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Interview | Litauen | Personaldienstleistungen

"Nur ein gutes Gehalt reicht nicht mehr"

Die Suche nach Mitarbeitern in Litauen ist schwierig. Der Personalvermittler Amston berichtet, wie deutsche Firmen vor Ort trotzdem Arbeitskräfte finden und halten können.

Von Niklas Becker | Helsinki

Birutė Sirgedaitė, Growth Partner, Amston Birutė Sirgedaitė, Growth Partner, Amston | © fotomax.lt - 2024 Mona Avik

Die wachsende Attraktivität Litauens für internationale Unternehmen lässt die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften weiter steigen. Unternehmen vor Ort müssen sich zunehmend auf die Anwerbung von Arbeitskräften und die Motivation ihrer Arbeitnehmenden konzentrieren, um Spitzenkräfte zu gewinnen und zu halten. Birutė Sirgedaitė, Partnerin beim litauischen Personalvermittler Amston, sagt, wie man geeignete Beschäftigte anwirbt und was deutsche Unternehmen dabei beachten sollten. 

Frau Sirgedaitė, was müssen deutsche Unternehmen in Litauen unbedingt wissen, wenn sie vor Ort Arbeitskräfte rekrutieren wollen?

Litauische Arbeitnehmer geben sich nicht mehr nur mit einem guten Gehalt zufrieden. Sie erwarten von ihrem Arbeitgeber auch ein wettbewerbsfähiges Zusatzpaket. Eine der begehrtesten Zusatzleistungen ist die private Krankenversicherung. Diese ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, gehört aber zu den Anreizen, auf die litauische Arbeitnehmer nicht verzichten wollen. Wenn potenzielle Arbeitgeber eine solche Versicherung nicht anbieten, ziehen Arbeitsuchende in der Regel nicht einmal mehr in Erwägung, sich auf ein Stellenangebot zu bewerben.

Der Personalvermittler Amston hat zwischen April 2023 und April 2024 insgesamt rund 1.700 Arbeitnehmer in Litauen befragt, welche finanziellen und nicht-finanziellen Faktoren für sie bei der Bewerbung auf eine neue Stelle eine Rolle spielen.

Was ist sonst noch wichtig?

Angesichts der jüngsten weltweiten geopolitischen Spannungen und wirtschaftlichen Unsicherheiten haben wir ein wachsendes Bedürfnis nach Stabilität festgestellt. Dies wird stark von globalen Umständen wie beispielsweise Aktienkursschwankungen, bevorstehende Wahlen und Kriege beeinflusst. Aus diesem Grund ist ein wettbewerbsfähiges und stabiles Grundgehalt für Bewerber und Mitarbeiter entscheidend. Die Bedeutung von vierteljährlichen, halbjährlichen oder jährlichen Bonuszahlungen nimmt dagegen ab. 

Die Ergebnisse einer Befragung von Mitarbeitenden hat zudem gezeigt, dass sich litauische Arbeitnehmer mehr Gedanken über die Marke, die Produkte und den Ruf des Unternehmens machen. Vor einem Vorstellungsgespräch mit einem potenziellen Arbeitgeber analysieren die Bewerber den potenziellen Arbeitgeber gründlich. Sie sprechen mit derzeitigen und ehemaligen Mitarbeitern und versuchen zu verstehen, ob das Unternehmen Stabilität aufweist und ob seine Werte und Arbeitsgrundsätze mit ihren eigenen übereinstimmen.

Sind deutsche Unternehmen bei litauischen Arbeitnehmern beliebt? 

Ja, sie profitieren von der Tatsache, dass große und internationale Firmen bei litauischen Arbeitnehmern spürbar beliebter werden. Sie haben eine verlässliche Arbeitgebermarke, weshalb Mitarbeiter von ihnen sichere Arbeitsplätze, Karrieremöglichkeiten und ein sicheres Einkommen erwarten. Litauische Bewerber ziehen sie daher gerne als Arbeitgeber in Betracht. 

Welche nicht-monetären Anreize sollten Firmen bieten? 

Arbeitnehmer in Litauen haben einen starken Wunsch nach Standardarbeitszeiten Nachtschichten oder Überstunden werden negativ gesehen. Das heißt aber nicht, dass die Bewerber keine Flexibilität von ihrem Arbeitgeber erwarten. Sie möchten sich zum Beispiel während der Arbeitszeit um persönliche Angelegenheiten kümmern oder den Arbeitsplatz früher verlassen können. Auch die Möglichkeit, unerledigte Aufgaben außerhalb der Arbeitszeit zu Hause fertigstellen zu können, ist ihnen wichtig. 

Wenn Standardarbeitszeiten nicht möglich sind oder Überstunden geleistet werden müssen, erwarten Arbeitnehmer einen zusätzlichen Ausgleich wie beispielsweise einen Zuschuss zu den Fahrtkosten, einen Gehaltszuschlag oder zusätzliche bezahlte Urlaubstage. 

Arbeitsmarkt Litauen: Was deutsche Firmen wissen sollten

Der litauische Arbeitskostenvorteil gegenüber Deutschland sinkt. Lohnzusatzleistungen spielen eine große Rolle. Vor dem Markteintritt ist deshalb Vorarbeit notwendig. 

Wie sieht es mit Homeoffice aus? Ist das immer noch ein Muss? 

Für Bewerber ist es sehr wichtig, dass es weiterhin die Homeoffice-Möglichkeit gibt. Seit der zweiten Jahreshälfte 2023 beobachten wir aber, dass Unternehmen in Litauen die Zahl der Bürotage erhöhen. Dieser Trend ist vor allem bei internationalen Firmen zu beobachten. Für eine Stelle in einem großen Konzern oder einem internationalen Unternehmen sind Litauer aber auch eher bereit, ins Büro zu kommen. Wenn ein Unternehmen jedoch Homeoffice-Angebote macht, ist und bleibt das ein Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach Talenten.

Gibt es noch etwas, womit deutsche Unternehmen bei der Suche nach Arbeitskräften punkten können?

Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten sind für litauische Arbeitnehmer entscheidende Faktoren. Sie wollen klare Ziele und Aufstiegsmöglichkeiten.

Ein anderer wichtiger nicht-finanzieller Faktor ist das Team. Arbeitnehmer wünschen sich ein professionelles Team mit viel Erfahrung, Fachwissen und Motivation. Dieses Team sollte bereit sein, Wissen an andere Teammitglieder weiterzugeben. Auch Vertrauen und ein freundlicher Umgang spielen eine große Rolle. 

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