Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Kroatien | Wirtschaftsstruktur

Wenig diversifizierte Wirtschaftsstruktur

Kroatiens Dienstleistungssektor ist der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig. Überdurchschnittlich hoch ist die Bedeutung des Tourismus, während die Industrie weiter schrumpft.

Von Kirsten Grieß | Zagreb

Kroatien ist eine der stärksten Volkswirtschaften auf dem Westbalkan. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf lag 2023 bei 19.847 Euro. In Kaufkraftparitäten waren das 76 Prozent des EU-Durchschnitts. Die Warenexporte trugen 2023 rund 25 Prozent zum BIP bei. Zu den wichtigsten Exportgütern zählen Erzeugnisse aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau. 

Bis Anfang der 1990er Jahre war das Land stark industrialisiert. Nach dem Ende des Kroatienkriegs 1995 schrumpfte jedoch der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP von 18,4 auf 10,6 Prozent 2023. Die verbliebene Industrie ist recht breit aufgestellt. Die größten Industriezweige sind die Lebensmittel- und Metallverarbeitung, gefolgt von der Baustoffproduktion.

Der Dienstleistungssektor ist mit einem BIP-Anteil von 43,3 Prozent (2023) der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Grund ist die große Bedeutung des Tourismus. Fast ein Fünftel (19,1 Prozent) des BIP stammte 2023 aus den Einnahmen durch internationale Touristen.

Die Bauwirtschaft wuchs zuletzt leicht, gestützt durch immense öffentliche Wiederaufbaumaßnahmen, die nach den Erdbeben 2020 aufgesetzt wurden. Die Nachfrage nach Bauleistungen bleibt weiter robust, da im Gebäudebau großer Nachholbedarf besteht. Die Geschäftsaussichten für Bauunternehmen und Baustoffhersteller sind gut.

3,9 Mio.

Personen lebten 2023 im Land.

Quelle: Eurostat 2024

76,5 Mrd.

Euro betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023.

Quelle: Eurostat, Nationalbank Kroatiens 2024 (Prognose)

 

 

19.847

Euro machte das BIP pro Kopf damit 2023 aus.

Quelle: Nationalbank Kroatiens 2024 (Prognose)

 

Rang 44

belegte das Land 2023 unter den deutschen Exportzielen.

Quelle: Destatis 2024

Rang 57

nimmt das Land im Corruption Perceptions Index 2023 ein (unter 180 Ländern).

Quelle: Transparency International 2024

0,7 %

betrug die Analphabetenquote im Jahr 2021.

Quelle: Statistikamt Kroatiens 2024

Enge Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Kroatien 

Deutschland war 2023 für Kroatien der zweitwichtigste Handelspartner, nur knapp hinter Italien. Im vergangenen Jahr kamen deutsche Warenlieferungen im Wert von 5,6 Milliarden Euro ins Land. Das entsprach 14 Prozent aller kroatischen Einfuhren. Unter den Zielmärkten kroatischer Warenexporte teilten sich 2023 Italien und Deutschland mit einem Anteil von jeweils rund 12 Prozent der kroatischen Ausfuhren den Spitzenplatz.

Ein Grund für die engen Verbindungen zwischen Deutschland und Kroatien ist, dass rund 404.000 der 3 Millionen Auslandskroaten in Deutschland leben - mehr als in jedem anderen EU-Land. Deutsche Urlauber führten wiederum 2023 die kroatische Besucherstatistik an. Die Deutsch-Kroatische Industrie- und Handelskammer (AHK Kroatien) ist mit über 340 Mitgliedern die größte bilaterale Wirtschaftsvereinigung im Land.

Deutsche Investoren in guter Stimmung

Die Stimmung der deutschen Investoren ist positiv. In der im Mai 2024 von der AHK veröffentlichten Konjunkturumfrage lag Kroatien bei den Investitionsbedingungen auf Platz 5 von 16 Ländern in Mittel- und Osteuropa. Knapp 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen würden erneut in Kroatien investieren. Als größtes Geschäftsrisiko nannten sie den Fachkräftemangel. Am unzufriedensten waren die Befragten mit der unzureichenden Bekämpfung von Korruption und der ineffizienten öffentlichen Verwaltung.

SWOT-Analyse Kroatien

S

Stärken Strengths

  • Mitgliedschaft in EU, Euro- und Schengenraum
  • Qualifizierte Arbeitskräfte
  • Vorteilhafte geografische Lage
  • Gut ausgebautes Autobahnnetz
  • Hohe Lebensqualität, geringe Kriminalität
W

Schwächen Weaknesses

  • Geringes Marktvolumen, begrenzte Ressourcen
  • Zunehmender Arbeitskräftemangel
  • Schrumpfende Industrie
  • Schwerfällige Bürokratie, langwierige Gerichtsverfahren
  • Unzureichende Bekämpfung von Korruption
O

Chancen Opportunities

  • Hohe Zuflüsse an EU-Fördermitteln
  • Anstehende Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz
  • Strukturelle Reformen durch EU-Auflagen
  • Weiterer Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
  • Förderprogramme zur Aus- und Weiterbildung
T

Risiken Threats

  • Abwanderung von Fachkräften
  • Starke Abhängigkeit vom Tourismussektor
  • Lohn-Preisspirale im Dienstleistungssektor
  • Vergleichsweise niedrige Ausgaben für F&E
  • Extreme Wetterereignisse durch Klimawandel 

Hohe Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur

In den kommenden Jahren wird der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur die kroatische Wirtschaft prägen. Ende 2023 einigte sich die EU auf eine geänderte Verordnung über das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V-Verordnung). In der Neufassung wird Kroatien in zwei weitere europäische Transportrouten eingebunden: die Korridore Ostsee-Adria und Westbalkan-östliches Mittelmeer. Das geht mit einer massiven Erweiterung des Straßen- und Schienennetzes sowie der Häfen von Ploče und Split einher. Bereits 2024 starten im Straßenbau Baumaßnahmen im Wert von 1,9 Milliarden Euro. Für die Häfen sind aktuell 240 Millionen Euro vorgesehen und in die Eisenbahninfrastruktur sollen über die nächsten zehn Jahre Investitionen von mehr als 6 Milliarden Euro fließen. 

Davon profitiert nicht nur die Bauindustrie, der Standort Kroatien wird auch interessanter für die Logistikbranche. Schon heute ist die Hafenstadt Rijeka ein Logistikdrehkreuz. Im Vergleich zum slowenischen Koper und zum italienischen Triest sieht die Hafenbehörde in Rijeka noch Ausbaubedarf: Im Seehafen läuft ein ambitioniertes Programm zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsposition im Containerumschlag. Bis zu 450 Millionen Euro an Investitionen sind geplant.

Bedeutung der Wirtschaftszweige in Kroatien Anteile in Prozent

Sektoren

Anteil am BIP 2022

Anteil an den Beschäftigten 2022

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

3,1

6,7

Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung)

0,2

0,4

Verarbeitendes Gewerbe

11,7

17,3

Energieversorgung

2,1

0,7

Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen

1,2

2,0

Baugewerbe

4,6

8,7

Dienstleistungen (ohne öffentliche Hand)

43,1

39,7

Quelle: Statistikamt Kroatien 2024, Eurostat 2024

Potenzieller Logistik- und Versorgungshub

Im Logistiksektor selbst engagieren sich private Großinvestoren. Für über 100 Millionen Euro baut die tschechische Investmentgruppe RC Europe ein neues Logistikzentrum bei Samobor. Die Anlage wird die größte und modernste in der Region, DB Schenker hat sich bereits als Mieter angekündigt. Lidl investierte in der Nähe von Zagreb 120 Millionen Euro in sein drittes Logistik- und Distributionszentrum auf kroatischem Boden.

Ein weiteres staatliches Großprojekt betrifft das Flüssiggasterminal, das Kroatien seit 2021 auf der Insel Krk betreibt. Die Regierung plant den Bau von vier zusätzlichen Gaspipelines. Mit den neuen Leitungen nach Slowenien, Ungarn und weiteren Ländern Südosteuropas könnte sich Kroatien zu einem regionalen Hub in der Energieversorgung entwickeln. Rund 530 Millionen Euro sind für den Bau veranschlagt.

Kroatien will und wird sich dank des Baus des LNG-Terminals und des Ausbaus von Gaspipelineverbindungen mit den Nachbarländern als Energiedrehscheibe positionieren."

Damir Habijan, Minister für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung, Republik Kroatien 30. Januar 2024

Küste und Hinterland sind sehr verschieden

Kroatien gliedert sich auf regionaler Ebene in 20 Gespanschaften und die Hauptstadt Zagreb. Am stärksten industrialisiert ist der Norden des Landes. Wichtigste Industriezweige sind dort die Metallverarbeitung und die Textil- und Schuhproduktion. Rund um Osijek, der größten Stadt im Osten des Landes, siedelten sich zuletzt verstärkt Firmen aus der Informations- und Kommunikationsbranche an.

Wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes ist Zagreb. Die Hauptstadt ist auch ein zentraler Logistikknotenpunkt. Weitere Logistikzentren sind die Hafenstädte Rijeka im Nordwesten und Ploče am südlichen Zipfel des Landes. 

In der Küstenregion ist der Tourismus der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig. Die zuvor stark subventionierte kroatische Schiffbauindustrie verlor nach dem EU-Beitritt an Bedeutung. In Rijeka gibt es allerdings noch einige Werften und Projektierungsbüros. Kroatien positioniert sich auch immer erfolgreicher in der Produktion hochwertiger Lebensmittel. Die Halbinsel Istrien wird wegen ihres Oliven- und Weinanbaus bereits als kroatische Toskana gehandelt.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.