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Kolumbiens Wassersektor braucht effiziente Technik
Kolumbien nutzt sein Wasser nur ineffizient. Da die Nachfrage nach dem blauen Nass steigt, muss das Land die Wasserwirtschaft verbessern. Lösungen kommen auch aus Deutschland.
13.06.2023
Von Janosch Siepen | Bogotá
Kolumbien zählt zu den wasserreichsten Ländern weltweit. Laut Informationen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) beherbergt das südamerikanische Land die sechstgrößten erneuerbaren Wasservorkommen des Planeten. Nur Brasilien, Russland, die USA, Kanada und China verfügen über noch mehr Wasser.
Kolumbien hat großen Nachholbedarf
Doch in Kolumbien wird viel Wasser verschwendet und nur wenig aufbereitet. Im Jahr 2022 wurde nur etwa die Hälfte der Abwässer geklärt. Doch das soll sich ändern. Laut den Plänen der Regierung soll der Anteil bis 2030 auf knapp 70 Prozent steigen. Besonders in der Hauptstadt Bogotá ist die Abwasserbehandlung unzureichend. Im Bogotá-Fluss landen Unmengen an Müll und Schadstoffen. Um das zu ändern, investiert das Land rund 2 Milliarden US-Dollar (US$) allein in neue Kläranlagen in der Hauptstadt.
Hohe Investitionen in Metropolen
Das große Klärwerk Canoas in Bogotá wird voraussichtlich 2030 in Betrieb gehen. Dann wird die Anlage eine der größten in Südamerika sein. Kostenpunkt: rund 1,5 Milliarden US$. Auch eine deutsche Firma ist an dem Bau beteiligt: KSB aus Frankenthal in der Pfalz liefert Abwasserpumpen, die zu den leistungsstärksten der Welt gehören.
In Kolumbiens zweitgrößter Metropole, Medellín, investiert die stadteigene Firma EPM 640 Millionen US$ in Projekte für Trinkwasser und sanitäre Anlagen. Der entsprechende Investitionsplan sieht bis 2025 auch digitale Lösungen, automatisierte Infrastruktur und die Suche nach neuen Geschäftsfeldern vor.
Name (Kapazität) | Investitionen (in Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Klärwerk Canoas in Bogotá (16.000 l/s) | 1.519 | Kreditgarantien werden geklärt, danach kann Vorqualifizierungsprozess starten, Betrieb ab 2030 geplant | |
Wasserversorgung und Abwassersystem in Santa Marta (4.000 l/s, 40 km) | 445 | Teil des Investitionsplans des Bundesstaats Magdalena | |
Sanierung der Laguna de Fúquene (rund 80 km außerhalb von Bogotá) | 168 | Sedimententfernung, 2023 sollen 500 Hektar regeneriert sein | |
Klärwerk Río de Oro (1.845 l/s) | 80 | Vormachbarkeitsstudien, Baubeginn unbekannt | |
Klärwerk El Paraíso (139.968 m³/Tag) | 78 | Finanzierungsunterstützung durch nationale Regierung wird geklärt, Betrieb für 2026 vorgesehen | |
Prozessoptimierung der Trinkwasseraufbereitungsanlage Tibitoc in Bogotá (12.000 l/s) | 60 | Im Bau, Betrieb ab Ende 2023 | EAAB-ESP, Consorcio PTAP Tibitoc 20 (Powerchina) |
Nördliche Wasserleitung bei Barranquilla (5,7 km; 1.100 l/s) | 55 | Vergabeverfahren, Betrieb ab Februar 2024 | |
Klärwerk Neiva (k.A.) | 50 | Genehmigungsverfahren | |
Klärwerk San Silvestre (103.680 m³/Tag) | 49 | Im Bau, Betrieb ab Januar 2024 | Aguas de Barrancabermeja, Consorcio PTAR San Silvestre 2016 (Construvicol, Fypasa) |
Chancen bei lokalen Projekten
Auch abseits der Metropolen wird in die Abwasseraufbereitung investiert. Insbesondere in den ländlichen Gebieten besteht in Kolumbien ein hohes Risiko, an bakteriellem Durchfall, Hepatitis A und Malaria zu erkranken. In kleineren Gemeinden besteht deshalb ein großer Bedarf an modernen sanitären Einrichtungen und Anlagen zur Abwasseraufbereitung. Im Bundesstaat Bolívar läuft der Bau von vier Abwassersystemen. Kleinere Vorhaben für Kläranlagen in den Bundesstaaten Santander, Huila und Risaralda schreiten voran. Projekte in den Städten Santa Marta und Barranquilla für eine 0,5 Milliarden US$ sorgen für eine Verbesserung der Wasserversorgung an der Karibikküste.
Ausländische Fachexpertise wird auch bei der Sanierung von Gewässern benötigt. Hierzu zählen spezialisierte Lösungen zur ökologischen Wiederherstellung und Baggertechnik, etwa um die Laguna de Fúquene in Cundinamarca, rund 80 Kilometer außerhalb von Bogotá, zu dekontaminieren.
Gesteigerte Nachfrage erfordert höhere Effizienz
In Zukunft könnte die effiziente Wassernutzung an Bedeutung gewinnen. Laut dem kolumbianischen Institut für Hydrologie, Meteorologie und Umweltwissenschaften (IDEAM) wird sich die Nachfrage nach Wasser in dem Andenstaat bis 2030 um über ein Viertel erhöhen. Daher möchte Kolumbien die Wasserverluste mittelfristig senken. Präzisionsbewässerung und eine bessere Überwachung der Wassernutzung in der Landwirtschaft könnten einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Der Agrarsektor verbraucht mehr als die Hälfte des Wassers in Kolumbien.
Anspruchsvolle Technologie aus Deutschland
Produkte aus Deutschland sind in Kolumbiens Wasserwirtschaft beliebt. Neben KSB sind unter anderem Ferrostaal und Prominent im kolumbianischen Abwassersektor aktiv. Beim kürzlich abgeschlossenen Ausbau des Klärwerks Salitre (480 Millionen US$) in der Hauptstadt Bogotá kommt deutsche Technik zum Einsatz: Vier Dekanterzentrifugen von Flottweg aus dem bayerischen Vilsbiburg helfen dabei, Schlamm zu behandeln und 30 Prozent der städtischen Abwässer zu reinigen. Laut Carlos Olivo, Verkaufsleiter von Flottweg bei kommunalen Projekten auf der iberischen Halbinsel und Lateinamerika, war dies der bislang größte Auftrag im Bereich Kläranlagen in Südamerika.
Deutsche Firmen werden vor allem für anspruchsvolle Produkte geschätzt. Das dürfte sich verstärken, da der Bedarf steigt und sich die Branche modernisiert. Die zunehmende Nutzung von Industrie 4.0 im Wassersektor bietet Chancen. Pumpen mit hocheffizienten IE5-Motoren sowie Überwachungs- und Kontrollsysteme dürften in Zukunft relevanter werden, sagt Dorian Hernandez, Geschäftsführer von KSB in Kolumbien. „Wichtig dabei ist, die Vorteile der eigenen Produkte beispielsweise direkt beim zuständigen Ingenieurbüro eines Projekts zu bewerben.“
Die deutsche Förderbank KfW ist seit Jahren in Kolumbiens Wassersektor tätig. Ende 2022 vergab sie 1,5 Millionen Euro an die kolumbianische Entwicklungsbank Findeter, um kommunale Wasserversorgungsprojekte zu unterstützen.
Gesetzgebung bietet Anreize
Der Haushaltsplan sieht 2023 über 200 Millionen US$ mehr für die Trinkwasserversorgung und sanitäre Anlagen vor. Dem Ministerium für Wohnungswesen, Stadt und Territorium zufolge sind in Kolumbien rund 200 Wasserprojekte in Planung. Der Entwurf des nationalen Entwicklungsplans 2022 bis 2026 legt den Fokus unter anderem auf die Förderung von neuen Technologien und nachhaltigen Kanalisationssystemen. Zudem sollen Klärwerke zur Energiegewinnung genutzt und deren Methanemissionen vermieden werden.
In Kolumbien sind Geräte, die speziell für den Bau, die Montage oder den Betrieb von Umweltkontroll- und Überwachungssystemen verwendet werden, von der Mehrwertsteuer befreit. Das trifft auch auf importierte Maschinen zur Abwasserbehandlung zu. Das Umweltministerium muss jedoch vorher eine Genehmigung erteilen.