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Special | Kroatien | Krieg in der Ukraine

Ukrainekrieg trifft einige kroatische Branchen hart

Der Handel mit Russland und der Ukraine spielt für Kroatien eine untergeordnete Rolle. Für einige Unternehmen und Branchen hat der Russland-Ukraine-Krieg aber schmerzhafte Folgen.

Von Waldemar Lichter, Snjezana Buhin Peharec | Zagreb

Der russisch-ukrainische Krieg wird sich vor allem indirekt auf die kroatische Wirtschaft auswirken. Die Konjunktur in der Europäischen Union (EU) leidet unter den Folgen des Konflikts. Das bremst auch das Wachstum in Kroatien. Zu den größten Verlierern wird der Tourismussektor gehören. Negativ betroffen werden auch die kroatischen Warenexporte sein. Die Krise trübt die Verbraucherstimmung. Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen bekommt angesichts wachsender Risiken einen kräftigen Dämpfer.

Als Folge werden die Prognosen für das weitere Wachstum der kroatischen Wirtschaft gesenkt. Experten von Raiffeisen Research gehen nun für 2022 von einer realen Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4 (statt wie bisher 4,4) Prozent aus. Die Erste Bank rechnet mit einem Plus von nur noch 3,4 Prozent. Doch je nach weiterer Entwicklung des Konflikts könnte es Kroatien sogar noch härter treffen.

Diversifizierung der Energiebezüge zahlt sich aus

Eine unerwartete Bestätigung durch den ausgebrochenen Krieg haben die Bemühungen der kroatischen Regierung bekommen, die Energiebezüge zu diversifizieren und auf diese Weise die Versorgungssicherheit zu verbessern. Ein wichtiges Element dieser Strategie war der Bau des Terminals für Flüssigerdgas (LNG) auf der Insel Krk (Omišalj) in der nördlichen Adria. Über die 2021 in Betrieb genommene Anlage wird Erdgas auch aus anderen Quellen als Russland bezogen. Es kann außer an kroatische Kunden auch an andere Abnehmer in der Region geliefert werden.

Nach Angaben des Brüsseler Thinktanks Bruegel sollen 2021 rund 22,8 Prozent des in Kroatien verbrauchten Erdgases über das LNG-Terminal angelandet worden sein. Nur 27,8 Prozent wurden aus Russland geliefert. Weitere 42 Prozent stammten aus eigener Förderung im Land und der Rest aus anderen Quellen.

Bilateraler Handel seit 2013 stark gesunken

Die direkten Auswirkungen des russisch-ukrainischen Krieges auf die kroatische Wirtschaft halten sich in Grenzen. Das ist der Tatsache geschuldet, dass der bilaterale Handel seit 2013 massiv gesunken ist. Die kroatischen Warenimporte aus Russland schrumpften nach Angaben von Eurostat zwischen 2013 und 2020 von 1.069 Millionen Euro auf nur noch 256 Millionen Euro. Es ist allerdings fraglich, ob das den tatsächlichen Umfang der Einfuhren von Energieträgern richtig widerspiegelt. Ein Teil der Importe findet über Drittländer statt und wird von der bilateralen Statistik nicht erfasst.

Auch für die kroatische Exportwirtschaft hat der russische Markt eine relativ geringe Bedeutung. Die Ausfuhren nach Russland beliefen sich 2020 lediglich auf 176 Millionen Euro – gegenüber 282 Millionen Euro im Jahr 2013. Der starke Rückgang des bilateralen Handels dürfte zum großen Teil auf die erste Sanktionswelle der EU nach der 2014 vollzogenen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland zurückzuführen sein.

Tourismusbranche erwartet Einbußen

Trotzdem spüren einzelne Branchen und einige Unternehmen in Kroatien erhebliche Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Insbesondere die Folgen für die Energieversorgung und -kosten sowie die von den USA und der EU verhängten Sanktionen gegen Russland machen sich bemerkbar.

Zu den betroffenen Zweigen gehört allen voran der für Kroatien wichtige Tourismussektor. Der Konflikt bremst schon jetzt die Buchungen für die kommende Saison. Das gilt für Gäste aus den wichtigen EU-Märkten, wie etwa Deutschland oder Österreich. So gut wie sicher wird aber ein großer Teil der für 2022 erhofften 200.000 russischen Touristen wegbleiben.

Mit großen Problemen dürfte der kroatische Hersteller von Mineraldünger Petrokemija d.d. Kutina konfrontiert werden. Das ohnehin schwer angeschlagene Unternehmen wird durch die stark gestiegenen Erdgaspreise zusätzlich belastet. Petrokemija produziert nach eigenen Angaben rund 1,25 Millionen Tonnen Mineraldünger pro Jahr. Auf das Unternehmen entfallen dabei 20 Prozent des gesamten Erdgasverbrauchs in Kroatien.

Mit Schwierigkeiten rechnet aber auch eine Reihe von Unternehmen, die auf dem russischen Markt verkaufen oder dort gar über eigene Fertigungswerke verfügen. Stark engagiert in Russland ist beispielsweise der Automobilzulieferer AD Plastik (Solin). Das Unternehmen betreibt dort zwei Werke. Sie beliefern vor allem Abnehmer in der Automobilindustrie in Russland selbst und dürften damit von keinen Sanktionen erfasst werden. Allerdings machen sich immer mehr der Kursverfall des Rubels und Unterbrechungen der Lieferketten bemerkbar. Auf das Russland-Geschäft entfallen 25 Prozent der Umsätze von AD Plastik.  

Russland wichtiger Markt für die Pharmaindustrie 

Potenziell in Gefahr könnte auch das Russlandgeschäft der kroatischen Pharmaindustrie mit ihren Flaggschiffunternehmen Pliva und JGL sein. Beide erzielen einen signifikanten Teil ihrer Umsätze in Russland. Bei JGL belief sich der russische Anteil 2020 auf 39 Prozent. Zwar haben beide Unternehmen mit Unsicherheiten auf dem Markt zu kämpfen. Mit Sanktionen der russischen Regierung, die das Geschäft zum Erliegen bringen könnten, rechnen sie jedoch nicht, weil die Versorgung der Patienten in Russland weiterhin gewährleistet werden müsse.

Gegensanktionen der russischen Regierung könnten auch Unternehmen der kroatischen Lebensmittelindustrie zu spüren bekommen, beispielsweise der Podravka-Konzern oder die Atlantic Grupa (Tochter: Droga Kolinska). Doch das Geschäft mit Russland und mit der Ukraine ist für diese Unternehmen nicht lebenswichtig. Bei Podravka entfallen auf beide Länder weniger als 6,5 Prozent des gesamten Konzernumsatzes. Um einem Ausfall von Forderungen zuvorzukommen, hat das Unternehmen seine Lieferungen nach Russland inzwischen komplett eingestellt.

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