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Branche kompakt | Kroatien | Energiewirtschaft

Markttrends

Das Ausbaupotenzial für Wind- und Solarenergie ist hoch, der regulatorische Rahmen blockiert indes größere Projekte. Marktchancen bieten sich bei Zukunftstechnologien. 

Von Kirsten Grieß | Zagreb

Bei der Dekarbonisierung des Energiesektors setzt die kroatische Regierung auf erneuerbare Energiequellen und den Ausbau entsprechender Erzeugungskapazitäten. Schon jetzt haben Erneuerbare einen Anteil von knapp 31 Prozent an der Wärmeerzeugung und 63 Prozent an der Erzeugung von Strom (2022). Rund 38 Prozent des 2022 erzeugten Stroms stammten aus Wasserkraft. Dabei sind kroatische Wasserkraftwerke im Durchschnitt über 40 Jahre alt und längst nicht auf dem neuesten technischen Stand. Der Betreiber Hrvatska elektroprivreda (HEP) plant bis zum Jahr 2030 Investitionen von rund 290 Millionen Euro. Sämtliche Modernisierungsarbeiten übernehmen kroatische Unternehmen. Allein die Turbinen müssen aus dem Ausland importiert werden.

38,4 Prozent

des erzeugten Stroms stammten 2022 aus Wasserkraft. 

Zuwächse bei Sonne, Stillstand bei Wind

Anders sieht es bei Wind- und Solarenergie aus, hier ist das Potenzial der kohlenstoffarmen Stromerzeugung bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Lediglich 1 Prozent des kroatischen Stroms wurde 2022 durch Solarkraftwerke produziert. Der Anteil von Windkraft lag im gleichen Jahr bereits bei 15 Prozent. Seither hat sich beim Ausbau von Solarkraft einiges getan. Nach Daten des kroatischen Verbands Erneuerbarer Energien (OIEH) waren am 1. September 2024 Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von 757 Megawatt am Netz. Im Vergleich zum Jahr 2021 hat sich die Kapazität verfünffacht. 

Bei der Windkraft ist der Ausbau nach 2021 nahezu zum Stillstand gekommen. Die installierte Leistung lag im September 2024 bei 1.180 Megawatt, das von der Regierung gesetzte Ziel von 2.268 Megawatt ist meilenweit entfernt. Die Verschiebung der Investitionen von Wind zu Sonne hat mit der Organisation des Energiemarktes zu tun: Seit 2022 die Berechnungsmethode für Netzanschlussgebühren umgestellt wurde, hat die Regulierungsbehörde HERA keine verbindlichen Netzgebühren festgelegt. In der Zwischenzeit gilt in Kroatien eine Gebührenverordnung aus dem Jahr 2017, die erneuerbare Energieprojekte finanziell unverhältnismäßig stark belastet. 

Regulierungslücke bedroht Energiewende 

Das führte faktisch zu einem Stopp aller größeren Windkraftprojekte. Laut OIEH liegen zurzeit 45 Investitionsprojekte mit einer Kapazität von 2.648 Megawatt und einem Wert von rund 2 Milliarden Euro auf Eis. Angesichts befristeter Betreibergenehmigungen besteht letztlich die Gefahr, dass ein Teil der Vorhaben gar nicht realisiert wird. Die negativen Folgen für die Energiewende in Kroatien wären beträchtlich. Auch weil sich viele der Projekte noch komplett in der Startphase befinden und Kooperationspotenzial für erfahrene deutsche Hersteller, Planer oder Investoren eröffnen. Der Verband Erneuerbare Energien (OIEH) bietet sich hier als Mittler an.

Kleinere Projekte bis zu einer Kapazität von 10 Megawatt sind kaum von der Regulierungslücke betroffen. Das erklärt die Zuwächse auf dem Solarmarkt, die sich aus Dachaufbauten privater Haushalte und kleinen kommerziellen Solarparks speisen. In diesem Segment sind die Ausbaupotenziale in den kommenden Jahren weiterhin sehr gut. Allerdings dominieren chinesische Hersteller beinahe komplett den Markt.  

Bei Geothermie ist Know-how gefragt

Der Markteintritt lohnt sich für deutsche Unternehmen eher in Bereichen, die bisher wenig erschlossen sind und speziellerer Lösungen bedürfen. Das ist etwa in der Geothermie der Fall. Die Potenziale Kroatiens sind hoch, aber kaum erschlossen. Gleichzeitig sind die technischen Lösungen aufwändig. Momentan liefert in Kroatien ein geothermisches Kraftwerk Strom. Vorbereitungen für den Bau von mindestens zwei geothermischen Fernwärmesystemen laufen. Zusätzlich plant die Regierung, die Leistung von Geothermiekraftwerken bis 2030 von 10 Megawatt auf 68 Megawatt auszubauen. Deutsche Technologieanbieter könnten sich hier frühzeitig in Stellung bringen, idealerweise in einer Partnerschaft mit lokalen Entwicklern.

Erster Batteriespeicher geht ans Netz 

Noch in den Kinderschuhen steckt in Kroatien der Markt für Batteriespeicher. Das erste kroatische Speichersystem wird aktuell durch die Unternehmen IE-Energy aus Rijeka und den slowenischen Marktführer NGEN in der Küstenstadt Šibenik installiert. Die Kapazität beträgt zunächst 10 Megawatt. Bis Ende 2024 soll das System an das Übertragungsnetz gehen und dort die auftretenden Stromschwankungen ausgleichen. Im Zuge wachsender Erzeugungskapazitäten aus wetterabhängigen, erneuerbaren Energien wird der Bedarf solcher ausgleichenden Speicherlösungen weiter steigen. 

Kaum Potenzial für Offshore-Windparks

Schwimmende Fotovoltaik- oder Agrarsolaranlagen sind in Kroatien zwar noch Zukunftsmusik, OIEH bescheinigt beiden Konzepten indes gute Bedingungen. So gut wie kein Potenzial sehen Energieexperten für Offshore-Windkraftwerke. Die Bedingungen wirken angesichts der 1.800 km langen Küstenlinie zunächst vielversprechend, die kroatische Adriaküste ist aber gesprenkelt mit über 1.200 vorgelagerten Inseln. Für rentable Offshore-Projekte sind die Wasserflächen deutlich zu klein und auch mit Blick auf die Windverhältnisse rechnen sich derartige Investitionen zurzeit nicht. 

Wasserstoffprojekte durch EU-Gelder gefördert

Kroatien arbeitet bei der Erforschung der Potenziale von grünem Wasserstoff mit Slowenien und Italien im North Adriatic Hydrogen Valley zusammen. In das Großprojekt sind Unternehmen, Universitäten und Forschungsinstitute aller drei Länder eingebunden. Geplant sind aktuell 17 Pilotprojekte zur Produktion, zum Transport, zur Speicherung und Nutzung von grünem Wasserstoff, fünf davon in Kroatien. Der Startschuss fiel im Herbst 2023. Um die Gewinnung von Wasserstoff aus Abwasserschlamm geht es in einem privatwirtschaftlichen Pilotprojekt, an dem auch die kroatische E.ON-Tochter beteiligt ist. Gemeinsam mit dem Sonderfahrzeughersteller DOK-ING testet E.ON in diesem Projekt ein vielversprechendes "Power-to-Gas"-Verfahren. Das Vorhaben erhielt Zuschüsse aus dem EU-Innovationsfonds.

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