Branchen | Marokko | Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen
Investitionen in Marokkos Nahrungsmittelindustrie steigen
Die Modernisierung der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie ist für Marokko eine Überlebensfrage. Doch sinken die deutschen Maschinenlieferungen.
23.01.2025
Von Ullrich Umann | Casablanca
Die deutschen Lieferungen von Nahrungsmittel- und Getränkemaschinen haben sich seit 2021 rückläufig entwickelt. Die teilweise bedeutenden Investitionen in den Ausbau der marokkanischen Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie kommen nicht aus Deutschland, sondern aus Frankreich, Spanien, den USA, China oder aus anderen Ländern.
Die Investoren bringen Maschinen und Anlagen aus ihren Heimatländern mit oder ordern bei Maschinenherstellern in Drittländern, mit denen sie in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht haben. So investiert zum Beispiel das japanische Unternehmen Mitsubishi 100 Millionen US-Dollar (US$) in den Bau einer Molkerei im Großraum Casablanca. Die Anlage soll 2025 in Betrieb gehen und jährlich 100 Millionen Liter Milch verarbeiten. Die marokkanische Niederlassung des saudischen Lebensmittelkonzerns Savola plant den Bau eines Verarbeitungszentrums in Tanger mit Investitionskosten von 50 Millionen US$. Auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern sollen jährlich 10.000 Tonnen Trockennahrung produziert werden.
Wasserknappheit, Landflucht und ein hohes Bevölkerungswachstum zwingen zur Verarbeitung, Konservierung sowie fachgerechten Verpackung knapper landwirtschaftlicher Rohstoffe, aber auch von Nahrungsmitteln und Getränken. Auch der Massentourismus liefert einen devisenträchtigen Grund zur Veredlung von Nahrungsmitteln und Getränken.
Außerdem führt der Außenhandel mit Agrargütern dazu, dass die Nahrungsmittel- und Getränkehersteller in moderne Kapitalgüter, wie Maschinen zum Zubereiten von Lebensmitteln oder Abfüllanlagen für Getränke investieren. Bei Grundnahrungsmitteln wie Getreide oder bestimmten Fleischarten ist das Land von Importen sogar hochgradig abhängig - die Steigerung der Inlandsproduktion soll die Importabhängigkeit mindern. Exportiert werden dagegen rohe und verarbeitete Fischerzeugnisse, Tomaten sowie Beeren und Zitrusfrüchte etc. Sowohl der Export als auch der Import verlangen eine ressourcenschonende und möglichst nachhaltige Behandlung der mit Verfallsdaten versehenen Waren.
Regierung will lokale Wertschöpfung ausbauen
Doch nicht nur die Knappheit an Grundnahrungsmitteln, auch der dadurch ausgelöste Inflationsdruck bereitet der Regierung Kopfzerbrechen. Die in der Hauptstadt Rabat schon vor Jahren formulierte Antwort fällt eindeutig aus: Beide Sektoren, die Agrarwirtschaft und die Nahrungsmittelverarbeitung, werden stimuliert, Modernisierungen gefördert, aber auch Qualitätskontrollen durchgeführt. Aktuelle Beispiele sind Regierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Fleischerzeugung und zur Sanierung der Schlacht- und der Milchhöfe, aber auch die Programme "Plan Maroc Vert" und "Génération Verte".
Im Ergebnis konnte die Nahrungsmittelverarbeitung in Marokko in den letzten Jahren zulegen. Der Sektor trägt etwa 5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und macht rund 15 Prozent der Exporte des verarbeitenden Gewerbes aus. Der Anteil der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie an den Gesamtinvestitionen in die marokkanische Industrie schwankt je nach Quelle um die 25 Prozent. Genaue Zahlen liegen nicht vor. In Fachkreisen wird die Nahrungsmittelverarbeitung aber als eine der Top-Wachstumsbranchen des Landes angesehen.
Die marokkanische Regierung strebt an, den Verarbeitungsgrad landwirtschaftlicher Produkte von derzeit knapp 20 auf 70 Prozent zu erhöhen. Dieses Ziel ist im "Plan Maroc Vert" verankert. Der Branchenverband Fédération Nationale de l´Agroalimentaire (FENAGRI) glaubt, dass diese Quote im Laufe der kommenden drei bis fünf Jahre erreicht werden kann. Den Branchenumsatz beziffert FENAGRI auf circa 16 Milliarden Euro und die jährlichen Exporte an Nahrungsmitteln und Getränken auf 4,3 Milliarden Euro.
Konzerne dominieren die Branche in Marokko
Die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie dominieren etwa 100 mittelgroße bis große Unternehmen, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Zu den bekannten marokkanischen Großunternehmen gehören unter anderem Diana Holding, Holmarcom, Unimer und Koutoubia Holding. Andere Verarbeiter im Land haben bekannte ausländische Mutterhäuser, so die Niederlassungen von Danone, Nestle, Bimbo, Coca Cola oder auch Pepsi Cola.
Den höchsten Beschäftigungseffekt erzeugen die 2.000 kleinen Hersteller und Verarbeiter, die entweder große Endverarbeiter beliefern oder lokale und regionale Märkte im Inland mit Nahrungsmitteln, Getränken, Gewürzen und Aromastoffen versorgen. Insgesamt hat die Branche laut FENAGRI 200.000 Beschäftigte.
Gerade die kleinen Hersteller melden einen hohen Modernisierungsbedarf des Maschinenparks, verfügen aber über die geringste Investitionskraft. Zwar sind die durchschnittlichen Kreditzinsen mit 3 bis 5 Prozent in Marokko relativ moderat. Marokkanische Banken erteilen jedoch längst nicht jedem Kleinbetrieb einen Kredit. Generell ist fehlende Finanzierung die größte Absatzhürde für den deutschen Maschinenbau in Marokko. An Nachfrage nach Maschinen und Anlagen mangelt es in aller Regel nicht.
Messen für den Markteintritt
Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist auf den für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie einschlägigen Messen in Marokko kaum vertreten. Obgleich die Messelandschaft für die Sektoren Agrar, Nahrungsmittel und Getränke recht breit gefächert ist. Dazu gehören der Salon International de l'Agroalimentaire au Maroc (SIAM), Salon International des Machines et Equipements pour les Industries Alimentaires et des Boissons (SIMAB), Salon International de la Refrigeration et de la Climatisation (SIRAC), Salon International des Equipements pour la Fabrication du Pain et des Patisseries (SIFEP) und der Salon International des Equipments pour la Boucherie, la Charchuterie et la Traiteur (SIBTC).