Wirtschaftsumfeld | Kasachstan | Außenhandel
Nachfrage nach Investitionsgütern prägt das Importgeschehen
Kasachstans Außenhandelsbilanz 2020 fällt gemischt aus. Niedrige Rohstoffpreise setzten den Exporterlösen zu. Die Importeinbußen blieben überschaubar.
16.12.2021
Von Jan Triebel | Almaty
Die Coronakrise hat im kasachischen Außenhandel 2020 ihre Spuren hinterlassen. Der beträchtliche Verfall der Weltmarktpreise für die wichtigsten Exportgüter des Landes wie Erdöl und zahlreiche andere Rohstoffe ließen den Ausfuhrwert um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr abschmelzen. Die Einfuhren sanken dagegen wertmäßig nur moderat um 2 Prozent. Insgesamt verbuchte Kasachstan 2020 ein Handelsvolumen von knapp 86,5 Milliarden US-Dollar (US$), was gut ein Drittel weniger war als im bisherigen Rekordjahr 2013 (133,5 Milliarden US$).
Trotz der anhaltenden Covid-19-Pandemie machte der Außenhandel 2021 wieder Boden gut. Die Import-Export-Geschäfte legten von Januar bis Oktober um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu. Eine entscheidende Rolle spielte dabei der gestiegene Ölpreis, der die Ausfuhren in den ersten zehn Monaten um knapp 24 Prozent steigen ließ. Gleichzeitig zogen die Importe nur relativ bescheiden um rund 2 Prozent an.
2015 | 2020 | Veränderung 2020/2015 in % | |
---|---|---|---|
Importe | 30,57 | 38,08 | 24,6 |
Exporte | 45,95 | 46,95 | 2,2 |
Handelsbilanzsaldo | 15,38 | 8,87 | -42,3 |
Vertiefte Verflechtung mit Russland und China
Den beiden führenden Handelspartnern Russland und China gelang es während der Coronakrise ihre Positionen weiter zu festigen. Kasachstans Warenaustausch mit Russland nahm 2020 im Vorjahresvergleich wertmäßig um gut 1 Prozentpunkt auf 21,7 Prozent zu, mit China um gut 3 Prozentpunkte auf 18,3 Prozent.
Mit größerem Abstand folgten 2020 unter anderem Italien, Südkorea, die Niederlande, die Türkei und Usbekistan. Deutschland landete laut dem kasachischen Büro für Statistik 2020 auf Rang 10. Gegenüber 2019 erhöhte sich der Anteil Deutschlands am kasachischen Außenhandel um gut einen halben Prozentpunkt auf 2,4 Prozent.
Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum importierte Kasachstan von Januar bis Oktober 2021 deutlich mehr Waren vor allem aus Russland (+25 Prozent) und China (+29 Prozent). Demgegenüber verringerten sich die Einfuhren aus Deutschland um gut 2 Prozent.
Wichtigste Lieferländer_Kasachstan_RZ_PfadEU bleibt als Handelspartner wichtig
Im Warenaustausch mit wichtigen Wirtschaftsbündnissen hat die Europäische Union (EU) für Kasachstan 2020 leicht an Bedeutung verloren. Ihr Anteil am gesamten Warenverkehr gab um gut 3 Prozentpunkte auf 28,8 Prozent nach. Dabei zogen die niedrigen Rohstoffpreise eine überdurchschnittlich starke Verringerung (-26 Prozent) der kasachischen Ausfuhren mit Zielen in der EU nach sich. Auch die Lieferungen aus der EU nach Kasachstan sind 2020 um knapp 3 Prozent gesunken.
Der Einfluss des Brexit auf die Position der EU unter den Handelspartnern Kasachstans blieb überschaubar, da der Beitrag des Vereinigten Königreichs am gesamten Warenaustausch lediglich ein Prozent ausmachte. Und obwohl das Vereinigte Königreich 2020 letztmalig zum EU-Binnenmarkt zählte, zog der Anteil der EU von Januar bis Oktober 2021 auf 29,9 Prozent leicht an.
Tragende Rolle Russlands beim Handel innerhalb der EAWU
Den Handel Kasachstans innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) bestimmt Russland, dessen Beitrag am Warenaustausch mit allen EAWU-Staaten mehr als 90 Prozent ausmacht. Der Anteil der EAWU an den Einfuhren nach Kasachstan lag 2020 bei 37,8 Prozent, an den Ausfuhren bei 11,9 Prozent. Diese stiegen von Januar bis Oktober 2021 auf 44,5 Prozent (Importe) und 12,7 Prozent (Exporte), wofür die dynamische Entwicklung des bilateralen Handels mit Russland sorgte.
Deutschland als Exportziel wichtiger als es scheint
Neben China und Russland zählen die wichtigen Ölimporteure Italien und die Niederlande zu den Hauptabnehmerländern Kasachstans. Für Deutschland meldete das kasachische Büro für nationale Statistik 2020 einen Exportwert von 248 Millionen US$ (Rang 28).
Legt man jedoch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für die Importe aus Kasachstan zugrunde, so nahm Deutschland 2020 Waren für gut 2,7 Milliarden US$ ab. Hinter der Diskrepanz stehen die in Kasachstan anders verbuchten Ölexporte, die zu einem Großteil anderen Ländern zugeschrieben werden, aber auch für deutsche Endabnehmer bestimmt sind.
Trotz der niedrigeren Erlöse aus den Rohstoffexporten 2020 gab es bei den Ländern mit Überschüssen im bilateralen Warenaustausch kaum Veränderungen. Die höchsten Überschüsse erzielte Kasachstan im Handel mit Italien (5,7 Milliarden US$), China (3,0 Milliarden US$) und den Niederlanden (2,9 Milliarden US$). Die größten Defizite zwischen Ein- und Ausfuhren kamen mit Russland (8,8 Milliarden US$), Südkorea (3,9 Milliarden US$) und Deutschland (1,6 Milliarden US$) zustande.
Wichtigste Abnehmerländer_Kasachstan_RZMaschinen bei den Importen führend
Aufgrund der recht schwach entwickelten industriellen Basis ist Kasachstan stark auf Importe angewiesen. Zwischen 2015 und 2020 gab es nur geringe Verschiebungen in der Struktur der Wareneinfuhr. Wichtigstes Importgut sind Maschinen und Ausrüstungen, deren Bezüge im Langzeitvergleich deutlich zunahmen (+49 Prozent). Die gestiegene Nachfrage nach Investitionsgütern macht nicht zuletzt die Fortschritte deutlich, die das Land bei der angestrebten Diversifizierung und Industrialisierung seiner Wirtschaft erzielt. Auf Rang zwei der wichtigsten Einfuhrgüter lagen 2020 Vorerzeugnisse, wovon der größte Teil auf Eisen und Stahl sowie Metallwaren entfiel.
Warengruppe | SITC-Code *) | 2015 | 2020 |
---|---|---|---|
Gesamt | 30.567 | 38.081 | |
Maschinen | 71-74 | 5.741 | 8.544 |
Vorerzeugnisse | 6 | 6.308 | 6.902 |
Chemische Erzeugnisse | 5 | 3.598 | 4.610 |
Fertigerzeugnisse | 8 | 3.136 | 3.501 |
Nahrungsmittel/lebende Tiere | 0 | 2.744 | 3.220 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 1.520 | 2.388 |
Straßenfahrzeuge | 78 | 1.912 | 2.227 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 1.741 | 1.988 |
Mineralische Brennstoffe | 3 | 1.705 | 1.333 |
Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge | 79 | 813 | 1.041 |
Rohstoffe | 2 | 774 | 957 |
Sonstiges | 9 | 42 | 715 |
Getränke/Tabakwaren | 1 | 384 | 506 |
Tierische/pflanzliche Öle | 4 | 150 | 150 |
Rohstoffe dominieren die Exporte
Während Kasachstan seine Importe von 2015 bis 2020 um nahezu ein Viertel ausweitete, traten die Exporte mit einem Plus von lediglich gut 2 Prozent nahezu auf der Stelle. Das lag an den starken Schwankungen der Weltmarktpreise für zahlreiche Rohstoffe. Obwohl sich die Regierung bemühte, durch eine stärkere Industrialisierung mehr lokal weiterverarbeitete Waren auf Auslandsmärkte zu liefern, wird das Ausfuhrgeschehen weiterhin klar von Rohstoffen dominiert. Ihr Anteil an den Gesamtexporten hat sich von 2015 bis 2020 jedoch leicht von 82 auf 76 Prozent verringert.
Warengruppe | SITC-Code *) | 2015 | 2020 |
---|---|---|---|
Gesamt | 45.954 | 46.949 | |
Mineralische Brennstoffe | 3 | 31.119 | 27.329 |
Vorerzeugnisse | 6 | 6.500 | 8.339 |
Rohstoffe | 2 | 2.371 | 4.345 |
Chemische Erzeugnisse | 5 | 2.992 | 2.573 |
Nahrungsmittel/lebende Tiere | 0 | 1.694 | 2.572 |
Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge | 79 | 178 | 583 |
Maschinen | 71-74 | 207 | 309 |
Straßenfahrzeuge | 78 | 62 | 200 |
Tierische/pflanzliche Öle | 4 | 46 | 186 |
Fertigerzeugnisse | 8 | 246 | 156 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 78 | 144 |
Getränke/Tabakwaren | 1 | 155 | 139 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 85 | 53 |
Sonstiges | 9 | 221 | 23 |