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Lesothos Bauern müssen mehr ernten
Lesotho importiert einen beträchtlichen Teil der benötigten Nahrungsmittel. Um auf den begrenzten Anbauflächen des gebirgigen Landes mehr zu ernten, muss die Produktivität steigen.
03.02.2023
Von Marcus Knupp | Maseru
Nur elf Prozent der Landesfläche Lesothos sind geeignet für den Anbau von Nutzpflanzen. Ein bewegtes Relief und in den Hochlagen raues Klima begrenzen die zur Verfügung stehenden Ackerflächen. Nach Angaben des Statistikamtes in Maseru wurden im landwirtschaftlichen Jahr 2019/20 nur knapp 80.000 Hektar bebaut, rund 2,6 Prozent der Landesfläche. Wichtigstes Anbauprodukt ist Mais, der 2020 zwei Drittel der Gesamternte ausmachte, gefolgt von Hirse und Bohnen.
Im Vergleich zu Deutschland sind die Erträge pro Hektar gering. Sie unterliegen zudem starken Schwankungen von Jahr zu Jahr. Während 2017 in Lesotho pro Hektar etwa 3,4 Tonnen Mais geerntet wurden, waren es 2020 lediglich 0,5 Tonnen. In Deutschland konnten im selben Jahr pro Hektar 9,6 Tonnen Mais geerntet werden. Die Gründe für Ernteausfälle sind vielfältig: Neben konkurrierenden Wildkräutern und grasenden Tieren nennt die Erhebung des Bureau of Statistics Trockenheit als wichtigen Faktor. Der Hauptgrund sei jedoch die verspätete Aussaat. Das lässt auf unzureichende Information und einen geringen Wissensstand der in der Landwirtschaft Tätigen schließen.
Vom Subsistenzanbau zum Gemeinschaftsunternehmen
Zwar hat die Landwirtschaft auch im Königreich Lesotho nur noch einen geringen Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung - lediglich vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entfielen 2021 auf den Agrarsektor. Gesellschaftlich spielt sie aber eine ungleich größere Rolle. Rund 60 Prozent der Bevölkerung des kleinen Landes leben vom Subsistenzanbau, schätzt die Weltbank. Nur ein geringer Teil der Ernte steht damit dem Markt zur Verfügung. Zu seiner Versorgung muss Lesotho viele Lebensmittel importieren, vor allem aus Südafrika. Den Kleinbauern fehlen somit Einnahmen aus dem Verkauf - nach Angaben der Weltbank lebt circa die Hälfte der Bevölkerung unter der offiziellen nationalen Armutsschwelle. Im ländlichen Raum sind es 60 Prozent.
Ein Weg zu mehr Marktorientierung ist der Zusammenschluss mehrerer Farmer, die ein Gemeinschaftsunternehmen gründen. Den meist sehr kleinen Betrieben mit Flächen von oft nur einem Hektar fehlt in der Regel das Kapital, um benötigte Geräte oder Betriebsmittel zu beschaffen. Gemeinsam können sie dies eher leisten. In einem Pilotprojekt hat das Private Sector Competitiveness and Economic Diversification Project (PSCEDP) seit 2012 drei solche Unternehmensgründungen begleitet. Dabei haben sich jeweils zehn bis 15 Farmer zusammengetan. Ein Schwerpunkt der kommerziellen Produktion soll in der Zukunft im Gartenbau liegen. Das PSCEDP hat hierzu eine Karte mit geeigneten Gebieten entwickelt. Nach Ablauf der Pilotphase sollen nun mindestens 15 weitere landwirtschaftliche Gemeinschaftsunternehmen gegründet werden.
Bewässerung und Gartenbau
Obwohl Trockenperioden zu den vorrangigen Ursachen für Ernteausfälle gehören, wurde bisher sehr wenig in Bewässerung investiert. Nur etwa 0,5 Prozent der Ausgaben im Agrarbudget Lesothos fließen nach Berechnungen der Weltbank in eine entsprechende Infrastruktur, die das Dürrerisiko erheblich lindern könnte. Bisher sind lediglich etwa 2.600 Hektar von möglichen 53.524 Hektar bewässert, wie die Weltbank feststellt.
Ein 2021 vom Kabinett verabschiedeter National Irrigation Masterplan (NIMP, nationaler Bewässerungsplan) soll die Situation in den nächsten Jahren verändern. Dies ist insbesondere wichtig, weil Trends darauf hinweisen, dass die Niederschlagsverteilung im Zuge des globalen Klimawandels in Zukunft unregelmäßiger wird. Wasser für solche Vorhaben bieten die lesothischen Stauseen. Die notwendigen Pumpen benötigen allerdings auch zusätzliche Elektrizität.
Gewächshäuser könnten die Anbaubedingungen verstetigen und die Produktivität erhöhen, insbesondere beim Gartenbau. Die fruchtbaren Böden und das Klima im Tiefland Lesothos eignen sich grundsätzlich für die Produktion einer Vielzahl von Obst- und Gemüsesorten. Neben Zitrusfrüchten, Äpfeln oder Pfirsichen könnte der Anbau sich auch auf Holunderbeeren oder Gewürzkräuter ausdehnen. Verschiedene Entwicklungsprojekte unterstützen den Aufbau von Wertschöpfungsketten im Gartenbau. Eine Analyse erfolgversprechender Maßnahmen enthält der 2019 von der Weltbank veröffentlichte Lesotho Climate-Smart Agriculture Investment Plan. Die Lesotho National Farmers Union (LENAFU) hält einige Studien und Trainingsmaterialien auch in der Landessprache Sesotho bereit.
Problemfeld Bodenerosion
Zwar ist die Besiedlungsdichte in weiten Teilen Lesothos gering. In den fragilen Naturräumen des Hochlandes macht sich dennoch eine Übernutzung bemerkbar, vor allem durch eine zu starke Begrasung. Die natürliche Vegetationsdecke nimmt hierdurch Schaden und verliert teilweise ihre bodenstabilisierende Wirkung. Die Folge ist erhöhte Bodenerosion. Diese verschlimmert sich durch tendenziell häufigere Trockenperioden und Starkregenereignisse im Zuge des globalen Klimawandels.
Tiefe Erosionsrinnen (Gullies) durchschneiden an vielen Orten die Landschaft und verkleinern damit die zur Verfügung stehenden Anbauflächen immer weiter. Mit dem Regenwasser abfließende Feinsedimente setzen sich in den Stauseen ab, verringern deren Volumen und erhöhen den Wartungsaufwand an Stauanlagen und Wasserkraftwerken. Sedimentablagen am Boden der Stauseen haben derzeit an einigen Stellen bereits nach 15 Jahren einen Stand erreicht, der den ursprünglichen Berechnungen zufolge erst nach 30 Jahren zu erwarten war. Das Programm ReNOKA der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der lesothischen Regierung hat zum Ziel, das Management der Wassereinzugsgebiete zu verbessern.