Exklave Nachitschewan würde Armenien erstmals eine aktive Einbindung in die TITR ermöglichen. Nutznießer des Korridors wäre auch die Türkei, die eine schnelle Verbindung zum Kernland Aserbaidschans und über den Kaspisee auch zu Zentralasien erhalten würde. Der sich im September 2022 erneut zuspitzende Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien stellt das Vorhaben aber wieder infrage.

    Usbekistan will Zentral- und Südasien verbinden

    Die Pläne Usbekistans für die regionale Transportkooperation gehen weit über den mittleren Korridor hinaus. Das Land will sich als Logistikhub zwischen Süd- und Südostasien, Westeuropa, China und Russland etablieren. Kernelement der Initiative ist der mit Partnern aus Afghanistan und Pakistan geplante, 750 Kilometer lange Bahnkorridor von Termiz (Südusbekistan), über Masar-e Scharif und Kabul (Afghanistan) nach Peschawar (Nordpakistan). Dieser würde Usbekistan auch mit den pakistanischen Häfen Karatschi und Gwadar verbinden. Das auf bis zu 5 Milliarden US$ veranschlagte Projekt umfasst auch den Bau von 336 Brücken und drei Tunnel. 

    Neue Initiativen und Investitionsprojekte kurbeln Entwicklung an

    Die direkt in den transkaspischen Korridor involvierten und benachbarte Staaten haben in den letzten Monaten viele Vereinbarungen geschlossen, um die mittlere Transportroute zu fördern. Abgerundet werden die Initiativen von steigenden Investitionen in die Infrastruktur entlang der Strecke. 

    Die erklärten Ziele sind:

    • Kapazitätsausbau für das Transitgeschäft,
    • Erleichterungen im grenzüberschreitenden Transport, 
    • Entwicklung neuer multimodaler Transportrouten unter Einbindung bestehender Verkehrswege.   
    Neue regionale Initiativen für den Ausbau des mittleren Korridors

    Initiative

    Beteiligte Länder/Partner

    Gründung eines Transport- und Logistikunternehmens, Registrierung für 2023 geplant (Ziele: Erleichterung des Frachtumschlags, Koordinierung der Tarife und Aufbau einer gemeinsamen IT-Plattform)

    Bahnunternehmen aus Georgien, Aserbaidschan, der Türkei und Kasachstan

    Gründung eines Joint Ventures für Transit-Containertransporte, zurzeit Gründungsphase (analog zur Vereinigten Transit- und Logistikgesellschaft – Eurasische Eisenbahnallianz - Transit-Gütertransporte auf dem Nördlichen Transportkorridor)  

    Aserbaidschan, Georgien und die Türkei

    Vereinbarung nationaler Transportbehörden über Erleichterungen im internationalen Frachttransport auf der Achse China – Europa, die Organisation intermodaler Frachttransporte in die Türkei via Usbekistan - Turkmenistan - Iran sowie Entwicklung eines Konzepts für Transporte über den türkischen Gebirgssee Van (Initiative vom August 2022)

    Usbekistan, Turkmenistan und der Iran

    Ausbau der Kooperation bei der Errichtung eines Systems von Transportkorridoren auf der Trasse Zentralasien - Südkaukasus und Sicherung kostengünstiger Transporte über usbekische Logistikzentren und georgische Häfen (Initiative vom Juli 2022)

    Usbekistan und Georgien 

    Gründung eines Joint Ventures für den internationalen Automobiltransport (Initiative vom August 2022)

    Usbekistan, Turkmenistan und Pakistan

    Abstimmung und Umsetzung eines Aktionsplans zur Erhöhung der Effektivität und Nutzung der Bahntrasse Baku/Aserbaidschan - Tiflis/Georgien - Kars/Türkei (Initiative vom Juni 2022)

    Usbekistan, Georgien und Aserbaidschan

    Vereinbarung über Erleichterungen im internationalen Frachttransport (Initiative vom August 2022)  

    Usbekistan und Turkmenistan (unter geplanter Einbindung Irans)

    Errichtung eines neuen multimodalen Korridors Türkei - Südasien/Pakistan (Initiative vom August 2022)

    Türkei, Aserbaidschan, Georgien, interessierte zentralasiatische GUS-Republiken, Afghanistan und Pakistan 

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Ausgewählte Investitionsvorhaben für den Ausbau des mittleren Korridors

    Projektbezeichnung

    Investitionssumme (in Millionen US$)

    Zeitraum der Realisierung

    Projektträger

    Bahntrasse China - Kirgisistan - Usbekistan (ca. 520 km; etwa 50 Tunnels und 90 Brücken)

    5.000 (Schätzung)

    Unterzeichnung einer dreiseitigen Vereinbarung über den Bau der Trasse in Kirgisistan (14.09.2022), noch offene Finanzierungsfragen

    Transport- und Kommunikationsministeriums Kirgisistans, Transportministeriums Usbekistans, Nationale Kommission für Entwicklung und Reformen Chinas (NDRC)

    Bahntrasse Darbaza/Kasachstan - Maktaaral/Grenze zu Usbekistan (106 km, Ausbau des grenzüberschreitenden Gütertransports)

    350

    Erstellung einer Machbarkeitsstudie, geplanter Realisierungszeitraum 2024 bis 2025

    Kazakhstan Temir Zholy (Kasachische Eisenbahn)


    Ausbau der Infrastruktur im Hafen Quryq/Kuryk, Kasachstan (Bau einer Schiffs-/Schiffsreparaturwerft, Investitionen in neue Liegeplätze und die Beschaffung von Fähren)

    400

    2021/2022 bis 2030

    Port Kuryk LLP


    Straße Kyzylorda/Kasachstan und Utschkuduk/Usbekistan (280 km; 240 km auf kasachischem Gebiet)

    170

    Erstellung der Machbarkeitsstudie für 2024/2025 geplant, vorgesehene Bauzeit: 2 bis 3 Jahre

    Nationale Straßenbaubehörde KazAvtoZhol


    Ausbau der Infrastruktur im Hafen Aqtau/Aktau, Kasachstan (Errichtung eines Containerhubs; Erweiterung der jährlichen Umschlagkapazität auf 124.000 TEU, Ist 2021: 33.526 TEU; Modernisierung von Liegeplätzen, neue Lagerkapazitäten, Wassertiefeninstandsetzung)

    120

    2021/2022 bis etwa 2025/2026

    Nationalgesellschaft Handelsseehafen Aktau (NK AMTP)


    Errichtung des Internationalen Zentrums für Handel und Wirtschaftskooperation Zentralasien (ICTEC) an der kasachisch-usbekischen Grenze (Grenzübergang Shibek Sholy; Abertigung von täglich bis zu 5.000 Lkw auf beiden Seiten) 

    k.A.

    Offizieller Startschuss: April 2021, Investitionsphase: 2020 bis 2023, geplante Ausbauphase: 2023 bis 2025)

    k.A.

    2. Ausbauphase des Seehafens Baku/Aserbaidschan (Erweiterung der jährlichen Umschlagkapazität von 15 Mio. t und 100.000 TEU-Container auf 25 Mio. t und 500.000 TEU-Container)

    k.A.

    Erstellung einer Machbarkeitsstudie und erste Projektierungsarbeiten, vorgesehener Baubeginn: 2023/2024

    Hafen Baku/Aljat


    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Von Uwe Strohbach | Taschkent

  • Kasachstan baut seine Häfen für Mittleren Korridor aus

    Um die Transportkapazitäten am Kaspischen Meer zu steigern, sind massive Investitionen nötig. Doch den ambitionierten Plänen stehen noch einige Schwierigkeiten im Weg. (Stand: 16.06.2023)

    Der Mittlere Korridor, der von Asien über das Kaspische und Schwarze Meer nach Europa führt, ist insbesondere seit dem Ukrainekrieg eine Alternative zum Transport über Russland geworden. Doch um die Strecke durch Zentralasien und den Südkaukasus stärker nutzen zu können, muss Kasachstan seine Umschlagkapazitäten am Ostufer des Kaspischen Meeres ausbauen.

    Vergleich von Transportrouten zwischen Europa und China

    Korridor

    Transport-medium

    Verlauf

    Länge in Kilometern

    Transportdauer in Tagen

    Nördlicher Korridor

    Schiene

    China – (Kasachstan) – Russland – Belarus – EU

    10.000 - 10.300

    12 - 16

    Mittlerer Korridor

    Schiff, Lkw, Schiene

    China – Kasachstan – Kaspisches Meer – Aserbaidschan – Georgien – Türkei – EU

    9.400 - 11.000

    18 - 23

    Südlicher Korridor

    Schiff

    China – Indischer Ozean – Mittelmeer – EU

    16.400

    35 - 45

    Quelle: TITR 2023

    Das Transportaufkommen zwischen den Häfen Aktau und Baku über den Mittleren Korridor hat laut dem internationalen Verband Transkaspischer Internationaler Transportweg (TITR) von 4.900 TEU (20-Fuß-Standardcontainer) im Jahr 2015 auf 33.600 TEU im Jahr 2022 zugenommen. Die Warentransporte nach Gewicht betrugen 2022 insgesamt 1.485 Tonnen, ein Plus von 153 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

    Verband Transkaspischer Internationaler Transportweg (TITR)

    Der Verband TITR wurde 2013 von den staatlichen Eisenbahnunternehmen Kasachstans (Kazakhstan Temir Zholy (KTZh)), Aserbaidschans (Azerbaijan Railways) und Georgiens (Georgian Railway) gegründet, um den transkaspischen Transportweg zu entwickeln. Mittlerweile sind hier staatliche und privatwirtschaftliche Unternehmen aus allen am Mittleren Korridor beteiligten Ländern organisiert, unter anderem aus der Türkei, Armenien, der Ukraine, Rumänien und China. Einen einheitlichen Transportkostentarif, der in allen Ländern gilt, hat der Verband bisher nicht durchgesetzt.  

    Aktau ist Kasachstans wichtigster Hafen

    Die meisten Transporte über das Kaspische Meer werden über den Hafen Aktau abgewickelt. An ihn sind Seerouten nach Aserbaidschan, Russland, Turkmenistan und in den Iran angebunden. Im Hafen Aktau sind zwei Betreiber tätig.

    Die Hafengesellschaft Aktau (Aktau Sea Commercial Port) gehört zu 100 Prozent dem kasachischen Staatsfonds Samruk Kazyna und wird durch die nationale Eisenbahngesellschaft Kazakhstan Temir Zholy (KTZh) verwaltet. Die Umschlagkapazität der von der Hafengesellschaft Aktau betriebenen Terminals liegt bei rund 11,8 Millionen Tonnen pro Jahr. Laut Unternehmensleitung ist dieser Teil des Hafens Aktau derzeit nur zu rund einem Drittel der Kapazität ausgelastet.

    Dynamik des Containerumschlags im Hafen von Aktau von 2018 bis 2023 (in TEU)

    2018

    2019

    2020

    2021

    2022

    2023*

    2.489

    14.324

    17.969

    27.624

    30.708

    7.470

    * Januar bis April Quelle: Hafen Aktau 2023

    Ein weiterer Hafenbereich wird vom 2015 gegründeten kasachisch-singapurischen Joint Venture Nordterminal (Aktau Marine North Terminal) betrieben. 60 Prozent der Anteile hält der Schiffseigner Inter Port Development PTE aus Singapur, weitere 30 Prozent das Logistikunternehmen der kasachischen Eisenbahn KTZh Express und 10 Prozent die Hafengesellschaft Aktau.

    Im Nordterminal können pro Jahr rund 3 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen werden. Auch diese Kapazität wird derzeit nicht voll ausgenutzt. Der Betreiber wickelt etwa 65 Prozent seines Umschlags für den Export ab, 35 Prozent für den Import. Wichtigste Partner sind Logistikunternehmen im Iran, von wo rund 90 Prozent der Importe, hauptsächlich Baumaterialien und Baustoffe, stammen, und wohin rund 80 Prozent der Exporte, überwiegend kasachisches Getreide, gehen.

    Neuer Hafen in Kuryk

    Um Kasachstan fit zu machen für einen möglichen künftigen Anstieg der Nachfrage auf dem Mittleren Korridor, entsteht seit 2015 nahe der Ortschaft Kuryk, rund 70 Kilometer südlich von Aktau, der neue Hafen Kuryk. Auch hier sind zwei Betreiber tätig.

    Die Hafengesellschaft Kuryk, eine 100-prozentige Tochter der kasachischen Eisenbahn KTZh, betreibt den Fährhafen und ein Logistikzentrum mit Gesamtumschlagkapazität von rund 4 Millionen Tonnen pro Jahr. Die tatsächliche Auslastung betrug in den vergangenen Jahren jeweils rund ein Drittel. Ein größeres, an den Fährkomplex angrenzendes Areal gehört dem privatwirtschaftlichen Investor Semurg Invest, der es unter dem Namen multifunktionales Terminal Sarzha entwickelt und derzeit mit möglichen Partnern die Erweiterung verhandelt.

    Im Juli 2023 wird Semurg Invest ein erstes Getreideterminal mit einer Kapazität von 250.000 Tonnen pro Jahr in Betrieb nehmen. Weitere Terminals sind geplant. Bereits fertiggestellt hat Semurg Invest die Anbindung des neuen Hafengeländes an das Eisenbahnnetz Kasachstans, so dass die An- und Ablieferung von Waren nicht nur per Lkw, sondern auch per Bahn sichergestellt ist. Langfristig hat Semurg Invest auch den Bau einer Schiffswerft im Hafen Kuryk im Auge, um die veraltete Schiffsflotte auf dem Kaspischen Meer zu erneuern. Konkrete Pläne zur Umsetzung stehen noch aus.

    Logistikakteure im Gebiet Mangystau am Kaspischen Meer in Kasachstan

    Betreibergesellschaft

    Vorhandene Infrastruktur 2023

    Umschlagkapazitäten 2023

    Sonstiges

    Hafengesellschaft Aktau (Aktau Sea Commercial Port), Hafen Aktau

    - Terminals für Erdöl, Stückgut, Container und Getreide plus Fährterminal

    - Anbindung an Straßen- und Eisenbahnnetz

    - Circa 40 Hektar mit 80.000 Quadratmetern Lagerfläche und elf Piers

    - 7,5 Millionen Tonnen Erdöl pro Jahr

    - 1,5 Millionen Tonnen Containerfracht pro Jahr

    - 0,8 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr

    - 2 Millionen Tonnen pro Jahr durch Fährterminal

    - Betreibt Teil des Seehafens Aktau

    - Mitglied in Sonderwirtschaftszone Aktau

    - Soll noch 2023 den Status eines internationalen Seehafens bekommen

    Nordterminal (Aktau Marine North Terminal), Hafen Aktau

    - Terminals für Getreide, Stückgut und Container

    - Anbindung an Straßen- und Eisenbahnnetz

    - 1,5 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr

    - 1,5 Millionen Tonnen Stückgut
    - Lagerkapazität für Container auf 100.000 Quadratmetern

    - Betreibt Teil des Seehafens Aktau

    - Mitglied in Sonderwirtschaftszone Aktau

    Hafengesellschaft Kuryk (Kuryk Port Development), Hafen Kuryk


    - Fährkomplex

    - Transport- und Logistikzentrum

    - Produktionskomplex

    - Anbindung an Straßen- und Eisenbahnnetz

    - 4 Millionen Tonnen Gesamtkapazität

    - Betreibt Teil des Seehafens Kuryk

    - Mitglied in Sonderwirtschaftszone Aktau


    Semurg Invest, Hafen Kuryk

    - Getreideterminal

    - Anbindung an Straßen- und Eisenbahnnetz

    - 250.000 Tonnen Getreide pro Jahr

    - Entwickelt und betreibt Teil des Seehafens Kuryk

    - Mitglied in Sonderwirtschaftszone Aktau


    Sonderwirtschaftszone Seehafen Aktau

    - Elf nicht zusammenhängende Subzonen auf 2.322 Hektar Fläche


    -

    Unternehmen, die sich in der SEZ ansiedeln, sind befreit von:

    -Körperschafts- und Grundsteuer
    - Grundstückspacht
    - Mehrwertsteuer auf die Einfuhr von Waren
    - Zöllen auf die Einfuhr von Waren

    Quelle: GTAI-eigene Recherchen

    Kasachstan fördert weitere Industrieprojekte am Kaspischen Meer

    Im näheren Umkreis des Hafens Kuryk könnte sich in Zukunft auch Hyrasia Energy, kasachische Tochter der schwedisch-deutschen Svevind Energy Group, ansiedeln. Ab 2030 will das Unternehmen mit seinem Projekt Hyrasia One pro Jahr 2 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff in Kasachstan produzieren. Zum Projekt soll ein Logistik-Hub zur Lagerung und Verschiffung des Wasserstoffs gehören.

    Sowohl das Hafengelände in Aktau als auch das neue Hafenprojekt in Kuryk liegen auf dem Territorium der Sonderwirtschaftszone Seehafen Aktau, die Investoren zahlreiche Steuererleichterungen einräumt. Derzeit sind 53 Unternehmen, überwiegend aus der verarbeitenden Industrie, registriert. Darunter befinden sich Firmen aus der Türkei, Großbritannien, Aserbaidschan, Singapur, China, mit Satex Chemie auch eine Firma aus Deutschland.

    Investitionsprojekte in Aktau und Kuryk

    Projektträger/

    Investor

    Vorhaben

    Informationen

    Investitionssumme in Millionen US$

    Hafengesellschaft Aktau

    Container-Hub

    Bau eines neuen Container-Hubs auf einer Fläche von 19 Hektar im Südosten der bisherigen Hafenfläche, inklusive technischer Ausstattung, geplante Inbetriebnahme: 2025

    44,8

    Hafengesellschaft Aktau

    Verlängerung Pier

    Verlängerung des Container-Terminals von 400 Meter Länge um weitere 200 Meter, um mehr Schiffe gleichzeitig abzufertigen. Machbarkeitsstudie in Arbeit.

    41,6

    Hafengesellschaft Aktau

    Tieferlegung der Fahrrinne

    Beseitigung von rund 1 Million Kubikmeter Festmaterial, um Fahrrinne zu vertiefen. Machbarkeitsstudie in Arbeit.

    25,3

    Semurg Invest

    Hafenausbau bis 2030

    - Erweiterung des Getreideterminals von derzeit 250.000 auf 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr

    - Terminal für Stückgut mit einer Kapazität von 1 Million Tonnen pro Jahr; geplante Inbetriebnahme: Ende 2023

    - Terminal für verschiedene Güter mit einer Kapazität von 2 Millionen Tonnen pro Jahr

    - Terminal für Flüssiggüter wie Erdöl mit einer Kapazität von 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr

    215

    Semurg Invest

    Schiffswerft

    Bau und Ausstattung einer Werft zur Erweiterung der kasachischen Flotte für das Kaspische Meer

    300 - 400

    Hyrasia Energy (Tochter von Svevind Energy Group)

    Produktion von grünem Wasserstoff

    - Windpark und Solarpark, Baubeginn 2027

    - Produktion von 2 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff ab 2030

    50.000

    Quelle: GTAI-eigene Recherchen

    Herausforderungen für die transkaspische Route

    Sowohl im Hafen Aktau als auch im Nordterminal kommt es derzeit immer wieder zu Rückstaus bei der Abfertigung von Waren in Richtung Europa. Gründe sind laut Auskunft der kasachischen Hafenbetreiber zum einen die begrenzte und veraltete Schiffsflotte auf dem Kaspischen Meer, die nur langsam und mit großem Aufwand modernisiert werden kann. Zum anderen verzögern ein marodes Eisenbahnnetz und fehlendes rollendes Material in Aserbaidschan und Georgien den Weitertransport per Schiene. Durch diese Probleme ist der gesamte Mittlere Korridor übers Kaspische Meer zurzeit noch recht unzuverlässig, da sie Lagerkosten, verzögerte Lieferzeiten und dadurch steigende Folgekosten verursachen. Angesichts der erprobten Routen über Russland beziehungsweise den Indischen Ozean ist dies für internationale Logistiker unattraktiv.

    Zudem ist der Meeresspiegel im Kaspischen Meer in den vergangenen 30 Jahren um mehr als zwei Meter gesunken. Der Niedrigstand beeinflusst die Flora und Fauna im Kaspischen Meer, die Wasserversorgung der Bevölkerung in und um Aktau, die Energieversorgung und nicht zuletzt den Schiffsverkehr. Alle Investitionsprojekte in der Region gehen mit Umweltverträglichkeitsprüfungen und Machbarkeitsstudien einher. Doch welche Auswirkungen eine geplante Tieferlegung der Fahrrinne für den Schiffsverkehr um Aktau und Kuryk wie auch eine Zunahme des Schiffsverkehrs hätten, ist derzeit noch nicht absehbar.

    Von Edda Schlager | Berlin

  • Häfen in Georgien und Aserbaidschan erwarten mehr Warenumschlag

    Den Häfen am Schwarzen Meer kommt eine Schlüsselrolle bei der Etablierung des Mittleren Korridors zu. Das ruft auch Geberbanken und Investoren auf den Plan. (Stand: 13.10.2022)

    Der Transport auf dem Mittleren Korridor galt lange als teuer und zeitaufwendig. Vergleichsweise einfach erschien die etablierte Nordroute über China, Kasachstan und Russland. Doch wegen des Ukrainekriegs, der Sanktionen gegen Russland und den damit einhergehenden Unsicherheiten im Warentransport, beginnen einige Unternehmen umzudenken.

    Mittlerer Korridor in beiderseitigem Interesse

    Namhafte Logistikunternehmen wie der dänische Frachtriese A.P. Møller Maersk, die finnische Logistikgruppe Nurminen Logistics Services Oy oder auch das deutsche Unternehmen Dachser Cargoplus satteln teilweise oder gänzlich auf den Mittleren Korridor um. Der Verband Transkaspische Internationale Transportroute (TITR) prognostiziert, dass sich das Transportvolumen im Jahr 2022 auf der Route im Vergleich zum Vorjahr auf bis zu 3,2 Millionen Tonnen versechsfacht.

    Kasachstan, Aserbaidschan und Georgien wollen von der Umorientierung profitieren und kündigen Hafenbauprojekte an. Da eine weitverzweigte Transportinfrastruktur auch im europäischen Interesse ist, klinken sich auch die EU und Geberbanken in die Vorhaben ein.

    Zweite Ausbauphase des Hafens Baku vorverlegt

    Eigentlich hat der erst 2018 fertiggestellte neue Hafen von Baku im 70 Kilometer entfernten Alat seine jährliche Kapazitätsgrenze von 15 Millionen Tonnen Fracht, darunter 100.000 TEU-Container, noch nicht erreicht. Im ersten Jahr nach der Eröffnung wurden gerade einmal 4 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen. Doch der sprunghafte Anstieg des Warentransits im Jahr 2022 macht deutlich, dass der Hafen schneller an seine Kapazitätsgrenze kommt, als erwartet: Im Zeitraum Januar bis August 2022 stieg der Umschlag verglichen mit der Vorjahresperiode um 28,4 Prozent auf über 7,5 Millionen Tonnen. Dabei profitiert Baku auch von Transporten entlang des Nord-Süd-Korridors. 

    Das veranlasste die Betreiber, die zweite Ausbauphase des Hafens schneller als ursprünglich geplant zu starten. In einer Machbarkeitsstudie wird nun die Erweiterung der Kapazität auf 25 Millionen Tonnen Fracht, inklusive 500.000 TEU-Container, geprüft.

    Megaprojekt „Tiefseehafen Anaklia“ an georgischer Schwarzmeerküste wiederbelebt

    Obwohl die Häfen Poti und Batumi an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wurde im Jahr 2019 Georgiens größtes Hafenbauprojekt "Anaklia" auf Eis gelegt. Die Regierung kündigte das Vorhaben nachdem es dem Anaklia Development Consortium nicht gelungen war, 400 Millionen US$ an Krediten von internationalen Finanzinstitutionen zu akquirieren. Die jüngsten Entwicklungen in der Region haben das Interesse an dem Projekt wieder geweckt: Im georgischen Staatshaushalt 2023 wurden die zur Verfügung gestellten Gelder für die Vorbereitungsarbeiten auf über 1 Million US$ verdoppelt.

    Am 12. September 2022 hat die Regierung einen Stufenplan „über den Bau, Betrieb und die Übergabe des Schwarzmeer-Tiefseehafens Anaklia“ verabschiedet. Das Dokument fußt auf einer aktualisierten Marktstudie der niederländischen Beratungsgesellschaft MTBS, welche unter anderem Prognosen für den Warenumschlag sowie ein mögliches Geschäftsmodell im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft umfasst. 

    Aufstieg des Mittleren Korridors befeuert Interesse an Schwarzmeerhafen Anaklia

    Zum aktuellen Zeitpunkt wird eine internationale Ausschreibung für das Hafenprojekt vorbereitet. Laut dem georgischen Wirtschaftsminister haben Investoren aus den Ländern des Persischen Golfs sowie Zentralasien bereits ihr Interesse bekundet.


    Auch eine finanzielle Beteiligung der EU ist denkbar. Georgien ist Mitglied der Östlichen Partnerschaft, einer europäischen Initiative zur politischen und wirtschaftlichen Integration der Länder in Osteuropa und im Südkaukasus. Seine geografische Lage macht es außerdem zu einem wichtigen Bindeglied entlang des Mittleren Korridors. 


    Ansprechpartner für das Gesamtvorhaben ist die beim Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung Georgiens angesiedelte Anaklia Deep Sea Port Development Agency.

    Von Viktor Ebel | Bonn

  • Neue Terminals sollen Export- und Transitrouten diversifizieren

    Kasachstan will ein internationales Terminalnetz aufbauen und damit alternative Transportkorridore vorantreiben. Ein erstes Projekt in Georgien ist angekündigt. (Stand: 19.10.2022)

    Kasachstans Exportwirtschaft sucht neue Wege, um unabhängiger von den über Russland führenden Transportrouten zu werden. Neue Umschlagkapazitäten für Container und Energieträger wie Öl und Kohle sollen Abhilfe schaffen. Zugleich will das im Herzen Eurasiens liegende Land sicherstellen, dass sein Transitpotenzial im Ost-West-Handel auch unter den neuen geopolitischen Bedingungen genutzt werden kann.  

    Federführend ist dabei die Kasachische Eisenbahn. Sie zielt auf den Bau neuer und den Ausbau bestehender Terminals in den Seehäfen Georgiens (Poti und Batumi), Aserbaidschans (Baku), des Iran (Tschahbahar) und einigen Häfen in der Türkei ab.

    Erstes kasachisches Terminal-Projekt in Georgien in Sicht

    Im georgischen Seehafen Poti will Kasachstan schon bald ein neues Frachtterminal errichten, so Levan Sulaberidze, Vorsitzender des Komitees für Logistik und Transport der Kasachisch-Georgischen Wirtschaftsvereinigung und Direktor für Geschäftsentwicklung der Poti New Terminal Corporation.

    Die Kosten für das Projekt werden auf 80 Millionen bis 85 Millionen US-Dollar (US$) veranschlagt. Die Ausschreibung für den Bau des Terminals soll Ende 2022 erfolgen. Der Baustart ist noch für 2023 vorgesehen. Mit der Inbetriebnahme ist voraussichtlich im 1. Halbjahr 2025 zu rechnen.

    Außenhandel Deutschlands mit Kasachstan im Jahr 2021

    Deutschland importierte 2021 vor allem Erdöl (92 Prozent), Eisen und Stahl (3 Prozent) und chemische Erzeugnisse (2 Prozent) aus Kasachstan. Mit Einfuhren in Höhe von 3,6 Milliarden US$ belegte Kasachstan Rang 41 unter den Importdestinationen.


    Durch Ölimporte in Höhe von 4,4 Milliarden US$ im Zeitraum Januar bis August 2022 kletterte Kasachstan auf Platz 5 der wichtigsten Öllieferanten Deutschlands. Für die Ausfuhr des schwarzen Goldes ist das Land bisher auf Infrastruktur angewiesen, die über russisches Territorium führt.


    Bei den deutschen Exporten nach Kasachstan ist die Palette breit gefächert: Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes bezog das Land 2021 neben Maschinen (27,5 Prozent), Fahrzeugen und Fahrzeugteilen (21,3 Prozent), chemischen Erzeugnissen (20,7 Prozent) auch Mess- und Regeltechnik (5,5 Prozent), Elektrotechnik (5 Prozent) und Elektronik (3,1 Prozent) aus Deutschland. Mit Ausfuhren von 1,4 Milliarden US$ belegte Kasachstan Rang 62 unter den Abnehmern deutscher Produkte.

    Georgische Häfen gelten als Engpass entlang des Mittleren Korridors

    Vor allem das im Südkaukasus gelegene Georgien kann und will von der Neuausrichtung des internationalen Transportgeschäfts auf der Achse Asien - Europa unter Umgehung russischer Routen profitieren. Doch die Häfen Poti und Batumi stoßen bald an ihre Kapazitätsgrenzen. Im 1. Halbjahr 2022 haben die georgischen Häfen 6,3 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, was einer Steigerung von fast 20 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode entspricht. Auf mittlere Sicht könnten aber allein über das Kaspische Meer 10 Millionen Tonnen an Gütern transportiert werden, so die Experten der Transkaspischen Internationalen Transportroute.

    Entwicklung des Frachtaufkommens über den mittleren Korridor (via Kaspisches Meer)

    Kennziffer

    2017 bis 2021 insgesamt

    2021

    2022

    2030

    Transportvolumen (in Mio. t)

    4,4

    0,5

    3,2 1)

    10,0 3)

    Container (TEU; Container mit 20 Fuß Länge)

    93.300

    25.200 2)

    50.000

    200.000

    1) Prognose; Ist Januar bis August 2022: 1,3 Mio. t; 2) darunter 9.023 TEU aus China; 3) mittelfristige SchätzungQuelle: Vereinigung Trans-Caspian International Transport Route (TITR) 2022

    Die neuen Terminalprojekte in den georgischen Häfen könnten nun bald Abhilfe schaffen. Zudem kommt wieder mehr Bewegung in den Bau des Tiefseehafens in Anaklia. In absehbarer Zeit sollen internationale Berater für die Errichtung des Hafens beauftragt werden.

    Hafenbetreiber APM Terminals Poti plant Tiefseeterminal

    Die Gesellschaft APM Terminals Poti, Mehrheitseigner des Hafens Poti und Betreiber der Hafengesellschaft Poti Sea Port Corporation, kündigte schon vor längerer Zeit den Bau eines 260 Meter langen Tiefwasserterminals mit einer Wassertiefe von 13,5 Metern an. Dort sollen große Containerschiffe mit bis zu 9.000 TEU abgefertigt werden können. Außerdem will das Unternehmen in die Errichtung neuer technischer Anlagen für den Frachtumschlag investieren, darunter neue Containerbrücken. Jetzt mehren sich die Anzeichen für die Projektrealisierung.

    Eine Vereinbarung zwischen der Regierung und APM Terminals Poti über die Bedingungen für die Errichtung des Terminals sei unter Dach und Fach, gab das Ministerium für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung Georgiens Anfang September bekannt. Der Investitionsbedarf für das Vorhaben beträgt circa 200 Millionen US$. Details über die weitere Vorbereitung und Umsetzung des Projekts wurden bisher nicht veröffentlicht. Der Hafenbetreiber APM Terminals Poti gehört zum dänischen Maersk-Konzern.

    Umwandlung der kasachischen Eisenbahn in ein internationales Transportunternehmen

    Das internationale Terminalnetz ist Teil eines neuen Konzepts, mit dem Kasachstan im Zeitraum bis 2030 sein Transportpotenzial weiterentwickeln will. Die Eckdaten werden voraussichtlich Ende 2022 veröffentlicht.

    Das Dokument umfasst im Einzelnen Ausbau- und Modernisierungspläne für die Transportinfrastruktur, Grenzabfertigung und rollendes Material. Zudem sollen Transitrouten digitalisiert und die Kasachische Eisenbahn in ein leistungsfähiges Transport- und Logistikunternehmen umstrukturiert werden.

    Bei der Umsetzung setzt die Bahngesellschaft auf eine verstärkte Kooperation mit internationalen Transport- und Logistikunternehmen wie PSA International (Singapur), COSCO Shipping (China), DP World (VAE) oder DB Schenker (Deutschland).  

    Kasachstan prüft alternative Exportrouten für Öl

    Anfang Juli 2022 sorgte die mögliche Sperrung des Ölterminals am russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk für Aufsehen. Sowohl Kasachstan als auch die EU sind von diesem Umschlagplatz abhängig, über den ein Großteil der kasachischen Ölexporte gen Westen abgewickelt wird. Hintergrund waren verletzte Umweltauflagen durch den Betreiber. Doch Beobachter vermuten, dass auch politische Einflussnahme eine Rolle spielt.

    Derzeit gibt es zwar keine Beschränkungen für den Export von kasachischem Öl über Russland. Trotzdem ist das zentralasiatische Land daran interessiert, seine Ölgeschäfte nicht vom Schicksal des großen Nachbarn abhängig zu machen. Auch wenn das bedeutet, den teuren Transport über das Kaspische Meer in Kauf zu nehmen. Der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokajew wies den staatlichen Ölriesen KazMunayGas bei einer Regierungssitzung am 7. Juli 2022 an, alternative Transportrouten für Energieträger auszuarbeiten.

    Mittlerer Korridor als Alternative für Öltransporte?

    Kasachstan und Aserbaidschan verhandeln über die Lieferung von 5 Millionen Tonnen (etwa 100.000 Barrel pro Tag) durch die Pipeline Baku-Tbilisi-Ceyhan im Jahr 2023. Durch diese Pipeline pumpt Aserbaidschan sein Öl durch die Türkei in Richtung Europa. Die Kapazität von 1 Million Barrel täglich wird noch nicht ausgereizt. Laut dem türkischen Energieministerium wurde kasachisches Öl bisher nur in Ausnahmefällen eingespeist.


    Auch eine Erhöhung des Umschlags über das Öl-Terminal des Hafens Batumi wäre möglich. Hier lag der Umschlag von Öl und Ölprodukten 2021 mit 1,5 Millionen Tonnen weit unter der jährlichen Kapazität von 15 Millionen Tonnen.


    Für beide Alternativen gilt: Weitere Vereinbarungen und Investitionen in neue Infrastruktur sind notwendig, um dem bisherigen Transport von täglich über 1 Million Barrel kasachischen Öls über russische Pipelines und Häfen Paroli zu bieten. Es müssen Wege geschaffen werden, um das Öl kostengünstig und in großem Umfang über das Kaspische Meer zu bringen. 

    Von Uwe Strohbach, Viktor Ebel | Bonn

  • Global Gateway: EU plant neue Verbindungen durch Schwarzes Meer

    Im Schwarzen Meer entstehen neue Transportwege für grünen Strom und Waren. Damit rücken die EU und ihre Partner Georgien und Aserbaidschan näher zusammen. (Stand: 21.12.2022)

    Rumänien, Ungarn, Georgien und Aserbaidschan vereinbarten am 17. Dezember 2022, ein Untersee-Stromkabel von Georgien durch das Schwarze Meer nach Rumänien zu verlegen. Dafür trafen sich die Staats- und Regierungschefs der genannten Länder mit der Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, in Bukarest. Die Kommissionspräsidentin sagte dazu: „Das beiderseitige Interesse ist sehr klar und deutlich. Heute können wir sagen, dass sich die beiden Küsten des Schwarzen Meeres noch nie so nahe waren.“ 

    Rumänien und Ungarn wollen den Waren- und Energietransport in Richtung Georgien und Aserbaidschan ausbauen und so einen Beitrag zur Global Gateway-Strategie der Europäischen Union leisten. Das Stromkabel ist ein Global-Gateway-Leuchtturmprojekt für 2023.

    Global Gateway ist eine Initiative der Europäischen Kommission. Bis 2027 sollen rund 300 Milliarden Euro bereitstellt werden, um die Entwicklung der weltweiten Verkehrs-, Digital- und Energieinfrastruktur sowie der Bildungssysteme zu fördern.

    Unterseekabel erfordert Investitionen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro

    Der Betreiber des georgischen Energiesystems, GSE, berichtete bereits über Pläne, bald eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben zu wollen. Von dem insgesamt 1.195 Kilometer langen Kabel müssen etwa 1.100 Kilometer unter Wasser und 95 Kilometer über Land verlegt werden. Das Staatsunternehmen beziffert die Investitionssumme für das Vorhaben auf 2,3 Milliarden Euro. Mit dem Bau des Unterwasserkabels soll im nächsten Jahr begonnen werden. Die Inbetriebnahme ist jedoch nicht vor 2029 vorgesehen.

    Diese Verbindung schafft neue Möglichkeiten für den Handel mit grüner Energie, die Aserbaidschan und Rumänien bald liefern möchten. Aserbaidschan plant, im Kaspischen Meer seine Offshore-Windparks auszubauen. Auch Rumänien will künftig mehr grüne Energie aus Offshore-Windkraft erzeugen.

    Rumänien plant neue Fährverbindung nach Georgien

    Ein weiteres Thema des regionalen Global-Gateway-Gipfel war die Stärkung des Mittleren Korridors. Dieser führt vom Kaspischen Meer über den Südkaukasus und das Schwarze Meer in die EU. Dafür ist eine neue Fährverbindung, etwa von Poti, Georgien nach Rumänien im Gespräch. Besonders die rumänischen Gipfelteilnehmer setzten sich dafür ein. Damit verbunden ist der Ausbau des rumänischen Schwarzmeerhafens Constanta. Konkret geht es nach Angaben der Wirtschaftszeitung Profit um neue Piers und ein intermodales Terminal. 

    Von Dominik Vorhölter | Bukarest

  • Kasachstan exportiert Öl und Uran über den Mittleren Korridor

    Öllieferungen über das Kaspische Meer sollen spürbar zunehmen. Auch der Uranproduzent Kazatomprom weicht aus Risikogründen vermehrt auf alternative Routen aus. (Stand: 19.01.2023)

    Der Mittlere Korridor wird für den Gütertransit zwischen Asien und Europa immer wichtiger. Auch für das kasachische Exportgeschäft wird die Route über das Kaspische Meer und den Südkaukasus zunehmend interessant. Vor allem, wenn es um Erdöl geht, welches Kasachstan die mit Abstand höchsten Exporterlöse beschert. Noch wird kasachisches Öl überwiegend über russisches Territorium exportiert.

    Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und den immer strikteren Sanktionen gegen Russland besteht großer Handlungsbedarf, um die Abhängigkeit von den angestammten Routen zu reduzieren.

    Informationen zum Mittleren Korridor

    Der Mittlere Korridor gilt für Gütertransporte per Eisenbahn und Lkw zwischen Asien und Europa als wichtige Alternative zu Routen, die durch Russland führen. In der chinesischen Hafenstadt Lianyungang startet die etwa 9.400 Kilometer lange Strecke über Land und See. Sie reicht im Westen bis nach Istanbul und zum türkischen Mittelmeerhafen Mersin.


    Neben China und der Türkei führt der Korridor durch Kasachstan, Aserbaidschan und Georgien. Der Seetransport über das Kaspische Meer gilt als Hauptnadelöhr. Container benötigen für die gesamte Strecke etwa zwei Wochen und damit nur halb so viel Zeit wie Transporte auf dem Seeweg über den Suezkanal. 

    Lieferungen über BTC-Pipeline mit Aserbaidschan vereinbart

    Eine erste Liefervereinbarung zwischen den beiden staatlichen Ölkonzernen KazMunayGas (KMG; Kasachstan) und SOCAR (Aserbaidschan) rückt nun den Mittleren Korridor stärker in den Fokus. Sie betrifft zunächst bis zu 1,5 Millionen Tonnen Öl pro Jahr und trat Anfang 2023 in Kraft. Kasachstan wird diese Menge von seinem Hafen Aktau aus über das Kaspische Meer umschlagen und auf aserbaidschanischer Seite über die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline (BTC) weitertransportieren können.

    Die BTC-Pipeline, die seit 2005 von einem internationalen Konsortium betrieben wird, beginnt nahe der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Von dort aus führt sie über Georgien bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Ihr jährlicher Durchsatz beträgt rund 50 Millionen Tonnen.

    Export von 20 Millionen Tonnen Öl jährlich als langfristiges Ziel

    Trotz der recht überschaubaren Menge bewerten Beobachter die Vereinbarung zwischen Kasachstan und Aserbaidschan als Erfolg. Auf mittlere Sicht wollen die Partner den Umschlag auf 6,5 Millionen Tonnen pro Jahr steigern. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hofft, den Ölexport über das Kaspische Meer langfristig auf jährlich bis zu 20 Millionen Tonnen Öl ausweiten zu können.

    Um diese Ziele zu erreichen, müssen zunächst die Umschlagkapazitäten der Häfen auf beiden Seiten des Kaspischen Meers sowie die Tankerflotte aufgestockt werden. Konkrete Projekte sollen in nächster Zeit folgen. 

    Die Pipeline des multinationalen Unternehmens Caspian Pipeline Consortium (CPC) dient bisher als Hauptroute für Öllieferungen aus Kasachstan ins Ausland. Die CPC, die über eine Kapazität von 1,2 Millionen bis 1,4 Millionen Fass Rohöl pro Tag verfügt, bewältigte zuletzt gut 80 Prozent des jährlichen kasachischen Ölexports.

    Im Jahr 2022 leitete die CPC insgesamt knapp 59 Millionen Tonnen in den russischen Hafen Noworossijsk am Schwarzen Meer durch. Davon stammten rund 52 Millionen Tonnen aus Kasachstan. Angaben des Betreiberkonsortiums zufolge steuerten die drei größten kasachischen Öllagerstätten folgende Mengen dazu bei:

    Weitere Optionen für Ölexport über georgische Schwarzmeerhäfen im Gespräch

    Zusätzlich zur BTC-Pipeline prüfen Kasachstan und Aserbaidschan weitere Möglichkeiten für den Transport kasachischen Öls in Richtung Westen. Dazu zählt eine Pipeline, die Baku mit dem Hafen Supsa in Georgien verbindet. Die Western Route Export Pipeline kann bis zu 100.000 Fass Öl pro Tag bewältigen; bei der BTC sind es bis zu 1,2 Millionen Fass pro Tag. Mit Öl aus aserbaidschanischer Förderung wurden diese Kapazitäten in den letzten Jahren nicht ausgereizt.

    Außerdem wird überlegt, den Transport kasachischen Öls per Eisenbahn zu intensivieren. Von Baku aus gelangen so bereits seit längerem überschaubare Mengen in Kesselwagen nach Georgien. Im georgischen Hafen Batumi unterhält KMG ein Verladeterminal.

    Kasachstan erwirtschaftet Jahr für Jahr hohe Einnahmen mit dem Verkauf seines Öls. Die Ausfuhr von knapp 70,6 Millionen Tonnen Öl (SITC-Position 333.0) spülte 2020 insgesamt 23,7 Milliarden US-Dollar (US$) in die kasachischen Kassen. Daten von UN Comtrade zufolge entsprach dies 50,5 Prozent aller Exporterlöse des Landes.

    Kasachstan verkauft sein Öl hauptsächlich in die EU

    Kasachstan exportiert sein Öl überwiegend in die EU. Im Jahr 2020 entfielen mengenmäßig mehr als 70 Prozent der kasachischen Ölausfuhr auf die EU.


    Das meiste Öl gelangt über die großen Ölhäfen Triest in Italien und Rotterdam in den Niederlanden dorthin. Von dort aus wird ein Großteil des Öls per Pipeline zu Endkunden in verschiedenen EU-Staaten weitergeleitet.


    Daten von Eurostat zufolge hat Deutschland im Jahr 2020 dem Wert nach das meiste Öl aus Kasachstan abgenommen. Ab Anfang 2023 bezieht Deutschland zudem kasachisches Öl über die Druschba-Pipeline

    Auch Uran geht über den Mittleren Korridor ins Ausland

    Neben Öl setzt Kasachstan auch bei Uran gezielt auf den Mittleren Korridor. So traf Ende 2022 eine größere Ladung mit kasachischem Uran per Schiff in Kanada ein. Die dafür genutzten Spezialcontainer waren zuvor über den Mittleren Korridor bis in den georgischen Hafen Poti gelangt, von wo aus die Überfahrt nach Kanada startete. Das Uran stammte vom Staatskonzern Kazatomprom, weltweit die Nummer 1 in der Uranförderung, sowie dem kasachisch-kanadischen Gemeinschaftsunternehmen Inkai (Kazatomprom: 60 Prozent; Cameco: 40 Prozent).

    Kazatomprom nutzt den Mittleren Korridor für Uranexporte nach eigenen Angaben bereits seit 2018. Aktuell trage die alternative Route besonders bei Lieferungen an westliche Kunden dazu bei, "das Risiko zu mindern, sollte die Hauptroute aus irgendeinem Grund nicht verfügbar sein", so Kazatomprom in einer Pressemitteilung. Das Unternehmen nutzt vorrangig den russischen Hafen in Sankt Petersburg für den Export seines Urans.

    Entsprechend prüft das Unternehmen kontinuierlich die zunehmenden Sanktionen gegen Russland und deren Auswirkungen, die sie auf den Urantransport über russisches Territorium haben könnten. Stand Mitte Januar 2023 gab es keine Restriktionen für Uran.

    Kasachstan ist auf dem internationalen Parkett der wichtigste Lieferant für natürliches Uran (SITC-Position 525.11). Von den Gesamtexporten des radioaktiven Stoffes in Höhe von rund 44.900 Tonnen stammten 2020 laut Angaben von UN Comtrade etwa 62 Prozent aus Kasachstan. Dahinter folgten Kanada und die USA, deren Marktanteile bei gut 28 Prozent und 7 Prozent lagen. Kasachische Erlöse aus der Uranausfuhr betrugen 2020 gut 1,7 Milliarden US$, was knapp 4 Prozent der Gesamtausfuhren des Landes entsprach.

    Von Jan Triebel | Almaty

  • Ambitionierte Exportpläne erfordern Ausbau der Schiffsflotte

    Kasachstan will unter Umgehung Russlands mehr Erdöl und andere Rohstoffe über das Kaspische Meer exportieren. Eine zu kleine und veraltete Flotte steht dem noch entgegen. (Stand: 08.08.2023)

    Das zentralasiatische Kasachstan will künftig deutlich mehr Rohstoffe über den Seeweg nach Europa liefern. Während Kasachstan gerade seine Häfen für die erhöhten Transportbedarfe fit macht, hinkt die Ausstattung der eigenen Schiffsflotte hinterher.

    Ölexport per Tanker statt per Russland-Pipeline 

    Rund 84,2 Millionen Tonnen Erdöl exportierte das Land im Jahr 2022 laut der kasachischen Statistikagentur. Rund 80 Prozent dieser Exporte werden aber bisher über die von Kasachstan nach Russland verlaufende Pipeline des multinationalen Unternehmens Caspian Pipeline Consortium (CPC) ausgeführt. 

    Um die Abhängigkeit von Russland zu verringern, soll nun mehr Öl per Tanker aus dem kasachischen Aktau über das Kaspische Meer nach Baku in Aserbaidschan verschifft werden. Dort wird es in die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline (BTC) eingespeist und von dort bis in die Türkei weitertransportiert. Künftig sind jährlich bis zu 20 Millionen Tonnen Ölexporte auf diesem Wege geplant. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 hatte Kasachstan auf dem Seeweg 1,8 Millionen Tonnen Erdöl exportiert, im Jahr zuvor nur 0,6 Millionen Tonnen. KazMorTransFlot (KMTF) ist die größte Reederei des Landes und hat Stand Juli 2023 auf dem Kaspischen Meer 17 Schiffe im Einsatz.

    Flotte der kasachischen Staatsreederei KazMorTransFlot (KMTF) auf dem Kaspischen Meer
    • Zwei Frachter für Universalfracht mit einer Tragfähigkeit von je 5.000 Tonnen, sowohl Stückgut als auch Container im Umfang von 225 Twenty-Foot Equivalent Unit (TEU)
    • Zwei Öltanker mit je 8.000 Tonnen Tragfähigkeit, geplante Einsatzfähigkeit ab Ende 2023
    • Drei Öltanker der Klasse Caspimax mit einer Tragfähigkeit von je 12.000 Tonnen 
    • Drei Containerschiffe mit je 5.200 Tonnen Tragfähigkeit und einer Kapazität von 350 TEU
    • Drei Mehrzweckschlepper mit je 40 Tonnen Zugkraft (Bollard Pull) für den Offshore-Einsatz
    • Vier Leichterschiffe für Ladungen von jeweils bis zu 3.600 Tonnen

    Flotte für steigende Transportmengen nicht gerüstet

    Kasachstan will die transkaspische Seeroute aber auch für andere Rohstoffe wie Uran, Kupfer sowie grünen Wasserstoff und Containerfracht nutzen. Dafür ist die Flotte des Landes laut Askhat Kabashev, Vorstandsvorsitzender der Hafengesellschaft Aktau, nur ungenügend ausgestattet. "Den Transport von Containern, Stückgut und Massengütern wickeln fast ausschließlich Schiffe aus Aserbaidschan ab", so Kabashev. "Diese wurden teilweise noch in den 1980er, 1990er Jahren gebaut und entsprechen technisch nicht mehr heutigen Ansprüchen." Gebraucht würden moderne Mehrzweck-Trockenfrachtschiffe, Containerschiffe sowie Eisenbahn- und Autofähren.

    Für die Beschaffung neuer Schiffe hat Kasachstans Erdöl- und Gaskonzern KazMunayGas (KMG, Mutterkonzern von KMTF) im Februar 2023 mit der Abu Dhabi Ports Group ein Joint Venture gegründet: Caspian Integrated Maritime Solutions plant noch im Jahr 2023 zwölf Öltanker mit einer Tragfähigkeit von jeweils 8.000 bis 12.000 Tonnen zu kaufen. Im Juli 2023 hat es bereits die ersten zwei Tanker für rund 30 Millionen US-Dollar (US$) erworben: Die beiden 8.000-Tonnen-Öltanker kommen aus der Werft des niederländischen Damen-Konzerns im rumänischen Galati.

    Ambitionierte Pläne im Schiffbau

    Laut KMTF ist Kasachstan derzeit in Verhandlungen mit südkoreanischen Werften über den Kauf von bis zu 20 Frachtschiffen für diverse Transportgüter. Diese sollen in Südkorea vormontiert und in Kasachstan endgefertigt werden. Für die Finanzierung des geschätzt 500 bis 800 Millionen US$ teuren Projekts kämen KMTF zufolge unter anderem die Asiatische Entwicklungsbank und die Islamische Entwicklungsbank in Frage. Konkrete Vereinbarungen gibt es bisher nicht.

    Pläne für eine eigene Werft für den Bau neuer Schiffe diskutiert Kasachstan seit Jahren – konkret wurden sie nie. Jetzt könnte der Ausbau des Mittleren Korridors mit einem wachsenden Bedarf an Handelsschiffen neue Impulse setzen. Der kasachische Projektentwickler Semurg Invest erwägt den Bau einer Werft am gerade entstehenden Hafenstandort Kuryk. Semurg Invest rechnet mit Investitionen von rund 300 bis 400 Millionen US$ für eine Werft und verhandelt mit möglichen Investoren. Konkrete Pläne und Kalkulationen stehen noch aus.

    Maritime Besonderheiten erschweren Anschaffungen

    Für eine eigene Werft sprechen auch die besonderen maritimen Bedingungen am Kaspischen Meer, das als Binnenmeer keinen direkten Zugang zu den Weltmeeren hat. Kasachstans Kaspi-Flotte stammt teilweise von Werften im Norden Russlands, teilweise aus Südosteuropa. Die Schiffe wurden über das sogenannte einheitliche Tiefwassersystem des europäischen Teils von Russland ins Kaspische Meer gebracht. Das System aus Binnenwasserstraßen schränkt die mögliche Größe der Schiffe stark ein. Aufgrund der Abmessung der Schleusen am Wolga-Don-Kanal von 145 Metern Länge und 18 Metern Breite müssen Schiffe diese Größe unterschreiten, der Tiefgang darf nicht mehr als 3,35 Meter betragen.

    Dass der Bedarf an einer modernen Flotte insbesondere in Kasachstan und Aserbaidschan steigen wird, sieht man auch beim deutschen Logistikdienstleister Rhenus Group so. Das Unternehmen nutzt den Mittleren Korridor bisher kaum für Transporte zwischen Europa und Asien. Heinrich Kerstgens, verantwortlich für Entwicklungsprojekte, ist aber überzeugt: "Im Südkaukasus und in Zentralasien leben rund 90 Millionen Menschen. Das sind aufstrebende Volkswirtschaften mit positiven Wachstumsraten und die brauchen Logistik."

    Deutsches Pilotprojekt für emissionsarme Kaspi-Flotte

    Deshalb hat das Unternehmen eine Arbeitsgruppe mit Partnern aus Kasachstan, Aserbaidschan und Deutschland gegründet, um gemeinsam Schiffe für das Kaspische Meer zu bauen. "Sowohl seitens der zuständigen Ministerien in Kasachstan und Aserbaidschan, als auch bei den Hafenbetreibern und Reedereien beider Länder besteht Interesse", so Kerstgens. Ihm schweben Containerschiffe vor, wie sie in der Binnenschifffahrt in Europa zum Einsatz kommen. Diese hätten eine optimale Breite und Länge, um möglichst viele Container aufzunehmen, ermöglichten aber dennoch kurze Ladezeiten. Zudem sei ihr geringer Tiefgang angepasst an das Kaspische Meer. Dieses hat eine durchschnittliche Tiefe von nur 5 bis 6 Metern.

    Für die europäische Binnenschifffahrt hat die Rhenus Group mit Partnern einen besonders emissionsarmen Schiffsantrieb entwickelt – eine Kombination aus Lithium-Ionen-Batterie, Dieselmotor der emissionsärmsten Schadstoffklasse Euro VI und Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis. Gebaut werden könnten die Schiffe in der aserbaidschanischen Werft Baku Shipyard. Bis zu 40 Schiffe solchen Typs könnten laut Rhenus in den kommenden Jahren gebraucht werden.

    Von Edda Schlager | Berlin

  • Mittlerer Korridor: "Nichts spricht dafür, außer Resilienz"

    Die Betreiber des Mittleren Korridors sehen diesen als Alternative zu etablierten Routen zwischen Asien und Europa. Doch westliche Firmen erleben ihn als langsam und unzuverlässig. (Stand: 31.07.2023)

    Seit dem Ausfall von Transportrouten über Russland im Zuge des Ukrainekriegs fassen Logistikunternehmen die Route des Mittleren Korridors über das Schwarze und das Kaspische Meer stärker ins Auge. Heinrich Kerstgens tut dies als Direktor Vorstandsprojekte für die deutsche Rhenus-Gruppe.

    Güterabfertigung ist ineffektiv und langsam

    "Der politische Wille, die Route auszubauen, ist bei den Regierungen da", so Kerstgens. "In der Realität aber ist der multimodale Transport mit Bahn, Lkw und Schiff durch mehrere Länder noch langsam und unzuverlässig." Die Häfen am Kaspischen und Schwarzen Meer sowie die Bahnstrecken in Kirgisistan, Usbekistan, Kasachstan, Aserbaidschan, Georgien und in der Türkei seien technisch so unterschiedlich ausgestattet, dass Güterkapazitäten nicht in einem durchgehend schnellen Tempo bewältigt werden könnten. "Wesentliche Engstellen sind geringe Umschlagskapazitäten und Umschlagsgeschwindigkeiten in den Häfen, Schnittstellen zwischen den verschiedenen Spurbreiten sowie die mangelnde Verfügbarkeit von Containern, Waggons und Lokomotiven in einigen Ländern für den Landweg", so Kerstgens.

    Poti, der größte Hafen Georgiens beispielsweise, wurde durch APM Terminals (APMT), einer 100-prozentigen Tochter der dänischen Logistikgruppe A. P. Moller-Maersk, seit 2011 für 335 Millionen US-Dollar (US$) modernisiert und auf eine Umschlagkapazität von 1 Million 20-Fuß-Standardcontainern (TEU) erweitert. Doch die eigene Ware verladen zu bekommen, so Kerstgens, sei eine Art Glücksspiel. "Die Züge werden außerhalb des Hafens entladen, die Waren verteilt und dann mit Lkw in den Hafen zugestellt. Das ist arbeitskraftintensiv und fehleranfällig. Zudem braucht man möglichst konkrete Ansprechpartner vor Ort, die die eigenen Container durchleiten." Theoretisch dauert der Transport von China nach Europa über die transkaspische Route nur 15 bis 20 Tage. "Realistisch sind es heute eher 50 bis 60", so Kerstgens. "Mit vernünftiger Prozesssteuerung könnte man die Abläufe deutlich beschleunigen."

    Nachfrage fehlt

    Martin Voetmann, Gründer und CEO von Tolkun Logistics aus Istanbul sagt: "Die Kapazitäten in den Häfen sind nicht das Problem – sie sind da. Aber es gibt keine Nachfrage, weder aus China noch aus Europa."

    Seit dem Ende der Coronapandemie habe der Seehandel über den Suezkanal wieder stark angezogen. "Für den Transport eines 40-Fuß-Containers von China nach Europa sind die Kosten von rund 15.000 US$ im Jahr 2022 auf nur noch 2.500 US$ in diesem Jahr gesunken," so Voetmann. "Niemand will mehr per Bahn transportieren, weil es per Schiff so günstig geworden ist."

    Mangel an Transparenz und Service

    Voetmann sieht zudem einen Mangel an Transparenz und Dienstleistungsqualität. Zuständig dafür seien die staatlichen Eisenbahnunternehmen, die als Monopolisten Häfen und Bahnlinien betrieben. "Doch dort fehlt es an Service-Denken im Sinne des Kunden, um die Ware so günstig und schnell wie möglich weiterzuleiten." Voetmann wünscht sich einen einzigen Betreiber für die transkaspische Route, der mit den Eisenbahngesellschaften Dienstleistungen vereinbart und als Ansprechpartner für Logistiker fungiert. "Das würde die Transparenz erhöhen und könnte Mehrwert schaffen, ohne große Investitionen in die Hardware zu stecken." Um flexibel und unabhängig von den Bahngesellschaften zu sein, setzt Voetmanns Unternehmen deshalb insbesondere in Georgien und Aserbaidschan überwiegend auf Lkw. 

    "Noch wird die Mehrheit der Güter zwischen Zentralasien und Europa mit dem Lkw gefahren", bestätigt auch Tabea Klang, Geschäftsführerin von DB Cargo Eurasia. "Jede Tonne, die auf der Schiene transportiert wird, spart demgegenüber 80 Prozent CO2", so Klang. Deshalb sei der Mittlere Korridor mittel- und langfristig eine gute Chance, um Transporte klimafreundlich per Bahn aus und nach Asien zu organisieren.

    Betreiberunternehmen für Mittleren Korridor vor Gründung

    Im Juni 2023 haben die staatlichen Eisenbahnunternehmen von Kasachstan (Kazakhstan Temir Zholy, KTZh), Aserbaidschan (Azərbaycan Dəmir Yolları, ADY) und Georgien (Georgian Railway) ein trilaterales Abkommen unterzeichnet, mit dem sie bekunden, ein Joint Venture gründen zu wollen. Das Unternehmen soll künftig der Betreiber der Transkaspischen Internationalen Transportroute (TITR), des so genannten Mittleren Korridors, sein. Zu den geplanten Aufgaben wird gehören, die TITR zu entwickeln, ihr Transportaufkommen auszubauen und den Güterverkehr zu beschleunigen. Das Unternehmen soll noch im Jahr 2023 gegründet werden und zum Ende des Jahres seine Arbeit aufnehmen.

    Verzollung und Grenzabfertigung nicht aufeinander abgestimmt

    Viele auf der Route tätige Logistiker bemängeln Defizite bei Verzollung und Grenzabfertigung. Dort setzt das Projekt "Promoting Green Ports and Connectivity" der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an. Dessen Ziel sei es, so Johan Boelts von der OSZE, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Konnektivität der Handelsströme zu verbessern. Boelts kennt die Schwachstellen: "Bereits verzollte Waren werden an der Grenze oft nochmals in Augenschein genommen, und das löst lange Staus aus." Mit Projektpartnern sollen deshalb Umschlagpunkte abseits der Grenzen entwickelt werden, um die Zollformalitäten schon im Landesinnern zu erledigen und die Abfertigung an der Grenze zu beschleunigen.

    OSZE fördert Konnektivität zwischen Europa und Zentralasien

    Mit dem Projekt "Promoting Green Ports and Connectivity" will die OSZE Handelsströme auf dem Mittleren Korridor von Kasachstan in Zentralasien bis nach Rumänien in Europa durch technische Lösungen vereinfachen sowie sicherer und nachhaltiger machen. Beteiligt sind mehr als 80 Akteure, unter anderem die Häfen Aktau, Kuryk, Turkmenbashi und Baku am Kaspischen Meer, die Schwarzmeerhäfen Batumi, Poti und Constanta sowie Logistikzentren wie Khorgos an der kasachisch-chinesischen Grenze.

    Fehlendes Vertrauen in Sicherheit und digitale Daten

    Auch Sicherheitsbedenken stünden schnellem Handel entgegen, so Boelts. "Drogen- oder Waffenschmuggel, auch Menschenhandel sind Themen, mit denen sich die beteiligten Länder konfrontiert sehen, insbesondere nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021." Vor allem Nachbarländer Afghanistans haben ein großes Interesse an verstärkten Grenzkontrollen.

    Für mehr Sicherheit und Transparenz baut die OSZE deshalb eine gemeinsame digitale Plattform zum Austausch von Handelsdaten auf. Gesetzlich vorgeschriebene Informationen zur Güterbeförderung sollen so künftig nicht mehr in Papierform übermittelt werden. Doch obwohl digitale Technik in Häfen und an Ländergrenzen teilweise bereits bereitsteht, werde dem digitalen Datenaustausch laut Boelts häufig noch Papier vorgezogen. Vertrauen zwischen den Ländern zu schaffen, sei eine der Kernaufgaben der auf Sicherheitspolitik ausgerichteten OSZE, so Boelts.

    Heinrich Kerstgens von der deutschen Rhenus-Gruppe zufolge wird der Mittlere Korridor in den kommenden Jahren keine maßgebliche Rolle im globalen Handel spielen. "Nichts spricht dafür, außer größere Resilienz für Handelsströme."

    Von Edda Schlager | Berlin

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