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Wirtschaftsausblick | Lesotho

Stockende Reformen sorgen für Verunsicherung in Lesotho

Nach rund einem Jahr im Amt gerät die Regierung unter Rechtfertigungsdruck. Gleichzeitig dämpfen externe Faktoren die Konjunktur.

Von Marcus Knupp | Maseru

Top-Thema: Misstrauensantrag in der Schwebe

Die Regierungskoalition in Maseru ist im November 2023 von drei auf sieben Parteien angewachsen. Die Zahl der Ministerien steigt von 15 auf 20. Premierminister Sam Matekane reagierte damit auf ein drohendes Misstrauensvotum. Nachdem mehrere Abgeordnete die größte Regierungspartei Revolution for Prosperity (RFP) verlassen hatten, angeblich aus Unzufriedenheit mit ihrer Rolle in der Regierung, stand die ohnehin knappe Mehrheit auf der Kippe. Die Opposition kündigte daraufhin einen Misstrauensantrag im Parlament für den 16. Oktober 2023 an.

Mit der Begründung, ihr Reformprogramm vorher beenden zu wollen, rief die Regierung das lesothische Verfassungsgericht an, um das Verfahren zu stoppen, und bat die Staatengemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) um Vermittlung. Zusätzliche Brisanz erhielt die Situation durch Äußerungen des Militärs, einen Sturz der Regierung nicht zuzulassen. Der Streit über die Zuständigkeit des Gerichts gab der Regierung Zeit, sich schnell umzubilden und eine neue Mehrheit zu schmieden. Einem Misstrauensantrag kann sie nun etwas gelassener, wenn auch nicht völlig entspannt entgegensehen.

Matekane war nach einem klaren Wahlsieg im Oktober 2022 mit einer Reformagenda angetreten. Deren Umsetzung wird mit der nun größeren Koalition nicht einfacher. Das Ziel, die Regierung zu verschlanken, ist mit den zusätzlichen Ministerien in der neuen Konstellation bereits wieder aufgeweicht. Eine unternehmensfreundlichere Politik bleibt auf der Agenda, wird aber ebenfalls schwieriger.

Seit Jahren fordert die SADC, den Einfluss des Militärs auf die Politik in Lesotho zu begrenzen. Die jüngsten Ereignisse haben die Notwendigkeit unterstrichen. Außerdem könnte das Land sonst die Vorteile des African Growth and Opportunity Act (AGOA) verlieren. Das Abkommen ermöglicht den zollfreien Zugang zum US-Markt und ist daher zentral für die den Export dominierende Textilbranche.

Wirtschaftsentwicklung: Bauwirtschaft als Motor

Alle Prognosen gehen für Lesotho in den kommenden Jahren von einem moderaten Anstieg der Wirtschaftsleistung aus, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Für das laufende Jahr 2023 erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,1 Prozent. Die Zentralbank von Lesotho prognostiziert 1,8 Prozent. Die Economist Intelligence Unit (EIU) bleibt mit 0,7 Prozent pessimistischer, während die Weltbank mit 2,6 Prozent am anderen Ende der Skala liegt. Für 2024 erwarten alle eine Beschleunigung des Wachstums. Treiber sind vor allem die Bauarbeiten der zweiten Phase des Lesotho Highlands Water Project (LHWP II).

Positive Impulse kommen auch aus dem Bergbau. Hier treffen steigende Produktion und sich stabilisierende Preise zusammen. Geringere Ernten werden dagegen in den Jahren 2023 und 2024 in der Landwirtschaft erwartet. Grund dafür ist eine durch das El-Niño-Phänomen ausgelöste Trockenphase. Mit der Umsetzung des LHWP verbessern sich die Voraussetzungen für Bewässerungsprojekte, die helfen, die Abhängigkeit von den Niederschlägen zu verringern.

Sinkende Textilproduktion unterstreicht Notwendigkeit zur Diversifizierung

Die Nachfrage der USA nach Bekleidung aus Lesotho ist gegenüber der Vor-Corona-Zeit zurückgegangen. In der Folge kam es in den letzten Monaten zu Betriebsschließungen. Um die einseitige Abhängigkeit vom Textilsektor zu verringern, will das Land weitere Industriezweige aufbauen, unter anderem in einer Sonderwirtschaftszone. Hilfe auf einem etwas anderen Gebiet erhält Lesotho derzeit wieder von den USA, die den Ausbau der Geflügelzucht mit rund 34 Millionen US-Dollar unterstützen.

Der Spielraum für öffentliche Investitionen ist aufgrund des anhaltenden Haushaltsdefizits begrenzt. Wichtigste Einnahmequelle sind die Rücküberweisungen im Rahmen der Zollunion des südlichen Afrika (SACU), die ab 2024 voraussichtlich ansteigen und für eine gewisse Entspannung sorgen sollen. Ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen und eine sehr ungleiche Einkommensverteilung setzen dem Konsum als konjunkturellem Faktor enge Grenzen. Die Inflationsrate ist auch in Lesotho rückläufig und soll nach Schätzungen des IWF im Jahr 2023 bei knapp 7 Prozent liegen. Für die kommenden Jahre rechnen Konjunkturforscher mit einem weiteren Rückgang.

Südafrika ist dominierender Handelspartner

Der Außenhandel Lesothos ist stark auf wenige Produktgruppen und wenige Handelspartner konzentriert. Im Jahr 2022 haben sich Importe wie Exporte weiter erholt. Das Handelsvolumen stieg gegenüber der Vorjahresperiode um 9,9 Prozent. Bei den Exporten betrug die Steigerung sogar knapp 14 Prozent. 

Lesothos Ausfuhren basieren im Wesentlichen auf drei Warengruppen: Textilien und Bekleidung machen fast die Hälfte des Exportwertes aus, etwa ein Fünftel entfällt auf Diamanten, gefolgt von Wasser. Die wichtigsten Zielländer im Jahr 2022 waren Südafrika mit einem Anteil von 50,4 Prozent, gefolgt von den USA (26,2 Prozent) und Belgien (19,1 Prozent).

Die Einfuhr verteilt sich relativ gleichmäßig auf eine größere Zahl von Warengruppen, darunter essentielle Produkte wie Nahrungsmittel und Treibstoffe. Wichtigstes Lieferland im Jahr 2022 war Südafrika mit einem Anteil von 77,3 Prozent. Es folgten China (6,2 Prozent) und Taiwan (4,2 Prozent), die vor allem Vorprodukte für die Textilindustrie lieferten.

Deutsche Perspektive: Intensivere Beziehungen dank medizinischem Cannabis

Deutschland ist einer der Hauptabnehmer von medizinischem Cannabis, das seit einigen Jahren in Lesotho angebaut wird. Auch beim Aufbau der entsprechenden Institutionen wurde zusammengearbeitet. Weitere Investitionen sind beim Anbau und bei den ersten Verarbeitungsschritten geplant. Potenzial gibt es auch bei Anbauprodukten wie Heilkräutern oder Hagebutten. 

Eine Analyse der Stärken und Schwächen des Standortes Lesotho bietet die SWOT-Analyse.

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