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Wirtschaftsausblick | Katar

Konjunktur in Katar zieht 2024 weiter an

Die Wirtschaft im Emirat dürfte 2024 um 2 Prozent wachsen. Milliarden-Investitionen in den Gassektor könnten Katars Bemühungen um Diversifizierung entgegenstehen.

Von Heena Nazir | Dubai

Top Thema: Neue Wirtschaftsstrategie – eine Quadratur des Kreises?

Die dritte Nationale Entwicklungsstrategie Katars für den Zeitraum 2024 bis 2030 konzentriert sich auf die Förderung nachhaltigen Wachstums sowie die Diversifizierung der Wirtschaft. Ein zentrales Ziel ist die Erhöhung des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um durchschnittlich 4 Prozent jährlich bis 2030. Dies soll vor allem die Ausweitung der Gasproduktion und die Förderung wirtschaftlicher Vielfalt durch spezialisierte Wirtschaftscluster sicherstellen.

Jedoch steht das Emirat vor einem Zielkonflikt: Um die Konjunktur kurz- und mittelfristig anzukurbeln, muss der Gassektor ausgebaut werden. Damit drohen eine höhere Abhängigkeit der Staatseinnahmen von den globalen Öl- und Gaspreisen, Inflationsdruck und Verdrängungseffekte in der Nichtölwirtschaft. Dies könnte die erforderlichen Bemühungen konterkarieren, die Wirtschaft langfristig zu diversifizieren und auf Nachhaltigkeit auszurichten. Katar steht vor entscheidenden Weichenstellungen, die diesen Zielkonflikt verschärfen oder abfedern helfen.

Die dritte Nationale Entwicklungsstrategie Katars für 2024 bis 2030

Strategisches ZielWirtschaftliche Maßnahmen und Schwerpunkte
Nachhaltiges WirtschaftswachstumErhöhung des durchschnittlichen jährlichen Wirtschaftswachstums um real 4 Prozent bis 2030
Ausbau des GassektorFörderung der Gasproduktion 
InnovationAufbau eines dynamischen Innovationsökosystems
Finanzielle NachhaltigkeitEtablierung eines mittelfristigen Budgetrahmens; Erhöhung des Beitrags nicht-ölbasierter Sektoren zur Steigerung der Staatseinnahmen
WirtschaftsclusterEntwicklung spezialisierter Cluster in Bereichen wie Fertigung, Logistik, Tourismus, IT & digitale Dienste, Finanzdienstleistungen
Digitalisierung Förderung von Nischenspezialisierungen und digitalen Zahlungen, Entwicklung des Bildungssektors und medizinischen Tourismus

Quelle: Government Communications Office, Planning and Statistics Authority, Juni 2024

Wirtschaftsentwicklung: Gas und Tourismus sind Wachstumstreiber

Der Internationale Währungsfonds erwartet für Katar 2024 ein reales BIP-Wachstum von 2 Prozent. Ein stabiles Preisniveau auf den Öl- und Gasmärkten, anhaltend hohe Zahlen bei den Touristen sowie eine hohe Vergabe von öffentlichen Aufträgen sorgen dafür, dass sich die Konjunktur weiter aufhellt. Für das Jahr 2023 registrierte der IWF ein reales BIP-Wachstum von 1,6 Prozent. Über 4 Millionen Touristen besuchten das Emirat 2023. Das waren mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr.

Die hohen Besucherzahlen kurbeln auch andere Wirtschaftsbereiche an. Das Gastgewerbe erfuhr 2023 das stärkste Wachstum aller Sektoren, und auch die Verkehrs- sowie Unterhaltungsindustrie verzeichneten deutliche Zuwächse.

Abhängigkeit von der Gaswirtschaft

Trotz der positiven Entwicklung bleibt die Wirtschaft stark von der Gasproduktion und den Erdgaspreisen abhängig. Der Gassektor ist wesentlich für die Haushalts- und Zahlungsbilanz des Landes. Er trägt mehr als 70 Prozent zu den gesamten Regierungseinnahmen bei, macht über 50 Prozent des BIP aus und steht für rund 85 Prozent der Exporterlöse. Neue Verträge und Erweiterungen stärken Katars Rolle als einen der führenden Exporteure von Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) weltweit. Während Europa zunehmend LNG aus Katar bezieht, bleibt Asien der Hauptabsatzmarkt.

Jedoch bergen die geopolitische Lage in der Region sowie die Volatilität der Energiepreise weiterhin Risiken. Angriffe auf Schifffahrtsrouten im Roten Meer und die wachsende Abhängigkeit von China, dem größten Abnehmer für katarisches LNG, könnten die Konjunktur beeinträchtigen.

Milliarden-Investitionen in den Gassektor

Im Jahr 2023 wurden Projekte im Wert von 16,3 Milliarden US$ vergeben. Das entspricht einem Anstieg von etwa 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mehr als 70 Prozent der geplanten Vorhaben entfallen jedoch auf den Gassektor. Das größte Projekt ist die Erweiterung von North-Field, des größten Gasfeldes der Welt. Bis 2025 soll hier die Produktionskapazität von über 33 Millionen auf 110 Millionen Tonnen jährlich steigen. Eine weitere Ausweitung ist bis 2027 geplant. Dadurch nimmt die Kapazität um 16 Millionen Tonnen pro Jahr zu. Das gesamte Projekt erfordert Investitionen im Wert von geschätzt 43 Milliarden US$.

Konsum bleibt stabil 

Ökonomen prognostizieren, dass der Konsum angesichts der moderaten Inflation von 2,6 Prozent für 2024 weiterhin stabil bleiben wird. Zwar könnte die geplanten Einführung einer Mehrwertsteuer in Höhe von 5 Prozent im Jahr 2025 kurzfristig zu einer leichten Erhöhung der Verbraucherpreise führen, doch die solide Lohnentwicklung sowie der sinkende Preisdruck auf den Rohstoffmärkten dürften die Kaufkraft der Konsumenten stützen.

Außenhandel: Gas macht zwei Drittel der katarischen Exporte aus

Für den katarischen Außenhandel ist vor allem die Entwicklung der Gasexporte ein dominierender Faktor. Die Exporte stiegen der Datenbank UN Comtrade zufolge im Jahr 2022 um real 50,2 Prozent auf 130,9 Milliarden US$. Erzielt wurde dieser Wert vor allem dank steigender Gas- und Ölausfuhren. Gas erreichte knapp zwei Drittel des Exporterlöses. Die Importe wuchsen im Vergleich zu 2021 real um rund 19,6 Prozent auf 33,5 Milliarden US$.

Laut Statistikbehörde Eurostat gingen im Jahr 2023 die katarischen Importe aus Deutschland um 6,4 Prozent auf 1,3 Milliarden US$ zurück. Der Anteil der katarischen Exporte nach Deutschland stieg dagegen um 18,8 Prozent auf 562 Millionen Euro. Rund 90 Prozent des Warenexports von Katar nach Deutschland war der Öl-, Gas- und Petrochemiebranche zuzuordnen. Umgekehrt exportiert Deutschland vor allem Maschinen, Autos sowie pharmazeutische und chemische Produkte nach Katar. Doch die Konkurrenz aus Asien wächst zusehends. 

Deutsche Perspektive: Gaza-Krieg birgt neue Risiken

Katar ist zwar stark von Öl- und Gasexporten abhängig, zeigte bislang trotz globaler Unsicherheiten ein robustes Wachstum. Die geopolitischen Spannungen, insbesondere der Israel-Gaza-Krieg,  könnten jedoch zu Instabilität in der Region führen und das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen​. 

Das Emirat hat bislang sowohl politische als auch finanzielle Unterstützung für die Hamas geleistet. Diese Beziehungen könnten zu diplomatischen und wirtschaftlichen Konflikten führen. Deutsche Firmen sollten daher die politische Entwicklung und Positionierung Katars weiterhin aufmerksam verfolgen, um Risiken und Chancen rechtzeitig begegnen zu können. 

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