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Branchen | Kolumbien | Tiefbau, Infrastrukturbau

Kolumbien setzt auf den Ausbau der Schienenwege

Bislang belegt Kolumbien in internationalen Rankings zur Qualität der Transportinfrastruktur hintere Plätze. Bessere Rahmenbedingungen und neue Großprojekte sollen das ändern.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Kolumbien investiert seit einigen Jahren umfassend in den Ausbau der Verkehrswege. In einer Umfrage des Informationsdienstleisters BNamericas belegte der Andenstaat im September 2022 Rang 3 unter den attraktivsten Standorten für Infrastrukturinvestitionen in Lateinamerika. Ausländischen Unternehmen bieten sich zahlreiche Geschäftschancen.

Zunehmender Fokus auf Ausbau der Schienen- und Wasserwege

Nach dem Autobahnprogramm "Vierte Generation von Konzessionen" läuft seit 2021 das multimodale Infrastrukturprogramm der fünften Generation. Das knapp 14 Milliarden US-Dollar (US$) schwere Paket umfasst Investitionen in Straßen, Schienen, Wasserwege und Flughäfen. Verschiedene Projekte der ersten Welle sind bereits vergeben.

Neben großen Schnellstraßen zwischen den urbanen Zentren des Landes legt die Regierung den Fokus vor allem auf den Ausbau kleiner Landstraßen, sogenannten tertiären Straßen. Hierfür stellt sie bis 2026 rund 1,8 Milliarden US$ bereit. Die Asphaltierung der Straßen soll den Transport von Agrargütern erleichtern und damit zur Entwicklung ländlicher Regionen beitragen.

Aktuelle Projekte des Infrastrukturprogramms der fünften Generation (Auswahl)

Projektbezeichnung

Investitionssumme (in Mio. US$)

Projektstand

Projektträger

Flughafen Citadel in Cartagena (11 Mio. Passagiere/Jahr)

800

Machbarkeitsphase soll bald abgeschlossen werden, Betrieb ab 2028 vorgesehen

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI)

Autobahn Calarcá – La Paila

704

Vergabeverfahren läuft

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI)

Autobahn Santuario – Caño Alegre/Ruta del Agua (54 km)

536

Machbarkeit wird beurteilt, Bau soll 2024 beginnen, Betrieb ab 2031

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI)

Straßennetz im Bundesstaat Valle del Cauca: Buenaventura – Buga (128 km)

512

Konzession vergeben, Bau zwischen 2024 und 2027

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI), Sacyr Concesiones Colombia

Schiffbarmachung des Canal del Dique: zweite Phase (116 km)

478

Projekt vergeben, Vorbauphase beginnt 2023, Betrieb ab 2029

Ministerio de Transporte, Sacyr Concesiones Colombia

Autobahn Troncal del Magdalena: Puerto Salgar – Barrancabermeja (260 km)

429

Vorbauphase, Betrieb ab 2027

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI), Estructura Plural Autopista Magdalena Medio (KMA, Ortiz)

Schnellstraße Accenorte Bogotá, Phase 2 (18 km)

395

Bau ab dem 2. Halbjahr 2023, Betrieb ab 2029

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI), Consorcio Estructura Plural Ruta Bogotá Norte (OHL, Termotécnica)

Schiffbarmachung des Rio Magdalena: Bocas de Ceniza – Barrancabermeja (671 km)

375

Inzwischen öffentliches Bauprojekt, Bau ab 2023, Betrieb ab 2028

Cormagdalena, Panamerican Dredging & Engineering

Autobahn Troncal del Magdalena: Sabana de Torres – Curumaní (129 km)

352

Vorbauphase, Betrieb ab 2027

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI), Estructura Plural Autopista Magdalena Medio (KMA, Ortiz)

Modernisierung der Zugstrecke La Dorada – Chiriguaná (522 km)

334

Vergabe Mitte 2023, Betrieb ab dem 1. Halbjahr 2024 

Agencia Nacional de Infraestructura (ANI)

Quelle: BNamericas April 2023

Eisenbahnen kommt wichtige Bedeutung zu

Die Reaktivierung des mangelhaften nationalen Schienennetzes macht Fortschritte. Das Vergabeverfahren für den Ausbau der Strecke von La Dorada nach Chiringuaná für 445 Millionen US$ ist in Vorbereitung.

Vormachbarkeitsstudien für eine weitere wichtige Strecke, den knapp 850 Kilometer langen Pazifikkorridor, sollen zeitnah erstellt werden. Der Corredor del Pacífico soll von der Hafenstadt Buenaventura an der Südostküste nach La Felisa (100 Kilometer südlich von Medellín) führen. Von dort aus könnte er an das zentrale Schienennetz und an den Atlantikkorridor des Landes anschließen.

Bis 2026 möchte die Regierung Schienenprojekte für knapp 7 Milliarden US$ vergeben. Ein Gesetzesentwurf ging im Februar 2023 in den Kongress. Dieser soll die Voraussetzungen für den Ausbau schaffen.

Für besondere Dynamik sorgt der Ausbau des Nah- und Regionalverkehrs. In der Hauptstadt Bogotá entstehen zwei U-Bahn-Linien. Die erste Linie ist im Bau, für die zweite wurde im Mai 2023 das Vergabeverfahren gestartet. In Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens, soll 2023 mit dem Bau der dritten Metrolinie begonnen werden.

Investitionen fließen auch in den Bau von Pendlerzügen. So soll 2023 der Bau der "RegioTram de Occidente" beginnen, die die Vororte im Westen Bogotás an das Zentrum anbindet. Allerdings lehnte die Umweltprüfungsbehörde (ANLA) den Lizenzantrag für das Projekt Anfang April 2023 ab. Dadurch ist das Vorhaben zunächst gestoppt. Die "RegioTram del Norte" befindet sich in der Machbarkeitsphase. Auch im Bundesstaat Valle del Cauca (Hauptstadt: Cali) ist der Bau eines Pendlerzugs geplant. Das Vergabeverfahren soll in der zweiten Jahreshälfte 2023 starten.

Zusätzlich rücken Gondeln in den bergigen Städten des Landes in den Fokus. So könnten in Bogotá bis 2035 sieben Seilbahnstrecken gebaut werden. Die geschätzten Kosten hierfür belaufen sich auf mehr als 400 Millionen US$.

Wasser- und Flughafenprojekte stärken multimodale Logistik

Nachdem die Vergabe von Aufträgen für die Schiffbarmachung des Rio Magdalena unter der Vorgängerregierung gescheitert war, wird das Projekt unter der neuen Regierung als öffentliches Vorhaben fortgeführt. Die Vorbauphase für die Wiederinbetriebnahme des Canal del Dique soll 2023 beginnen. Der Kanal verbindet Cartagena mit dem Rio Magdalena.

Eines der größten Infrastrukturprojekte wird künftig der weitere Ausbau des Flughafens El Dorado in Bogotá sein (1,5 Milliarden US$). Neue Gates, Parkplätze und ein neues Terminal werden das Passagieraufkommen stark erhöhen. Die Vormachbarkeitsstudien sind bereits genehmigt. Das Vergabeverfahren für den Ausbau des Flughafens Rafael Núñez in Cartagena mit einem neuen Terminal ist im Gange.

China dominiert regionale Schienenprojekte

Seit einigen Jahren spielt China eine immer wichtigere Rolle bei Infrastrukturprojekten in Kolumbien. Das gilt insbesondere für große regionale Schienenprojekte. Beteiligungen finden sich bei:

  • der ersten Linie der Metro in Bogotá: China Harbour Engineering, Xi’An Rail Transportation,
  • RegioTram de Occidente: China Railway 19, CCECC, China Railway Construction Electrification, Changchun Railway und
  • der dritten Linie der Metro in Medellín: CRRC Hong Kong.

Von europäischer Seite sind vor allem große spanische Firmen vertreten, darunter OHL, Ortiz und Iridium bei Autobahnprojekten. Der Zuschlag für die Schiffbarmachung des Dique-Kanals ging 2022 an die spanische Sacyr.

Deutsche Firmen kommen dagegen eher als Zulieferer zum Zug. Siemens Mobility stellt für Medellíns neue Metrolinie Stromversorgungs- und Signalanlagen bereit. Peri aus dem bayerischen Weißenhorn liefert bei Autobahn- und Tunnelarbeiten in verschiedenen kolumbianischen Bundesstaaten Schalungen, Gerüste und Verbaulösungen.

Investitionssicherheit verbessert

Kolumbien hat einen hohen Bedarf an einem Ausbau der Infrastruktur. Um private Investitionen zu mobilisieren, setzt das Land bereits seit drei Jahrzehnten auf öffentlich-private Partnerschaften (PPP) und arbeitet daran, die Bedingungen hierfür laufend zu verbessern. So sorgen in dem 2021 gestarteten Infrastrukturprogramm der fünften Generation Einnahmeunterstützungen für Projektträger und Ratenzahlungssysteme für mehr Investitionssicherheit.

Hohe Zinssätze machen dem Sektor, der in hohem Maße auf Fremdkapital angewiesen ist, unterdessen zu schaffen. Sorgen bereiten der Branche auch einige Vorhaben der Politik. So möchte Präsident Gustavo Petro die Pläne für Bogotás Metro ändern und einen Teil der Strecke unter die Erde verlegen. Das könnte falsche Signale hinsichtlich Vertragssicherheit im kolumbianischen Infrastruktursektor senden. Mitte Januar 2023 verabschiedete sein Kabinett außerdem ein Dekret, um Mautgebühren einzufrieren. Kritiker befürchten, dass diese Maßnahme das Vertrauen von Investoren untergraben könnte. 

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